Sie kennen uns, schätzen sicher unsere analytische Nüchternheit und wissen, dass wir nicht zu Sensationslüsternheit neigen. Also beginnen wir den Test mit einer sachlichen Feststellung: Es geht hier um die Weltherrschaft! Zumindest um die in der Kompaktklasse. Nun, da der Golf VII samt Konzerngefolge am Absalutieren ist, drängen seine ärgsten und kompetentesten Widersacher an die Spitze. Letztes Jahr gelang es dem Ford Focus gar, den VW niederzuringen. Doch kann er seine Zwischenherrschaft gegen den modellgepflegten Opel Astra und den Hyundai i30 verteidigen? Klären wir im Test der Benziner mit 125 bis 140 PS.
Da ist guter Rat abenteuer
Starten wir mit dem amtierenden Interregenten, dem Focus. Hier tritt er als Active an, radlaufbeplankt und höhergesetzt, was seinem Auftritt mehr Entschlossenheit verleiht. Innen möbliert er sich mit Polstern, die Ford selbst „robust“ nennt. Da wollen wir nicht widersprechen, eher ergänzen, dass sich das über die ganze Materialgüte sagen lässt. Alles unambitioniert ausgesucht und verarbeitet.
Richtig heimelig wird es auch auf Rückbank und Vordersitzen nicht. Im Cockpit gilt es zunächst, all die Funktionen zu organisieren – von der breit aufgestellten, teils übergriffigen (Kollisionswarner und Spurhalter) Assistenz bis zu den Radiosendern. Dazu muss man die passenden der vielen Tasten auffinden, mit der begriffsstutzigen Sprachbedienung streiten oder über den Touchscreen fingern. Dessen Menü ähnelt in seiner Struktur jener von Jugendzimmern, wenn die Kinder selbst aufgeräumt haben. Schaut oberflächlich okay aus, bis man den Schrank öffnet und von einer Lawine aus Wäsche/Spielzeug/Schulsachen niedergestreckt wird. An Raumangebot für Passagiere und Gepäck hat der Focus zugelegt, ohne mit Großzügigkeit zu verwöhnen.

Doch starten wir den Zwei- bis Dreizylinder. Denn bei sachter Last knipst der Einliter nun einen Zylinder aus, hat eine höhere Verdichtung, filtert die Partikel. Mit dem kleinen Leistungs- und erheblicheren Drehmomentrückstand treibt der trommelige Triple den Ford in den unteren der sechs präzise schaltbaren Gänge wacker voran und dann bemüht, als es auf die Autobahn geht.
Da passt es noch mit dem Fahrwerk, über Land nicht mehr. An sich ist der Ford Focus ein charmanter Kurvenbezirzer, doch die drei Zentimeter Höherlegung beim Active bringen das Handling durcheinander. Obwohl er die sonst den stärkeren Modellen vorbehaltene Mehrlenker-Hinterachse bekommt, wankt er in Kurven, anstatt ansatzlos-stabil hineinzufegen. Dass die Lenkung unverändert spitz anspricht, bringt noch mehr Unruhe rein, wie Slalom- und Spurwechseltest bestätigen. Trotz des wankigen Set-ups klappt das mit dem Federungskomfort nicht recht. Kurze Stöße steckt der Ford Focus gut weg, langen Wellen aber schwingt er nach. Reichen da der günstige Verbrauch (6,7 Liter/100 Kilometer) und die niedrigen Geräusche, um an der Spitze zu bleiben?
Ein N Line steht im Walde
Schließlich biegt dort der geräumige, solide Hyundai i30 um die Ecke. Stimmt, auch in der neuen N Line nicht so beherzt, wie das dem Focus gelingt. Doch die strammere Servo-Kennlinie der Lenkung bringt mehr Rückmeldung, das Fahrwerk mit gestrafften Federn und Dämpfern, größeren Stabis und flachflankigen 18- Zoll-Rädern mehr Agilität. Dass dies gelingt, ohne den Komfort erheblich zu verschlechtern, erklärt sich allerdings damit, dass es davon beim Hyundai i30 so viel nie zu verschlechtern gab.
Aber er schaut fesch aus, auch im solide eingerichteten Interieur mit haltstarken Sportsitzen hier und ein wenig Alu-Glitter da. Bei der Bedienung vertraut Hyundai weitgehend auf Tasten. Es gibt sie in großer Menge, aber so clever gruppiert, dass alles schnell und intuitiv funktioniert.

