Liebe Familienväter und natürlich liebe Mütter: Es ist an der Zeit, Abschied zu nehmen. Denn solch herrlich vernünftig-unvernünftige Pragmatiker wie Ford Focus ST Turnier und Skoda Octavia Combi RS wird es wohl bald nicht mehr zu kaufen geben. Deshalb feiern wir sie heute noch mal so richtig. Nicht nur auf kurvigen Landstraßen, sondern auch dort, wo beide Kombis sich ebenfalls wohlfühlen: auf der Rennstrecke. Ob das nicht ein bisschen übertrieben ist? Ja, das fragen Sie sich vollkommen zu Recht. Und nein, Sie liegen völlig daneben. Denn es braucht keine hochgezüchteten Reihensechser oder gar blubbernden Achtender unter der Haube geduckter Coupés, um den Hockenheimring zu rocken.
Denn großvolumig sind beide Kompakte ohnehin als Kombinationskraftwagen. Und so bringen wir hier am besten gleich zu Beginn ein paar Worte zur Variabilität und Funktionalität unter: Beide verstauen im Heck mehr als 600, bei umgeklappten Rücksitzlehnen gar bis rund 1.700 Liter. Dennoch fügt sich Sperriges dank des größeren Quadermaßes noch etwas leichter in den Turnier. Dafür bringt der Combi mit unzähligen Taschenhaken, Wende-Schmutzmatte und festzuklettenden Gepäcktrennern Ordnung ins Alltagschaos.
Und während die Jüngsten im Octavia-Fond die Sonnenschutzrollos hochziehen, die Beine ausstrecken, den Kopf an die Nackenhörnchen anlegen und dabei auf das Handy in der Mittelarmlehnen-Halterung starren – sich quasi in der Business-Lounge wähnen –, verbannt Ford sie in die Holzklasse. Die Rücksitze bieten wenig Halt, und so nimmt man beim flotten Kurvenfahren schnell Kontakt mit den harten Türverkleidungen auf. Hier hinten fehlen sogar Lüftungsströmer, wohingegen der Octavia mit einer dritten Klimazone auf die gut ausgeformte, weichere Rückbank lockt. Ja, der tschechische Familienlaster verankert Kindersitze sogar auf dem integralen Beifahrersitz. Ob dieser deshalb so weit geschnitten ist? Zumal seine breiten Ohren den Schulterblick behindern.
Beim ST wird nicht alles besser

Der Ford ist da umsichtiger und ersetzt die formidablen Recaros nun durch noch grandiosere sogenannte Performance-Sitze mit mehr Verstellmöglichkeiten und hohen Seitenwangen. Überhaupt: Beim Facelift haben die Kölner hier drinnen einiges umsortiert. Statt des verständnislosen Sync 3 hört Sync 4 nun aufs Wort, erleichtert Navigieren mit dem größeren Touchscreen, um gleichzeitig die Klimatisierung durch den Wegfall haptischer Regler zu erschweren.
Diese kostensparende Verkünstelung beherrscht natürlich auch Skoda. Dabei genehmigen die Controller hier immerhin einige Tasten und sogar Walzen auf dem Lenkrad. Die Digitalinstrumente dahinter sowie das Head-up-Display in der Frontscheibe sind nicht nur vielfältiger konfigurierbar, sondern auch viel besser abzulesen als der Tacho des Focus, der über keine Skalierung verfügt.
Apropos kleinteilig: Bei den Fahrmodi verkünstelt sich Skoda etwas. Zwar gibt es einen gut erreichbaren Modus-Taster, allerdings muss man zum Umschalten auf dem Screen herumdrücken und anschließend nach ähnlichem Prinzip den Spurhalter rausschmeißen sowie das ESP anschärfen. Bis Sie das alles zurechtgefummelt haben, dreht der Focus bereits die erste schnelle Runde. Einfach auf den "S"-Button am Lenkrad drücken, und schon sortieren sich die Cockpitanzeigen in den dunklen Sportmodus. Schade nur, dass der genauso schlecht ablesbar ist wie die übrigen farblich veränderten Varianten. Ja, da hilft auch das Head-up-Display auf der separaten Plastikscheibe wenig. Dafür spitzt sich neben der Gaspedal-Kennlinie auch das Klangerlebnis merklich zu.
Wohltönendes Abgaskonzert
Eigentlich nur für die Rennstrecke gedacht, lässt Sie der entsprechende Modus daher gerne in dieser Einstellung unterwegs sein, zumal er mit animierten Schalt-LEDs rechtzeitig zum Hochschalten mahnt, anstelle eines Mondeo- ein Mustang-Heck im Cockpit einblendet und es beim Gaslupfen herrlich aus den Endrohren knallt. Ja, ein bisschen kindisch dürfen Sie das an dieser Stelle ruhig finden oder den ST genau dafür feiern. Zumal der RS seine Endrohre hinter Blenden versteckt und über die Boxen künstlich V8-Blubbern einspielt, das auch ganz unauthentisch rüberkommt.
Selbst ohne die Soundeffekte wird der Unterschied zwischen den Sportkombis schon in der ersten Kehre spürbar: Der Focus lenkt ultradirekt ein, baut deutlich mehr Handmoment auf, wodurch Richtungswechsel noch in echte Arbeit ausarten. Im Gegensatz zum betont distanzierten Skoda-Lenkgefühl führt die Lenkung den Turnier zudem stets sehr präzise und lässt den Fahrer nie im Unklaren darüber, was an der Vorderachse passiert.
Es gelingt meist sogar, die Power von 280 PS und 420 Newtonmetern aus der Linienführung herauszuhalten. So verbeißt sich der ST auch im Slalom auf der Ideallinie und lastwechselt dabei sogar noch geschickter mit dem Heck als seine kürzere Hatchback-Variante, die auch mal das hintere Rädchen hebt und sich so schneller vom ohnehin spät regelnden ESP einbremsen lassen muss. Daher tanzt der ST Turnier auch spürbar schneller um die Hütchen als der Combi RS.
Der Skoda geht im Slalom und auf der Landstraße ohnehin auf Nummer sicher, kommt früher (mit Winterreifen) oder später (mit Sommerpneus) ins Untersteuern. Klingt langweilig? Ach was, denn auch diese Berechenbarkeit birgt ihren Reiz. Denn selbst weniger routinierte Sportfahrer zirkeln von der ersten Runde an zügig über den Ring und jagen Bestzeiten.
Mehr Combi als Sportler

