Mercedes C 220d T im Dauertest: Steckt der Diesel-Benz 100.000 km weg?

Mercedes C 220d T Modell im Dauertest
Steckt der Diesel-Benz 100.000 km weg?

In diesem Artikel:
  • Komfort und Kurven
  • Die wichtigsten Stationen zu 100.000 km
  •  2.618 km:
  •  25.190 km:
  •  33.583 km:
  •  34.650 km:
  •  51.346 km:
  •  53.023 km:
  •  53.053 km:
  •  77.209 km:
  •  101.131 km:
  •  102.680 km:
  • Zwei kurze Pit-Stopps
  • Mild und gut hybridisiert
  • GTÜ prüft zum Abschluss

Wir hätten mit ihm noch einmal 100.000 Kilometer verbringen sollen. Weil die ersten so schön waren. Weil wir ihn so gerne gefahren haben. Weil er uns so sehr ans Herz gewachsen ist, der Mercedes C 220 d als T-Modell. Nun aber ist das Unvermeidliche passiert: Er verließ uns für immer. Zurück bleiben Wehmut und Bestürzung – über den jähen Verlust eines guten Freundes.

Ja, man kann das T-Modell tatsächlich als solchen bezeichnen: als einen Freund, den man gerne fürs Leben hätte, was unter dieser Konstellation natürlich nicht geht, denn das Konzept sieht nun einmal vor, dass wir nur einhundert-, nicht aber zweihunderttausend Kilometer fahren. Die würde man dem C 220 d locker zutrauen, so frisch, wie er nach der Dauertest-Strapaze wirkt: die Sitzwangen noch ohne Abrieb, der Teppichboden noch flauschig und der Lack noch mit tiefem Glanz.

Ein redlicher Kombi ohne Hipstereien, ohne Sport-Attitüde, ja sogar ohne jegliche SUVsierung à la All-Terrain – das gibt es nicht mehr allzu oft. Und aus selten wird später wertvoll, weshalb der C in Form des T-Modells als Klassiker-Anwärter gesetzt ist. Am besten lässt man ihn in der eigenen Garage reifen.

Mercedes C220d T
Hans-Dieter Seufert

Komfort und Kurven

Die Einträge im Fahrtenbuch sind voll des Lobes bis hin zur liebevollen Lobhudelei. Unisono wird der Kombi als angenehmer Reisewagen beschrieben, wird die Ruhe gepriesen, die auf den Fahrer übergreift, darin eingeschlossen das integre Fahrverhalten. Es ist eine wundersame Kombination aus Komfort- und Kurvenkompetenz, welche die C-Klasse auszeichnet; ihr optionales Fahrwerk ist so geschmeidig wie anschmiegsam. Denn so geflissentlich, wie sie Unebenheiten entschärft, so geflissentlich verzahnt sie sich auch mit dem Asphalt.

Die unerschütterliche Geschmeidigkeit im Chassis resultiert dabei nicht etwa aus einer Luftfederung. Der C 220 d beweist, was sich heute aus einer konventionellen Stahlfederung samt adaptiven Stoßdämpfern holen lässt. Einigen Fahrern war der Comfort-Modus schon zu komfortabel; das Heck schwang auf langen Bodenwellen unangenehm nach – negativ ausgedrückt. Das Heck ließ Bodenwellen so sanft ausklingen wie kein anderes Modell in der Klasse – positiv dargestellt.

Jedenfalls sah sich Mercedes offensichtlich so häufig mit Kritik konfrontiert, dass Mitte 2023 die Regelventile der Adaptivdämpfer an der Hinterachse im Comfort-Modus klammheimlich neu angesteuert wurden, um das Schwingen im Zaum zu halten.

