Mit gut 47.000 Euro Grundpreis sind Mercedes EQA 250 und VW ID.3 Pro Performance Max gerade so teuer, dass die Nettopreise unter der 40.000-Euro-Grenze bleiben. Ein Zufall ist das nicht, denn so winkt dem Käufer die maximale Förderprämie von 9.570 Euro.
Dass ein Mercedes mehr kostet als ein VW, ist ja tradiertes Wissen aus vielen Jahrzehnten Automobilgeschichte. Verschiebt die Elektromobilität hier etwas, was als unabänderlich galt – zumindest in diesem Vergleich mit Vertretern zweier Welten? Hier der in Design und Proportionen an einen Kompakten erinnernde, aber etwas futuristisch wirkende VW ID.3 – dort ein grundsätzlich bekannter SUV als erster kompakter Vertreter der Mercedes-EQ-Familie. Denn der EQA ist für die meisten Passanten nichts weiter als ein GLA mit verschlossenem Kühlergrill und Lichtleisten zwischen den Heckleuchten und den Scheinwerfern. Die übrigens werfen wie die des VW serienmäßig ein eindrucksvolles LED-Licht auf die Fahrbahn.
SUV ohne Raumvorteil

Mercedes hat schlicht seinen kleinsten SUV zum reinen Stromer weiterentwickelt, während VW radikaler ans Werk ging: neue Elektro-Plattform auf Kiel legen und die dann – beginnend mit dem kompakten ID.3 – in die Breite ausrollen.
Vom generellen Vorteil des SUV – dem großzügigen Raumangebot – bleibt in diesem Vergleich allerdings nicht viel übrig, was ganz klar für die VW-Strategie spricht. Der ID.3 ist zwar vorn wie hinten etwas schmaler, lässt bei Innenhöhe und Sitzraum aber nichts anbrennen. Sogar im Gegenteil: Die Integration des Akkus in den Fahrzeugboden gelang bei Mercedes nicht so geschmeidig, der Abstand zwischen Boden und Sitzfläche der Rückbank schrumpfte auf ein so geringes Maß, dass groß gewachsene Mitfahrer hier mit stark angewinkelten Beinen hocken müssen. So bleibt der Sitzkomfort bescheiden, während man im VW-Fond auch als langer Lulatsch gut untergebracht ist. Vorn dagegen sitzt man im EQA besser – mit einer entspannten Position, die im Wolfsburger Wettbewerber nicht jeder findet.

Für den VW-Weg der eigenen Elektro-Plattform spricht auch das Kofferraumvolumen. Obwohl der ID.3 20 Zentimeter kürzer ist als der EQA 250, schluckt er eine große Reisetasche mehr. Nach dem Vorklappen der Lehnen, die beim Mercedes 40 : 20 : 40 und beim VW asymmetrisch mit kleiner Durchlade geteilt sind, dreht sich das Bild allerdings wegen des luftigeren SUV-Hecks. Verschenkte Chancen hier wie da: Die Ladekabel haben ihren Platz unterm Kofferraumboden, was auf Reisen mit Gepäck lange nicht so praktisch ist wie die Tesla-Lösung mit dem kleinen Staufach unter dem vorderen Deckel, der einst Motorhaube hieß.
Beim Mercedes darf er auch heute so heißen, denn dort sitzt tatsächlich der 140 kW starke Elektromotor samt der serienmäßigen Wärmepumpe, die VW sich mit 1.275 Euro extra bezahlen lässt. Im ID.3 hockt das E-Triebwerk mit 150 kW dagegen nahe der Hinterachse, die es auch antreibt.
Front- oder Heckantrieb?

Ein waschechter Hecktriebler also mit einem leichtfüßigen Handling, das wir hier ja regelmäßig loben. Doch der EQA lässt sich ebenfalls nicht lumpen. Obwohl es hin und wieder bei vollem Leistungseinsatz in der Lenkung zieht und er in Kurven ein wenig mehr wankt, kann man auch mit ihm flott und engagiert fahren. Spät erst setzt so etwas wie zartes Untersteuern ein, das freilich nicht als Gängelung, sondern eher wie ein gut gemeinter Hinweis auf die nahende Regelschwelle der Fahrerassistenzen rüberkommt.
Generell lässt sich der EQA wunderbar leicht und vergnüglich fahren. Das liegt zum einen an der rückmeldungsstarken, direkten Lenkung, zum anderen an den adaptiven Stoßdämpfern (1.178 Euro, Serie beim VW), die je nach Modus knackige Dynamik oder auch feinen Komfort beherrschen.

Klasse auch die zwei Lenkradwippen, mit denen sich die Rekuperation gestuft bis hin zum One-Pedal-Drive und andersherum bis zum Freilaufmodus dosieren lässt. Sich sozusagen mit zweifachem Runterschalten und spürbarer Motorbremse in eine Serpentine zu stürzen, mag für manche kindisch wirken, macht aber schlicht Spaß.
Da ist der ID.3 sparsamer bestückt: Am Knauf rechts hinterm Lenkrad für vorwärts und rückwärts lässt sich die Rekuperation lediglich einstufig erhöhen. Dass dazu die Hand vom Lenkrad genommen werden muss, führt wohl in der Regel dazu, dass diese sinnvolle Funktion kaum jemand nutzt.
Punkten kann der VW wiederum bei der Längsdynamik. Was die besseren Beschleunigungszeiten schon andeuten, findet seine Bestätigung im Fahrbetrieb. Am Ortsausgang drückt sich der VW mit Nachdruck auf Landstraßentempo, auch Überholvorgänge absolviert er so fix, als habe er nur darauf gewartet, spurten zu dürfen.

