Infiniti M35h & Lexus GS 450h Test: Hybriden-Herrscher unter sich

Infiniti M35h und Lexus GS 450h im Test
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Hybriden-Herrscher unter Hochspannung

Lexus GS 450h F-Sport, Infiniti M35h GT Premium, Frontansicht © Hans-Dieter Seufert 34 Bilder

Mit seinem Sieg über die deutsche Oberklasse krönte sich der Infiniti M35h zum König der Hybriden. Jetzt greift der Lexus GS 450h im Test an. Ein Duell mit Hochspannung.

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Hybrid in Deutschland – das ist kein M arkt, das ist eine Mission. Nur 0,4 Prozent aller neu zugelassenen Autos waren im Jahr 2011 Hybride – 13.000 von 3,1 Millionen. Vom prominentesten Hybrid-Missionar, dem Prius, verkaufte Toyota 2.029 Stück. So viele Golf verhökert VW an knapp drei Werktagen. Die Rettung der Welt durch den Hybrid, sie steht also nicht unmittelbar bevor.

Während die Diesel-Dynasten noch lästern, der Benzin-Hybrid sei die aufwendigste Möglichkeit, zweitbeste Effizienz zu erzielen, surren Infiniti M35h und Lexus GS 450h aus ihren Parklücken. Obwohl es nischiger kaum werden kann als mit zwei alternativ angetriebenen japanischen Oberklasselimousinen, ist das hier das Hybrid-Spitzenderby.

Infiniti M35h mit Antriebskomforteinbußen

Audi A6 und BMW 5er fielen im Vergleich gegen den Infiniti M35h zurück, weil sie – zuviel technisches Selbstbewusstsein? – die Sache mit der Kraftstoffeinsparung vernachlässigten. Wie die gelingt, zeigt das Antriebslayout des Infiniti: Wird der V6-Benziner nicht gebraucht, trennt ihn eine elektromechanisch betätigte Kupplung vom Rest des Antriebsstrangs – dem 50 kW starken E-Motor und der Siebenstufen-Automatik. Dieser Aufbau spart einen Drehmomentwandler, stattdessen gleicht eine zweite Kupplung Drehzahlunterschiede mit Schlupf aus.

Der vergleichsweise einfache Aufbau ermöglicht hohe Effizienz, fordert aber Komforteinbußen. Denn trotz aller Schlupferei der zweiten Kupplung schaltet sich der V6 ruckig zu – wie von einem Lichtschalter angeknipst. Dann geht es vehement voran – mit 364 PS Systemleistung. Bei gemächlicher Fahrt verlässt sich die Steuerung auf die Kraft des E-Werks, schaltet den Motor oft ab. So durchsurrt der Infiniti M35h Einfallstraßen und Dörfer kraft der 1,44 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie, die hinter der Rückbank sitzt und den Laderaum auf 350 Liter minimiert. Dort pappt ein Aufkleber – ähnlich einer Tetris-Anleitung –, der zeigt, wie vier Golfbags einsortiert werden können.

Lexus GS 450h mit üppigerer Akkukapazität

Die 2,6 kWh große Nickel-Metallhydrid-Batterie des Lexus GS 450h steht hinter der Rückbank, wodurch mehr Platz fürs Gepäck bleibt. Beim 450h koordiniert ein Planetenradsatz die Kooperation des Magermix-V6 mit den zwei E-Motoren. Mehraufwand und üppigere Akkukapazität zeigen vor allem bei Stadtfahrten Wirkung, dazu durch feinen Komfort: Sanft wie mit einem Dimmer blendet sich der V6 ein, dazu stromert der GS noch leiser, aber nur bis Tempo 64.

Bei den Messwerten mag der Lexus GS 450h etwas hinter den Fahrleistungen des Infiniti M35h zurückbleiben, doch 345 PS motorisieren auch den Lexus souverän. Bei eiliger Fahrt stört die stufenlose Übersetzung, sie lässt den Benziner beim Beschleunigen konstant um 4.000/min jaulen. Schaltpaddeleingriffe ignoriert das Getriebe. Es bleibt die größte Schwäche des GS, der seine Passagiere geräumig und in edlem Ambiente beherbergt. Ja, der Umgang mit dem Controller braucht Übung, die Grafik des Infotainments ist so brillant nicht, als dass man sie auf 12,3 Zoll Bildschirmdiagonale sehen müsste. Doch alles wirkt modern und durchdacht. Nichts davon trifft auf das Bediensystem des Infiniti M35h zu, das in Tastenmenge und Menüwirrnis an das zurecht verdrängte Konzept des zurecht verdrängten Nissan Primera erinnert.

Spätestens beim Fahrwerk zeigt sich, dass der Infiniti M35h nicht für uns, sondern für Amerika gedacht ist. Weich abgestimmt und untersteuernd wogt er um Kurven, das ESP regelt früh und rigide, gibt die Leistung erst frei, wenn die Räder wieder gerade stehen. Die gleichermaßen präzisions- wie rückmeldungsschale Lenkung kann also nicht viel an Dynamik ruinieren. Die ganze Schunkelei mindert den Fahrkomfort – wie die kuscheligen, aber zu kleinen Vordersitze.

Lexus GS 450h fährt sehr europäisch

Obwohl strammer abgestimmt und niederquerschnittiger bereift, federt der Lexus GS 450h ausgewogener, liegt sicherer, neutraler und untersteuert später. Allerdings tigert er bei hohem Tempo und ist beim Bremsen auf unterschiedlich griffiger Fahrbahn zu nervös. Dennoch: Dafür, dass Lexus Europa als Nischenmarkt sieht, fährt der nordschleifenerprobte, adaptiv gedämpfte, allradgelenkte 450h sehr europäisch.

Gleichwohl bleibt die Frage, wie sinnvoll der Benzinhybrid bei uns ist. Zumindest zeigen Infiniti M35h und Lexus GS 450h das Potenzial des Antriebs mit Minimalverbräuchen um 6,5 L/100 km und niedrigen Werten bei Stadtfahrten. Auf der Autobahn und im Gesamtschnitt liegen sie jedoch über den Werten vergleichbarer Diesel. Der minimal höhere Testverbrauch und der viel üppigere Preis ändern nichts am GS-Sieg, der Lexus‘ Technikvorsprung beweist. Der Lexus GS 450h ist der neue Hybriden-Herrscher. Es dürfte Lexus ein Missionsfest sein.

Fazit

1. Lexus GS 450h F-Sport
472 Punkte

Der GS 450h ist der komfortablere und ausgereiftere Hybrid und das bessere Auto – mit fixem Handling und gutem Komfort. Negativ: etwas knapperer Innenraum, hoher Preis.

2. Infiniti M35h GT Premium
462 Punkte

Vehemente Fahrleistungen bei günstigem Verbrauch gehen einher mit Einschränkungen beim Komfort. Doch der M ist günstig, sehr gut ausgestattet und eben gemütlich statt agil.

Tabelle (techn. Daten)

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