Dreihundertsiebenundsechzig Kilometer – die fielen früher länger aus, eher so viereinhalb, fünf Stunden, denkst du dir, als du aus dem Insignia steigst. Kein halber Vormittag vergangen, doch schon bist du am Ziel. Da wird immer gejubelt, und der Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur darf ein Schleifchen zersäbeln, um ein Glasfaserkabel einzuweihen, mit dem sich ein paar Bit mehr pro Sekunde durch die Leitung schubsen lassen.
Doch sollte man mal anmerken, dass wir auch analog schneller ankommen als einst, mit sparsamen, geräumigen, vernünftigen Dieselkombis. Wobei der Insignia Sports Tourer nicht nur an-, sondern ganz nach vorn kommen will. Dazu legt sich die zweite Generation mit den härtesten Kombirivalen an: Mondeo , Superb und Passat . Alle mit Diesel – und jeder mit der Chance auf den Sieg?
Der Opel: Künstler der Kurve
Die ist beim Insignia so groß wie lange nicht. Schon die Schrägheckversion Grand Sport bedrängte den Superb (Heft 15/2017). Nun könnte noch mehr drin sein – weil mehr reinpasst. Darf man auch erwarten, schließlich reckt er sich um 9,2 cm. Ein Mangel an Stattlichkeit lässt sich also nicht feststellen, negativ fällt sie nur beim sperrigen Wendekreis auf. Andererseits packt der Insignia mit 1.665 l maximal 135 l mehr weg als früher.

Dazu hat er sich ein paar Clevereien angeeignet: Die Heckklappe öffnet optional auf Herumfüßeln unter dem Stoßfänger, das Laderollo fährt hoch statt zurück, das Mittelteil der dreigeteilten, fernentriegelt klappenden Rückbank ist extrabreit, und wirft sich die ganze Lehne vor, gibt das eine zwei Meter lange Ebene. Da können alle, die ihren frühen wilden Zeiten im Omega Caravan nachtrauern, abends in ihren Betten mit Siebenzonen-Kaltschaummatratzen und Spannmuffenfederung in Leichtmetall (so war es doch, Herr Hallmackenreuter?) mal wieder davon träumen, wie damals im Auto zu schlafen.
Auch für den regulären Passagiertransport schafft der Opel mehr Platz – auf der bequemen Rückbank sind es nun vier Zentimeter mehr Normsitzraum und drei mehr Innenhöhe. Das reicht nicht an die verschwenderischen Raumreserven des Superb heran, übertrifft aber den Mondeo. Fahrer und Beifahrer integriert der Opel tief auf vielfach verstellbaren, haltintensiven Ergonomiesitzen.
Eher mühsam dagegen, sich auf die Bedienung einzurichten. So bildet der Tastenreichtum zusammen mit dem verschachtelten Infotainment-Touchscreen und konfigurierbaren, doch immer zitterigen Digitalinstrumenten ein Funktionalitätsarrangement mit – wie heißt das jetzt so positiv – Herausforderungspotenzial.
Reichlich abgespeckt
Doch starten wir den Zweiliter-Turbodiesel. Obgleich er mit 170 PS weniger leistet als die anderen, legt er kraftvoll und motiviert los. Das passt gut mit dem bis auf kleine Hakeleien exakten Sechsgang-Schaltgetriebe. Es ist nicht mehr elendslang übersetzt wie früher, um den Verbrauch zu drücken. Der letzte Sports Tourer der alten Generation, der bei uns im Test war, schleppte 88 Kilo mehr mit sich herum, war nie richtig sparsam. Mit 1.629 kg liegt der Neue auf dem Gewichtsniveau des Passat.
Das verschafft dem Handling eine Leichtigkeit, die man einem Mittelklasse-Opel-Kombi gar nicht mehr zugetraut hätte. Seine geschmeidige, unaufgeregte, feinfühlige Lenkung führt ihn entspannt über die Autobahn. Doch spätestens im strafferen Sport-Modus verschafft sie sich eine Schnittigkeit und intensive Rückmeldung, dass du den Insignia immer eifriger, tiefer in die Kurven lenkst – bis er spät ins Untersteuern kommt.

Dieses vergnüglich-mitreißende Handling verbindet das Fahrwerk durch Adaptivdämpfer (980 Euro) mit ausgewogenem Komfort, den selbst fiese kurze Unebenheiten kaum überfordern können. Ja, im Tour-Modus schwingt der Kombi langen Wellen nach, doch selbst der Sport-Modus bewahrt noch genügend Federungsreserven.
