Hyundai i20 N und VW Polo GTI im Test

Hyundai i20 N und VW Polo GTI im Test
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Welcher 200-PS-Kleinwagen macht mehr Spaß?

Hyundai i20 N Performance, VW Polo GTI © Achim Hartmann 29 Bilder

Bald wird es Einheizer wie den Hyundai i20 N oder den VW Polo GTI nicht mehr geben. Deshalb müssen Sie sich jetzt einen kaufen: um Geschichten zu erleben, die Sie später erzählen können – wenn sich die Familie gemütlich um die Erdwärmepumpe versammeln wird.

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Wir Auto-Aktivisten sind einfach zu schicksalsergeben. Wie wäre es, wenn wir für unser Anliegen auf die Straße gingen – mit einem Hyundai i20 N Performance oder einem VW Polo GTI? Eine lasterhafte Runde mit verderbten Verbrennern, die schmeckt herrlich nach zivilem Ungehorsam. Nach Auflehnen gegen eine Verkehrspolitik, die den Verbrenner so lange mit Strafsteuern gängelt, bis das ganze Land elektrisch fährt. Am besten natürlich Bus und Bahn.

Hyundai i20 N Performence im Supertest - Hot Lap Nordschleife 10:15 Min.

Letzteres klingt nicht verlockend? Stimmt. Lockrufe tönten neulich vielmehr aus unserer Tiefgarage: Da standen Hyundai i20 N und VW Polo GTI. Um es kurz zu machen – die beiden haben uns zu einem Carbonisierungsexzess verführt. Weshalb unser Gewissen fragte: Darf man nach heutigem Gründenk noch lustvoll sechs Liter, manchmal sogar mehr, auf hundert Kilometer verfeuern?

Kaum. Gutbürgerlich haben wir Abbitte geleistet, versprochen, uns nie wieder so schamlos anstacheln zu lassen. Dann haben wir diese beiden fiesen Anstifter tiefgreifend für ihren niederträchtigen Charakter ermahnt und sie zur Strafe gleich noch mal den gottverlassensten aller Winkel durchkämmen lassen.

Dort hinter den sieben Bergen. Mitten durch diese Hügel, die ständig im Weg herumstehen und umlenkt werden müssen. Netterweise hat jemand zu diesem Zweck herzallerliebste Straßen geteert. Dahin übrigens findet der komfortable VW den schnellsten Weg über die dienstbarsten Fernstraßen. Im Schlepptau hält der Hyundai wacker Anschluss.

Hyundai i20 N: puristisch und analog

© Achim Hartmann

Der Hyundai kommt noch als Handschalter. Oh mein Gott, total von gestern! Genau, herrlich analog und kurz und knackig wie der ganze i20 N.

Er zieht erst nach der Autobahnabfahrt vorbei, denn sein Navigationssystem kennt alle lohnenswerten Kurven; Routenführung kann die digitale Landkarte natürlich auch, sie funktioniert sogar hervorragend. Generell lässt sich der Kleinwagen dank ausgelagerter Menüfelder ohne Memory-Spiel per Fingerzeig bedienen. Nur per Sprachbefehl kann es der rote Polo besser – was wir zwar positiv, jedoch am Rande vermerken wollen.

Im Zentrum steht vielmehr die Kurven-Weisheit des bleichblauen Kleinwagens: Er liest aus seinem eigenen Gebetbuch, gibt Hinweise, wie weit der Gasfuß durchtreten darf. Wann er aufs Bremspedal wechseln muss. Berät die Hände, wie viel und wie lange sie am Lenkrad drehen sollen. Wir sprechen hierbei gerne von Rückmeldung, wobei es das nicht ganz trifft, weil der Hyundai eher ein Flüsterer als ein Melder ist.

Er flüstert übers versteifte Chassis mit verstärkten Lenkhebeln sowie angepassten Achsschenkeln. Vor allem aber über die Vorderachse mit negativem Sturz samt ihrer mechanischen Sperre, sofern man sich die Performance-Version für 2000 Euro Aufpreis gegönnt hat. Und man muss sie sich gönnen, gleichwohl wir beim Konfigurieren des Modells eine Valium in Reichweite empfehlen – beim premiumbepreisten Polo GTI am besten bereits vorher schlucken.

Günstige Krachlederne? Das war einmal. Die Sportversion des Polo startete 2018 bei attraktiven 23 950 Euro, nach vier Jahren wurden 31 095 Euro daraus. Preiswerter, wenngleich nicht billig, ist der Hyundai – es gibt ihn ab 25 490 Euro. Warum also die Kosten freiwillig um 2000 Euro in die Höhe treiben?

Mitteilungsbedürftiges Fahrwerk

© Achim Hartmann

Querdynamisch hat der i20 N den Polo GTI im Griff. 142,4 km/h zeigt das Messgerät im i20 N im Ausweichtest, beim VW sind es 138,9 km/h. Auch beim Slalom liegt der Hyundai vorne.

Weil die Sperre den i20 N erst komplettiert: Sie zwingt ihn in die Kurve. Selbst bei einem Tempo, das die Vorderräder des VW längst überlastet wimmern lässt, richtet sich der Hyundai noch hellwach aufs Gaspedal aus: Unter Last zieht es ihn nach innen, unter Schub hebt er das kurveninnere Hinterrad, dreht mit dem Heck ein. Und die Sperre kann noch mehr: Sie ziept leicht in der Lenkung, wenn auf garstigen Rüttelpisten der Punkt des Gutseinlassens erreicht ist.