Sie merken also: Skoda setzt andere Prioritäten. Einen Handschalter gibt es für den RS nicht – dafür einen Diesel samt Allrad. Der Testwagen tritt hier natürlich als Frontkratzer mit dem 245 PS starken GTI-Benziner samt Siebengang-Doppelkuppler an. Eigentlich eine bewährte Kombination, doch das DKG verschleppt oft Gangwechsel, überstimmt Schaltpaddeleingriffe beim Hochschalten und sucht sogar in "S"-Stellung zu schnell nach hohen Gängen zum Spritsparen.
Wenig überraschend also, dass der RS im Testschnitt fast einen Liter weniger konsumiert. Zudem ist der Eco-Testverbrauch von 6,2 Litern im Alltag leichter erreichbar. Warum? Nun, der ST torpediert Ihre Selbstdisziplin wie Weihnachtsplätzchenduft die Neujahrs-Diät. Er ist der Typ von Kumpel, der Sie spät abends noch animiert, sich mit ihm auf Landstraßen zu raufen, während man mit dem RS lieber eine Runde auf der Couch netflixt.
So weich, so gut, denn mit dem optionalen Adaptivfahrwerk streckt sich der Octavia spürbar mehr Richtung Komfort. Schieben Sie den DCC-Regler im Individualmodus ganz nach links, nimmt es sogar Querfugen von Autobahnen, die noch nach dem Betonplattenprinzip errichtet wurden, den Schrecken, während der Focus mit ST-Sportfahrwerk alle Untergründe – nun ja, sportlich nimmt.
Nicht so schnell wie versprochen, aber...
Adaptivtricksereien wie beim Hot Hatch gibt es für den Turnier nicht. Und das Automatikgetriebe für 2.000 Euro Aufpreis können, ach was, sollten Sie sich sparen. Denn das manuelle Sechsganggetriebe ist ein weiteres involvierendes Fahrerlebnis-Element: Kurz gestuft, erlaubt es, den ergonomisch positionierten sowie griffigen Schalthebel präzise zu führen.

Liebe Familienoberhäupter, so macht Selbstschalten Spaß! Dabei will bereits bei Tacho 104 der dritte Gang eingelegt werden. Entsprechend häufig greifen Sie zum Chromknauf, der sich in den schwarz-rot belederten Schaltsack kuschelt. Für Rennstarts installiert Ford sogar eine Launch Control. Nur dass diese die Spurtzeiten tatsächlich drückt, wagen wir zu bezweifeln. Denn der Focus ST Turnier verfehlt seine Werks-Sprintangabe. Schlimm? I wo! Mit 6,3 Sekunden auf 100 km/h verbläst er den Octavia locker. Zudem spüren Sie beim Zwischenspurt, dass beim EcoBoost 35 Pferde mehr auf der größeren Hubraumweide galoppieren.
Doch halt, stopp: Der Skoda kontert auf der Bremse mit etwas besseren Werten. Vor allem wirkt der Octavia aus höheren Geschwindigkeiten als bei den punkterelevanten 100-km/h-Bremsungen stabiler. Auf der anderen Seite bremsen Sie dank des transparenten Pedal-Feedbacks im Focus eine Spur punktgenauer. Und so rettet der Focus einen knappen Vorsprung über die Ziellinie.
Ford Focus Turnier ST 2.3 EcoBoost ST X | Skoda Octavia Combi RS 2.0 TSI RS | |
Grundpreis | 44.600 € | 43.110 € |
Außenmaße | 4675 x 1825 x 1488 mm | 4702 x 1829 x 1477 mm |
Kofferraumvolumen | 635 bis 1653 l | 640 bis 1700 l |
Hubraum / Motor | 2261 cm³ / 4-Zylinder | 1984 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 206 kW / 280 PS bei 5500 U/min | 180 kW / 245 PS bei 5250 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 6,3 s | 6,9 s |
Verbrauch | 8,0 l/100 km | 6,9 l/100 km |
Testverbrauch | 9,0 l/100 km | 8,2 l/100 km |