Schließlich gilt es noch, die hervorragenden Bremsen zu erwähnen wie die reiche Ausstattung. Als Business Innovation bringt der Insignia LED-Matrix-Licht, Head-up-Display, Lederpolster, Navi und Abstandstempomat serienmäßig mit – mehr als genug, um den erhöhten Verbrauch (7,7 l/100 km) auszugleichen. Aber auch genug für den Sieg?
Der Ford: Phänomen der Massen
Dazu muss er erst am Mondeo vorbei – was auf der Landstraße so leicht nicht gelingt. Auch bei Ford haben sie das ja drauf mit dem Fahrwerksabstimmen. Der Mondeo hat ebenfalls Adaptivdämpfer. Sie kosten im Paket 2.300 Euro – eine Investition, die man lange verloren glaubt, bis man die Kennlinienauswahl tief verborgen im Bordcomputer findet.
Jedenfalls federt der Mondeo satt – was ihm bei 1,7 Tonnen Leergewicht auch nicht schwerfallen sollte. Strafft die Sport-Kennlinie Dämpfung und Lenkung, verschafft das dem Ford eine behände Agilität. Dann biegt er präzise und entschlossen in Kurven, bleibt lange neutral und immer sicher. Derweil meldet die Lenkung intensiv zurück, übertreibt es dabei mitunter und wird stößig.
Ja, der Motor (7,5 l/100 km) könnte für 180 PS/400 Nm fixer aus den Puschen kommen, die Doppelkupplungsbox mal das Bin-gleich-wieder-da-Schild vom Tresen nehmen und entschlossener durch die sechs Gänge schalten. Diese Besonnenheit kann sich der Mondeo für unaufgeregte Autobahntouren aufsparen, die er so gut beherrscht. Richtig heimelig wird es dabei nicht, selbst im teuren Titanium wirkt das Interieur trist.
Wobei die Sachlichkeit der Innenarchitektur weit weniger stört als die Wirrnis der Bedienung mit vielen Lenkrad-tasten, kleinen Touchscreen-Tastflächen und dem schlecht organisierten tiefgründigen Bordcomputer. Nicht allzu tief gründet der Laderaum, der mit 500 bis 1.605 l kleiner ist als bei den Rivalen. Für die Passagiere bleibt ebenfalls weniger Platz – weniger auch als beim Vorgänger. Weil der Turnier ausstattungsbereinigt fast 5.400 Euro mehr kostet als der Sports Tourer, ist der Opel am ersten Konkurrenten locker vorbei.
Der Skoda: Berger des Schlauen
Denkt man so nach über den Werdegang des Superb, wie er als Limousine auf der verlängerten Passat-V-Plattform startete und sich in drei Generationen hochgearbeitet hat, stellt man fest: Er hat alles richtig gemacht. Immer. Vielleicht liegt darin auch diese sachte Distanz, die ihn umströmt. Ganz sicher aber gründet darin seine Qualität. Er ist so ein wohlüberlegtes Auto.

Das beginnt damit, dass er sich mit seinem Platzangebot eine Ausnahmeposition in seiner Klasse schafft. Eher gehen einem Passagiere und Gepäck aus als das Mitnahmepotenzial des Combi. Der benötigt dafür wegen der hohen Raumeffizienz nur so viel Grundfläche wie der viel engere Mondeo. Der Skoda richtet sich hochwertig ein, lässt sich leicht bedienen und bringt all dieses Simply-Clever-Geraffel mit, bis zu den ewigen Regenschirmen.
So reist es sich auf der breiten, kuscheligen Rückbank ebenso behaglich wie auf den sesseligen Vordersitzen. Die sind so hoch positioniert, du fühlst dich immer so herausgehoben aus dem Geschehen da am Lenkrad. Das stört ja meist nicht, sorgt auf langen Strecke für entspannte Übersicht. Du sitzt da, und schon wieder sind hundert Kilometer vorbei, für die dem druckvollen, kultivierten Turbodiesel 7,2 Liter Kraftstoff genügen. Scheint auch alles mit dem Komfort so schön – bis sich das Fahrwerk trotz Adaptivdämpfer (940 Euro) das erste Mal auf Querfugen verhaspelt.
Später dann, auf der Landstraße, wird das bis dahin treffsichere Doppelkupplungsgetriebe häufiger planlos und ruppig durch seine sechs Gänge schalten. Dazu schwingt der Superb in der Comfort-Kennlinie auf langen Wellen stark nach, neigt in Kurven zum Wanken. Im Normal-Modus strafft sich das Set-up so stark, dass die Federung mit dem Ausbügeln der Unebenheiten nicht mehr recht nachkommt. Sport-Modus? Probierst du eine halbe Stunde lang aus und lässt es danach für immer sein – es wird nicht sportlicher, nur unbequemer. Und der präzisen Lenkung fehlt auch dann noch etwas Gefühl.