Überhaupt rüttelt es praktisch permanent im Chassis, denn das Fahrwerk spricht zwar nuanciert an, will sich aber niemals vorhalten lassen, eine Unebenheit verschwiegen zu haben.

Analog zu Blitzeis muss es Blitzteer geben, der für den Polo verlegt wird. Zumindest präsentiert sich jede Straße im GTI in besserem Zustand – dem Knopfdruck-Fahrwerk mit seinen zwei Dämpferkennungen sei Dank. Wir preisen diese Option ja beständig, und ebenso beständig verweigert sie die Mehrheit der Käufer. Dabei macht sie den GTI (Gran Turismo Injektion) erst zum Gran Turismo, zum schnellen Reisewagen. Obwohl wir eigentlich mit GTI anderes verbinden: selbstbeherrschte Wildheit, bodenständigen Irrsinn, kalkulierte Abenteuerlust.

VW Polo GTI: komfortabel und schnell

© Achim Hartmann

Mit Sport hat's der Polo GTI nur bedingt. Es meint hier eher: schnelles Reisen.

Das beschreibt allerdings vielmehr den i20 N Performance. Und natürlich den GTI, solange es sich um einen Golf seit Generation 5 handelt. Keineswegs jedoch den kleinen Bruder. Auch nach dessen Facelift müssen wir feststellen, dass sich ein Label leichter aufkleben als ein Versprechen einlösen lässt. Ja, es ist eine gute Idee, die Batterie im Kofferraum zu platzieren. Für steifere Achsführung hinten, dickere Stabilisatoren samt steiferen Koppelstangen vorn und Tieferlegung um 15 Millimeter gibt es gleichfalls einen Like. Ferner für den wirkmächtigen Zweiliter, der früher und gehaltvoller anschiebt, dabei gleichförmiger als der Einssechser des Hyundai läuft. Aber leider mit einem DSG verplombt ist.

Das bewerten wir einerseits positiv bei der Ausstattung. Andererseits negativ im Antriebskapitel. Weil sich das Getriebe zuweilen zerstreut durch die sieben Stufen doppelkuppelt, sich selbst im manuellen Modus mit Hoch- und Runterschalt-Befehlen einmischt. Welch ein Genuss ist es dagegen, im i20 N händisch durch die Gassen zu toben!

GTI oder eher ein GT?

© Achim Hartmann

Der Polo setzt spürbar auf mehr Komfort. Das Fahrwerk bügelt Bodenwellen souveräner weg und das DSG nimmt dem Wolfsburger weitere Emotionen und macht ihn im Alltag angenehmer.

Offensichtlich nimmt der Polo seinen Passagieren gerne Lasten ab, bringt sie so schnell wie sicher ans Ziel, bettet sie sogar im Fond sanft, verschafft dem erhöht sitzenden Fahrer einen guten Überblick. Obwohl er vielleicht gerne tiefer hinein ins Chassis spüren würde, bis zur Quelle der Leidenschaft – die noch entdeckt werden will.

Man kann es auch anders ausdrücken: Der Polo GTI hat großes, brachliegendes Potenzial. Etwa in der Lenkung – sie schlägt aus der Mittellage irritierend prompt zu, verfällt dann in lethargische Zurückhaltung. Oder im Fahrwerk: Es nimmt Bodenwellen gewissenhaft auf, hält andererseits zu laxen Bodenkontakt. Es fehlt das Hineinkriechen in die Asphaltporen, das Einklinken in die Radien, das Verbinden mit der Tektonik. Und ebenso das Hineinkriechen in die Sensorik des Fahrers, das Einklinken in seine Gefühlswelt, das Verbinden mit allen Sinnen. Denn das kann und macht der Hyundai – nicht zuletzt mit seinen Set-up-Menüs und der digitalen Motorsport-Instrumentierung.

Autonom sirren? Och nö!

Das mag ähnlich infantil wirken wie das in drei Stufen anschwellende Auspuffprötteln. Oder das aktivierbare Zwischengas. Oder der Hinweis auf S- wie Spaß-Kurven, der im Display erscheint. Möglicherweise haben wir unser inneres Kind bewahrt und lassen uns deshalb enthusiastisch vom i20 N mitreißen – von seiner Begeisterung für Deutschlands schönste Landstraßen. Ja, das ist politisch unkorrekt. Und es schmeckt so lecker nach zivilem Ungehorsam, wenn wir uns als Auto-Aktivisten den Spaß am Fahren einfach nicht von der Anti-Auto-Politik verderben lassen.

Autonom sirren können wir später noch – einen Verbrenner wie den Hyundai i20 N wird es dann nicht mehr geben. Deshalb: kaufen. Jetzt!

Fazit

1. Hyundai i20 N
650 Punkte

Der i20 N bremst sich nach vorn. Aber nicht nur das. Er gewinnt mit seiner übergriffigen Kurvengier und seiner ansteckenden guten Landstraßen-Laune. Außerdem ist er günstiger.

2. VW Polo GTI
592 Punkte

Der komfortable und schnelle Polo ist der kleinste GT der Welt, aber kein GTI im eigentlichen Sinne. Dafür müsste seine Vorderachse mehr zupacken – und die Lenkung ebenso.

Tabelle (techn. Daten)

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