Der EQA wirkt zwar nicht behäbig, aber gesetzter. Gut drei Zentner Mehrgewicht und weniger Kilowatt fordern, mehr Drehmoment hin oder her, ihren Tribut – auch an der Ladesäule übrigens, wo beide Gleichstrom mit bis zu 100 und Wechselstrom dreiphasig mit 11 kW ziehen können: Mit 25,5 kWh Testverbrauch ist der ID.3 kein Kostverächter, der EQA mit 27,3 kWh erst recht nicht.
Bei 66,5 (Mercedes) und 58 kWh (VW) nutzbarem Akku-Inhalt ergeben sich für beide eher enttäuschende Reichweiten in der Region um 250 Kilometer. Gelassenheit erhöht die Reichweite sofort mit Eco-Verbräuchen unter 18 (Mercedes) und 16 kWh (VW). Doch andererseits zeigt der Bordcomputer des EQA sehr oft, dass auch Elektro-Power ins Geld gehen kann: Bereits mittelprächtiges Beschleunigen lässt den Momentanverbrauch auf 100 kWh schnellen. Diese Anzeige ist natürlich gedeckelt, um das wahre Ausmaß des Energiehungers zu verschleiern.
Festlich oder frugal?

Ja, solche Werte zeigt einem der EQA auf Wunsch, wie er überhaupt in Sachen Instrumente und Bedienung einen hochklassigen Gegenentwurf zum ID.3 verkörpert. Seine Abstammung vom GLA beschert ihm nämlich zwei gestochen scharfe, mit opulenten Anzeigeoptionen gespickte Monitore und dazu noch viele der Tasten und Knöpfe, die die Mehrheit der Autofahrer einfach lieber mag als feedbackarmes, aber billig zu produzierendes Touch-Gedöns.
Im EQA herrscht auch bei der Materialauswahl eine gewisse Festlichkeit. Dieses Auto hat sich rausgeputzt wie das Doppelzimmer im Viersternehotel. Der VW wirkt dagegen wie die Achterbude eines Hostels. Der Monitor in der Armaturenbrettmitte hat eine ordentliche Grafik, doch das winzige Display hinterm Lenkrad ist mickrig und verströmt im Paket mit den unbeleuchteten Touchleisten, den spielzeughaften Bedienelementen im Lenkrad sowie den Hartplastikflächen rund um die Türgriffe den Hauch grenzwertiger Sparsamkeit. Historisch ist das allerdings korrekt. Schließlich sieht VW den ID.3 als Meilenstein wie einst den Golf I von 1974 – tolles Auto, aber anfangs auch eine üble Hartplastik-Kiste. Immerhin: Elektronik-Bugs zeigte der aktuelle ID.3-Testwagen keine.

Wenn dann der EQA so viel hochwertiger daherkommt als der ID.3, warum kostet er dann kaum mehr? Die Antwort heißt nicht unerwartet Serienausstattung. Während der VW zwar kurioserweise nur mit Stahlrädern, dafür aber mit Zweizonen-Klimaautomatik, Adaptivdämpfern, Abstandsregeltempomat, Panoramadach, Komplettassistenz und sogar Head-up-Display samt Augmented Reality kommt, verlangt Mercedes bei all diesen Positionen teure Häkchen im Konfigurator.
Erschwerend kommt hinzu, dass vieles nur in teuren Paketen oder Optionslinien zu haben ist, die auch Dinge enthalten, die nicht jeder wirklich braucht. Beispiel gefällig? Die Zweizonen-Klimaautomatik Thermotronic gibt es nicht einzeln, sondern nur im Energizing-Paket für 2.612 oder in der Advanced-Plus-Linie für 3.677 Euro.
Das alles beschert dem EQA, bei dem sich die Elektromobilität in klassischer Umgebung warmläuft für alles, was da kommt, eine Klatsche bei den Kosten. Denn wer Mercedes fahren will, zahlt einige Tausender mehr als für den VW. Doch das war ja schon immer so, und die Elektromobilität ändert daran wohl nichts.
Mercedes EQA 250 | VW ID.3 Pro Performance (58 kWh) Pro Max | |
Grundpreis | 50.777 € | 47.105 € |
Außenmaße | 4463 x 1834 x 1612 mm | 4261 x 1809 x 1568 mm |
Kofferraumvolumen | 340 bis 1320 l | 385 bis 1267 l |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h | 160 km/h |
0-100 km/h | 8,4 s | 7,5 s |
Verbrauch | 0,0 kWh/100 km | 0,0 kWh/100 km |
Testverbrauch | 28,0 kWh/100 km | 25,5 kWh/100 km |