Beides wünschte man sich auch vom Doppelkupplungsgetriebe, mit dem der Hyundai i30 antritt. Es schaltet wandlerig-besonnen durch die sieben Gänge, doch gerade auf Landstraßen bedarf es mitunter des Eigen-Engagements über die Schaltpaddel, um der Schaltbox zur Zielstrebigkeit zu verhelfen. Dabei bleibt trotz minimalen Lastwechseldrängens immer alles sicher. Die besten Fahrleistungen sichert sich der Hyundai i30 mit dem hubraum- und zylinderreichsten Motor – allerdings bei einem deutlich höheren Kraftstoffbedürfnis (7,7 Liter/100 Kilometer). Das bringt ihn um den wegen fünf Jahren Garantie sonst sicheren Gewinn des Kostenkapitels. Aber es geht ja um den Gesamtsieg.
Ist ja der Blitz an der Sache
Der geht hier ziemlich locker an den Opel Astra – auch wegen des neuen Motors mit seinen feinen Manieren und hoher Effizienz (6,6 Liter/100 Kilometer). Er gleicht in Leistung, Bohrung, Hub, Mitteldruck und Bauform dem Dreizylinder von Peugeot/Citroën bis hinters Komma, sei aber selbst entwickelt, so informiert Opel mit Inbrunst, keine Abwandlung des PSA-Triebwerks.
Jedenfalls treibt der 1,2-Liter den Opel Astra harmonisch an, mit alertem Ansprechen und trotz der langen Getriebeübersetzung mit entschlossenem Durchzug und quirligem Drehvermögen. Dazu erfüllt er die Euro 6d. War es das schon an großen Änderungen? Ja. Aber dazu kommen viele kleine. Detailoptimierte Aerodynamik verbessert den cW-Wert auf 0,26, unter Opel-Fans bekannt als der Wert, mit dem der Calibra 1989 den Weltrekord holte. Doch dieses ewige Früher muss man nicht mehr bemühen, wenn es um das Bessere bei Opel geht. Der Astra war bereits beim Start 2015 ein klasse Auto, bekommt nun ein moderneres Infotainment und eine erweiterte Assistenzabteilung. Wobei andere da viel mehr auffahren und sich die Verkehrszeichenerkennung ihren eher experimentellen Charakter bewahrt hat. Schließlich gibt es teildigitalisierte Instrumente. Die sind auch hier entbehrlich, aber wie bei anderen Herstellern eben ein Zeichen für Modernität, das selbst jene erkennen, die ein Wattgestänge an der Hinterachse für einen Beitrag zur Elektrifizierung halten.

Dabei geht die Idee des Wattgestänges auf James Watt zurück, zu dessen aufbrausenderen Erfindungen die Dampfmaschine zählt. Beim Vorgänger war es serienmäßig, jetzt kostet die Querstabilisierung an der Verbundlenkerachse extra – mit direkter abgestimmter Lenkung und Sportfahrwerk. So kurvt der Opel Astra in souveräner Vehemenz durch Biegungen, lastwechseldrängt nicht, wankt weniger, untersteuert später als die anderen. Die Lenkung steuert nun präziser und gefühlvoller.
So fährt der Opel Astra geschmeidig und komfortabel, denn trotz strafferem Set-up steckt er lange Wellen gut weg, rempelt nicht so garstig über kurze wie der Hyundai i30. Zum behaglichen Komfort tragen die hervorragenden AGR-Sitze bei. Auch die Passagiere auf der dreiteilig klappbaren Rückbank beherbergt er bequem mit dem größten Sitzraum, während das Gepäckabteil mit hoher Innen- und Außenkante eher knapp ausfällt – eine Kleinigkeit, die er mit starken Bremsen und niedrigen Kosten ausgleicht.
Opel Astra, König der Kompakten? Offenbar kein King der Unmöglichkeit.
Ford Focus 1.0 EcoBoost Active | Hyundai i30 1.4 T-GDI N Line | Opel Astra 1.2 DI Turbo GS Line | |
Grundpreis | 25.800 € | 27.245 € | 24.670 € |
Außenmaße | 4378 x 1825 x 1484 mm | 4340 x 1795 x 1455 mm | 4370 x 1809 x 1485 mm |
Kofferraumvolumen | 341 bis 1320 l | 395 bis 1301 l | 370 bis 1210 l |
Hubraum / Motor | 999 cm³ / 3-Zylinder | 1353 cm³ / 4-Zylinder | 1199 cm³ / 3-Zylinder |
Leistung | 92 kW / 125 PS bei 6000 U/min | 103 kW / 140 PS bei 6000 U/min | 96 kW / 130 PS bei 5500 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 196 km/h | 205 km/h | 215 km/h |
0-100 km/h | 10,8 s | 9,3 s | 10,5 s |
Verbrauch | 4,2 l/100 km | 5,7 l/100 km | 4,3 l/100 km |
Testverbrauch | 6,7 l/100 km | 7,7 l/100 km | 6,6 l/100 km |