Mercedes C220d T
Hans-Dieter Seufert

Eine wohlfeile Empfehlung wäre es, einen jungen Stern also erst ab dieser Modellpflege zu kaufen. Allerdings verfällt seine Verkehrszeichenerkennung seit 2/2023 in lästige Bimmelei; diese ist dann nämlich serienmäßig. Man muss also abwägen, was einen mehr stört: Bimmeln oder Schwingen. Letzteres ließe sich auch mit der alten Abstimmung stoppen, indem man mit einem Tastendruck in den Sport-Modus wechselt. Wie auch immer: Die Adaptivdämpfer sind eine Pflichtoption für alle Komfort-Liebhaber.

Natürlich muss man seinen C nicht so hochrüsten, wie es das Werk für unseren Testwagen getan hat. Wer es neben dem Fahrwerk beim Dämmglas und dem Infotainment-Paket bewenden lässt, hat schon das Wichtigste an Bord. Vielfahrer werden sich davon abgesehen auch am größeren Tank erfreuen; mit 66 Litern kommt der 220 d über 1.400 Kilometer weit, bevor er wieder Dieselkraftstoff nachfassen muss.

Unser Durchschnittsverbrauch über 100.000 Kilometer führt etwas in die Irre: Wir kommen auf recht hoch erscheinende 6,1 l/100 km, weil das T-Modell zugegebenermaßen besonders gerne für eilige Dienstfahrten genutzt wurde. Warum? Weil es eben genau das gut kann, eilig unterwegs sein – ohne dem Fahrer dabei hohe Konzentration abzuverlangen. Ein echter Kilometer-Spuler. Man muss sich andererseits nicht einmal wie ein reichweitenängstlicher Elektro-Fahrer in den Windschatten eines Lkw drücken, um Schnitte mit einer Vier vor dem Komma zu erzielen.

Die wichtigsten Stationen zu 100.000 km

 2.618 km:

Im Oktober 2022 rollte der Kombi erstmals in unsere Tiefgarage

 25.190 km:

Inspektion (Service A) mit Wechsel von Öl und Innenraumfilter, 449 Euro

 33.583 km:

Fahrertür hakt leicht beim Schließen

 34.650 km:

Fahrertür eingestellt (keine Kosten)

 51.346 km:

Inspektion (Service B) mit Wechsel von Öl, Innenraumfilter und Bremsflüssigkeit, 592 Euro Bremsscheiben und Beläge vorn erneuert, 776 Euro

 53.023 km:

Rechner des Navigationssystems stürzt ab

 53.053 km:

Navigationssystem geprüft und Update durchgeführt (keine Kosten)

 77.209 km:

Inspektion (Service A) mit Wechsel von Öl, Luftfilter, Innenraumfilter, Kraftstofffilter und Schlüsselbatterie, 764 Euro Bremsbeläge hinten erneuert, 376 Euro Wischerblätter vorn und hinten erneuert, 96 Euro

 101.131 km:

Inspektion (Service B) mit Wechsel von Öl, Innenraumfilter und Bremsflüssigkeit, 635 Euro Bremsbeläge vorn erneuert, 435 Euro

 102.680 km:

Der C 220 d T beendet nach mehr als 100.000 Kilometern den Dauertest

Mercedes C220d T
Peter Wolkenstein

Zwei kurze Pit-Stopps

Nicht in die Irre führen lassen sollte man sich davon, dass der Mercedes nur Platz drei im Mängelindex belegt – mit zwei kurzen, außerplanmäßigen Besuchen einer Werkstatt. Beim ersten wurde eine Schraube am Scharnier kostenlos nachgezogen; sie hatte sich gelockert, was die Fahrertür etwas hakelig schließen ließ.

Beim zweiten wurde ein Update des Navigationssystems aufgespielt, nachdem es sich wiederholt aufgehängt hatte – ein Bug, wie man neudeutsch sagt, der sich bis zum Ende des Dauertests nicht ganz aus der Welt schaffen ließ. Denn das Display quittierte mehrfach kurzzeitig seinen Dienst, bevor es selbstständig wieder hochfuhr.

