Bevor es losgeht, schnell noch ein Blick aufs Material. Auf der einen Seite: eine nahezu ausgeglichene Gewichtsverteilung, die Achtgangautomatik mit griffigen Lenkradwippen, ein Fahrwerk mit filigranen Alu-Lenkern, zig Einstellmöglichkeiten für Lenkung, Launch Control und Antrieb. Und auf der anderen Seite: der BMW M4.
Ups, beim Vorverurteilen erwischt? Von wegen Muscle-Car mit amerikanischer Starrachsen-Gestrigkeit. Mag der Dodge Challenger R/T im Straßenbild auffallen wie ein Elvis-Double in der Finanzamt-Kantine – ein Großteil seiner Technik befindet sich auf der Höhe der Zeit. Und haben es die Amerikaner bis vor Kurzem geschafft, jedes noch so spektakuläre Auto durch Hartplastik-Cockpits auf Dacia-Dokker-Niveau zu entehren, überzeugt das Challenger-Interieur mit sehr ordentlichen Kunststoffen, präzise rastenden Schaltern und knackscharfen Displays. Deutet sich im Vergleich mit dem BMW M4 etwa eine Überraschung an? Schließlich gehört dieses Duell der beliebten Serie "Günstig gegen teuer" an, weshalb die Rollen klar verteilt sind. Der BMW muss seinen höheren Preis erst mal reinfahren: Trotz 76.400 Euro hohem Grundpreis gehen Kleinigkeiten wie Sitzheizung oder Parkpiepser extra.
Den Challenger liefert Importeur Geiger aus München hingegen für 57.900 Euro nahezu in Vollausstattung aus, die vom Abstandsradar über jede Menge Infotainment bis zum Schiebedach reicht. Ebenfalls frei ab Haus gibt es Hubraum ohne Ende. Aus 6,4 Litern schöpft sein frei ansaugender Achtzylinder 492 PS und 644 Nm Drehmoment, was schon beim Abbiegen in der Stadt einen sensiblen Gasfuß verlangt, damit das Heck nicht der Gegenspur einen Besuch abstattet. Richtig spaßig wird’s hinter dem Ortsschild: Wenn die Automatik bei voll durchgetretenem Gaspedal mehrere Gänge zurückschaltet, der V8 im Challenger sauber durchzieht, in 4,8 Sekunden auf Tempo 100 springt. Am liebsten würde er noch bis knapp an die 280 km/h beschleunigen. Und erst der Klang: Bassgewaltig, durchdringend und ehrlich trompetet der Zweiventiler mit seiner zentralen, inzwischen immerhin verstellbaren Nockenwelle durchs Drehzahlband – herrlicher Detroit-Sound aus der Gallonen-Vernichter-Epoche. Wer angesichts des Grauguss-Brockens mit kopflastigem Kurvenverweigern rechnet, wird abermals überrascht. So lenkt der 1,9-Tonner erstaunlich wohlwollend ein, neigt sich kaum zur Seite und bleibt in zügig durchpflügten Kehren lange neutral.
Doch so engagiert sich der Challenger auch ins Zeug legt, den weißen BMW M4 im Rückspiegel wird er nicht los. Obwohl dessen aufgeladener Sechszylinder 61 PS weniger mobilisiert, bleibt der M4 locker dran. Kein Wunder, schließlich muss der Dreiliter rund 300 Kilo weniger schleppen als sein amerikanischer Kollege. Ein Dach aus Carbon sorgt für Schwerpunktverlagerung nach unten und hilft ebenso auf der Waage wie Kotflügel und Motorhaube aus Alu.
Dodge Challenger R/T mit über fünf Metern Länge
Im M-Motor dürfen zwei relativ kleine und damit schnell ansprechende Muntermacher ran. Das volle Drehmoment von 550 Newtonmetern steht daher schon ab 1.850/min bereit, zudem nimmt der M4 ab mittleren Drehzahlen fast ansatzlos Gas an, dreht leichtfüßig, aber zornig schreiend bis weit über 7.000/min, lässt sich die Gänge vom ultrazackigen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe durchladen – und nimmt dem Challenger in sämtlichen Beschleunigungsdisziplinen ein paar Zehntel ab.
Noch deutlicher fallen die Unterschiede beim Handling aus: Wo das Dodge-Steuer um die Mittellage einen Tick unentschlossener agiert, bettelt der BMW M4 mit seiner filterlosen und direkten Lenkung um Kurven, lässt sich auf den Punkt dirigieren und drängt auf Gasbefehl leicht mit dem Heck. Sobald die LED um den Drehzahlmesser Betriebstemperatur vermelden, steht der M4 unter Strom, will Gänge ausdrehen und Rundenzeiten knacken. Da passt es ins Bild, dass er trotz der 19-Zoll-Räder knochiger federt als der Dodge Challenger R/T auf seinen 20-Zöllern. Mit seinen optionalen Carbon-Bremsen verzögert der M4 zudem kräftiger, bietet mehr Assistenz- und Infotainment-Optionen. Seine Kurventalente verdankt der BMW jedoch auch den kompakteren Abmessungen, die ihn neben dem Dodge fast zierlich wirken lassen. Mit über fünf Metern Länge und 1,92 Metern in der Breite strebt der Challenger schon in Richtung BMW 7er. Schmal geschlängelte Landstraßen eignen sich daher weniger zum Austoben denn zum entspannten Cruisen im langen Gang.
Sie ahnen es vermutlich: Mit dem Gewinnen wird es für den Dodge am Ende nichts, was auch am Verbrauch liegt. Während sich der BMW bei extrem diszipliniertem Gasfuß mit unter acht Litern auf 100 Kilometer bewegen lässt, bleibt der Challenger immer zweistellig und genehmigt sich im Testschnitt fast fünf Liter mehr. Pony-Kollege Ford Mustang wird daher seit Neuestem mit einem Vierzylinder-Turbo angeboten, und auch Dodge hat für den 2015er Challenger ein aufgeladenes Aggregat nachgereicht. Einen 6,2-Liter-V8 mit 717 PS und 881 Nm. Sein Name: Hellcat.
Dodge Challenger SRT8 392 | BMW M4 Coupé M4 | |
Grundpreis | 57.900 € | 76.400 € |
Außenmaße | 5014 x 1923 x 1419 mm | 4671 x 1870 x 1383 mm |
Kofferraumvolumen | 460 l | 445 l |
Hubraum / Motor | 6417 cm³ / 8-Zylinder | 2979 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 362 kW / 492 PS bei 6000 U/min | 317 kW / 431 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 290 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 4,8 s | 4,3 s |
Verbrauch | 13,6 l/100 km | 8,3 l/100 km |
Testverbrauch | 15,8 l/100 km | 11,1 l/100 km |