Das ändert nichts an der hohen Fahrsicherheit des Skoda, der sich spät sanftem Untersteuern hingibt. Doch wie im Vergleich der Limousinen bremst er schwächer als der Opel. Zudem fehlen ihm einige Assistenzsysteme und viele Kilo Zuladung. Außerdem bringt der Opel Extras serienmäßig mit, die im teureren Skoda noch mal 3.600 Euro kosten. Daher muss der Superb, den sie doch so entwickelt hatten, dass er immer exakt im Windschatten des Passat bleibt, den Insignia ziehen lassen.
Der VW: Kombi der Nation
Jetzt könnten wir so eine Pseudospannung aufbauen und behaupten, wie furchtbar schwer das nun für den Passat wird. Wird es nicht. Aber doch knapper als gedacht – was sich aber mit dem hohen Preis des Variant erklärt, der selbst als Highline Extras im Gegenwert von rund 4.500 Euro bräuchte, um das festliche Ausstattungsniveau des Opel zu erreichen. Doch viel Ausstattung allein bringt noch keinen Sieg gegen den VW.
Obwohl der 22 cm kürzer ist als der Insignia, schafft er mehr Platz für Passagiere und Gepäck, fährt ebenso clevere Variabilität (dreigeteilt und fernentriegelt klappbare Rücksitzlehne, variabler Ladeboden) auf und richtet sich hier am aufwendigsten ein. Klar kommt der Testwagen mit dem neuen Infotainment, auf das sind sie sehr stolz bei VW. Damit es so fesch und glattflächig aussieht, gibt es keine Drehregler mehr für Kartenzoom und Lautstärke, was ein ziemlicher Unfug ist, ebenso wie die verschachteltere Menüführung.

Keine Drehregler am optionalen Navi? Das ist die nennenswerteste Schwäche am Passat. Na ja, also die Traktion ist auch nicht so trittfest. Aber ansonsten alles bestens: Der kultivierte Zweiliter-Turbodiesel beschleunigt den VW schneller, bleibt sparsamer (7,0 l/100 km), der Sechsgang-Doppelkuppler schaltet harmonischer als im Skoda, das adaptiv gedämpfte Fahrwerk (1.200 Euro) beherrscht flauschigen Langstreckenkomfort ebenso wie kurzweilige Landstraßenfegereien.
Dabei hält die präzise, fein ausbalancierte Lenkung den Variant sicher und lange neutral auf Linie, bis weit oben am Beginn des Grenzbereichs mildes Untersteuern wetterleuchtet. An die hervorragenden Bremswerte des Insignia kommt aber auch der Passat nicht heran. Doch er ist leiser, lässt sich mit mehr Assistenzsystemen ausstaffieren und hat den engsten Wendekreis.
Engster Wendekreis? Braucht der VW den jetzt schon, um sich den Sieg zu sichern? Nun ja, einerseits zeigt der auch, wie hervorragend sie ihn in WOB durchkonstruiert haben. Aber andererseits: Ja, am Ende wird es wirklich eng für den Passat – nur noch fünf Punkte Vorsprung. Also keine Pseudospannung, aber ein erster Platz fiel schon mal siegreicher aus.
Ford Mondeo Turnier 2.0 TDCi Titanium | Opel Insignia Sports Tourer 2.0 Diesel Business Innovation | Skoda Superb Combi 2.0 TDI Style | VW Passat Variant 2.0 TDI SCR BMT Highline | |
Grundpreis | 39.600 € | 36.105 € | 39.550 € | 43.175 € |
Außenmaße | 4867 x 1852 x 1501 mm | 4986 x 1863 x 1500 mm | 4856 x 1864 x 1477 mm | 4767 x 1832 x 1516 mm |
Kofferraumvolumen | 500 bis 1605 l | 560 bis 1665 l | 660 bis 1950 l | 650 bis 1780 l |
Hubraum / Motor | 1997 cm³ / 4-Zylinder | 1956 cm³ / 4-Zylinder | 1968 cm³ / 4-Zylinder | 1968 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 132 kW / 180 PS bei 3500 U/min | 125 kW / 170 PS bei 3750 U/min | 140 kW / 190 PS bei 3500 U/min | 140 kW / 190 PS bei 3500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 218 km/h | 223 km/h | 233 km/h | 233 km/h |
0-100 km/h | 9,1 s | 8,9 s | 8,5 s | 8,3 s |
Verbrauch | 4,8 l/100 km | 5,3 l/100 km | 4,7 l/100 km | 4,6 l/100 km |
Testverbrauch | 7,5 l/100 km | 7,7 l/100 km | 7,2 l/100 km | 7,0 l/100 km |