Mercedes C220d T
Hans-Dieter Seufert

Nun, die Digitalisierung hat die Autowelt zweifellos verändert; diskussionswürdig bleibt, ob die Veränderungen stets auch Verbesserungen waren. Jedenfalls fanden die Touchflächen auf den Lenkradspeichen wenig Anhänger unter den Fahrern, auch die reine Bedienung über den Touchscreen blieb nicht ohne Kritik. Am zugänglichsten zeigte sich die C-Klasse übrigens per Sprache – die virtuelle Assistentin konnte bei den Anliegen meistens helfen.

Der Verschleiß andererseits betrifft die analoge Welt, hier sind vor allem die Elemente der Bremsanlage zu nennen. Dass die vorderen Beläge innerhalb von 100.000 Kilometern zweimal getauscht werden mussten, dürfte wohl auch aufs Konto der eiligen Dienstfahrten gehen. Danach wurde häufig das Ansprechverhalten des Bremspedals als zu undefiniert bemängelt. Zudem unterbrach zuweilen der Notbremsassistent unsanft das gleichmäßige Dahingleiten; davon abgesehen machten die Parkpiepser ab und an mit Fehlalarm auf ihre Anwesenheit aufmerksam.

Mild und gut hybridisiert

Vorwiegend positiv machte dagegen der Vierzylinder-Diesel auf sich aufmerksam. Er spricht vorbildlich an, wobei ihm das Mildhybrid-System gleich zweifach half: Dank integriertem Startergenerator läuft der Zweiliter ohne Anlasser-Jaulen an, und er nimmt die 200 zusätzlichen elektrischen Newtonmeter dankbar als Überbrückungshilfe an – bis sein Turbolader beim Gasgeben auf Touren kommt.

Die Kombination agiert druckvoll und wirkt dabei meist unangestrengt, weil sie selten hohe Drehzahlen bemühen muss. Die Neungangautomatik stellt eilfertig, aber nie hektisch den richtigen Gang durch. Erst gegen Test-Ende macht sie zuweilen mit dezenten Stüberern beim Schalten auf sich aufmerksam.

Davon abgesehen wurde der Antrieb des 220 d immer wieder gelobt und ist eine echte Empfehlung für Kaufinteressenten, zumal sich sein dieseltypisches Knarren schnell in den Umgebungsgeräuschen verliert und bei Reisetempo kaum mehr als das Rauschen der Luft zu vernehmen ist. Das geschieht bei genau jener Tätigkeit, die der C 220 d T so exzellent beherrscht: beim Dahinrauschen.

Nun ist er zum letzten Mal davongerauscht. Und wir wären schier untröstlich, wenn uns Mercedes nicht tatsächlich getröstet hätte – in Form eines E 450 d 4Matic T-Modell All-Terrain, den wir nun in unserem Fuhrpark begrüßen durften. Erste zarte Bande haben wir bereits geknüpft; daraus könnte wieder eine dicke Freundschaft entstehen.

GTÜ prüft zum Abschluss

Zum Abschluss des Dauertests inspizieren die Experten der GTÜ den Mercedes, prüfen, ob außergewöhnlicher Verschleiß erkennbar ist, und bestimmen den Wiederbeschaffungswert.

Mercedes C220d T
Rossen Gargolov

Das T-Modell ist nach 100.000 Kilometern nicht nur oberflächlich gut in Form – seine Substanz hält ebenfalls, was der erste Eindruck verspricht. Selbst Flugrost an Achs- und Auspuffkomponenten ist kaum zu entdecken. Auch Diplom-Ingenieur Christoph Struck von der GTÜ bestätigt: "Insgesamt ein sehr gelungenes Fahrzeug, das immer noch sehr ansehnlich dasteht." Wie wir wissen, ist das heutzutage nicht mehr selbstverständlich.

Auch gut: Marder machten offenbar einen großen Bogen um den edlen Mercedes – Dämmmaterial wurde nicht angeknabbert. Am Ende bescheinigt der GTÜ-Experte einen Schätzpreis von 32.400 Euro. Angesichts des Testwagenpreises zum Start von 78.861 Euro ein vergleichsweise hoher Wertverlust von rund 59 Prozent. Eins ist klar: Wer ihn kauft, wird sicher noch viel Freude haben.