Unter anderem wegen günstiger Leasing-Konditionen sieht man den Lifestyle-Crossover von Seats sportlichem Tochterunternehmen Cupra in seinen unterschiedlichen Ausprägungen mittlerweile häufig bei uns im Straßenbild. Auch wenn ich Sportwagenfan durch und durch bin, gefällt mir das kantige Design der Kreuzung aus Coupé und SUV besonders in der Farbgebung "Magnetic Grau Matt" mit kupferfarbenen Applikationen. Als VZ5 darf und kann der Formentor dank Konzernbaukastenprinzip auf die Kronjuwelen von Audi zugreifen. Der auf 7.000 Exemplare limitierte Crossover trägt nämlich den legendären Fünfzylinder-Turbo "EA855 evo", der unter anderem auch in Audi TT RS sowie RS 3 frenetisch feiert.
Mehr Sportler denn SUV-Klotz

Um es klar vorwegzusagen: Ich bin kein SUV-Fan. Trotzdem stand ich plötzlich in Hockenheim da und musste zum ersten Mal auf die Zehenspitzen gehen, um die GPS-Antenne aufs hohe SUV-Dach zu pappen. Bei den sonstigen Flundern im Supertest-Kosmos gelingt die Vorbereitung für die Messtechnik eher entspannt auf Hüft- oder maximal Bauchhöhe.
Anschließend saß ich mit Rennanzug und Helm in einem SUV auf einer Hebebühne und wartete darauf, dass die Porsche-Mechaniker die vorgeheizten Semislicks auf den Cayenne Turbo GT montierten. Ohne Worte, ich fühlte mich im falschen Film! Genauso wenig wie mit Truck-Racing kann ich mit Performance-SUV auf der Rennstrecke etwas anfangen. Man jagt eine Fahrzeuggattung durch ein Revier, in das sie eigentlich nicht hingehört.
So ein Cayenne Turbo GT mag für seine Tyrannosaurus-rex-ähnliche Statur querdynamisch unheimlich schnell sein, doch ein SUV mit Semislicks wird sich mir nie erschließen. Noch weniger erschließen sich für mich die PR-seitigen Erklärungen, warum für einen Cayenne Turbo GT oder einen Macan Semislicks erhältlich sind, jedoch für einen 992 Turbo S nicht. Klare Sache, diese Pneus gibt’s für das SUV-Fahrzeugsegment nur in Serie, damit Presse-Testsiege oder Rekorde auf der Nordschleife eingeheimst werden können.
Der Cupra Formentor VZ5 ist für mich hingegen kein SUV im klassischen Sinne, auch wenn er von Cupra unter anderem als "sportlicher SUV" angepriesen wird. Mit 1.638 Kilo bewegt er sich eher auf dem Niveau von AMG A 45 S oder Audi RS 3. Damit wiegt er über eine halbe Tonne weniger als beispielsweise der Cayenne Turbo GT mit seinen 2.233 Kilo. Auch von den Abmessungen her ist der VZ5 mehr Kompaktsportler denn fahrender SUV-Klotz. Der Cupra Formentor VZ5 erinnert mich optisch eher an einen leicht höher liegenden Sportback à la RS 3.
Agil dank Torque-Splitter

Im Motorraum ist die Verwandtschaft zu Audis Kompaktkracher dann unübersehbar. Die Herzimplantation des Fünfzylinders ist ein Glücksfall für den Spanier. Etwas Respektabstand musste dann aber doch sein: Anders als im RS 3 greift der 2,5-Liter im Formentor VZ5 nicht mit 400 PS, sondern "nur" mit 390 PS an.
Noch mehr als der knackige Vortrieb und das charakteristische 1-2-4-5-3-Fünfzylinderraunen durch die schräg übereinander angeordneten Doppelendrohre auf beiden Seiten animiert das agile Fahrverhalten im Grenzbereich, mehr als nur eine Pflichtrunde in Hockenheim zu drehen. Auf dem GP-Kurs stachelt dich der VZ5 dazu an, die magische Zwei-Minuten-Schallmauer zu knacken. Ein recht direktes Einlenkverhalten trifft im weiteren Kurvenverlauf auf eine gute Traktion. Unter Last stümpert der Power-Formentor nur, wenn man es absolut übertreibt, in sachtes Untersteuern, ansonsten arbeitet er mit seiner Hinterachse aktiv mit, zirkelt überraschend agil und mit lange neutralem Fahrverhalten ums Eck.
Kein Wunder, der VZ5 darf nicht nur mit Fünfzylinder-Aggregat, sondern auch mit Torque-Splitter antreten. Diese Antriebstechnologie verwandelte ja bereits das 4x4-System des RS 3 aus querdynamischer Sicht in einen Wunderallrad. Dabei erfolgt die Kraftverteilung bekanntlich nicht nur auf die Vorder- und Hinterräder, sondern über zwei unabhängige Lamellenkupplungen elektrohydraulisch auch zwischen dem linken und rechten Hinterrad. Bei sportlicher Fahrweise wird so das Antriebsmoment auf das kurvenäußere Rad erhöht. Ähnlich wie der RS 3 verfügt auch der VZ5 über einen Drift-Modus, mit dem man den Formentor spaßig quer ums Eck treiben kann.
Zurückhaltung in der Kurve

Wie beim RS 3 eignet sich der Drift-Modus jedoch auch hier nicht für schnelle Rundenzeiten, sondern nur zur Show. Von den sechs Fahrprogrammen schärft der Cupra-Modus die VZ5-Sinne am besten für die Attacke auf eine schnelle Runde. Sämtliche justierbaren Parameter wie die Gaspedalkennlinie, das Handmoment der Lenkung, die Abstimmung der Adaptivdämpfer, der Vorderachs-Differenzialsperre und des Allrads werden dabei so performant wie möglich ausgelegt. Der Cupra-Modus ist quasi das, was beim RS 3 als RS-Performance-Modus bezeichnet wird.
Während der RS 3 in Hockenheim gern mal über alle viere quer aus den Kurven preschte, treibt es der VZ5 am Limit nicht ganz so bunt. Er bleibt länger neutral und verlangt daher auch nach einem anderen Fahrstil als der RS 3. Während der Audi eher über das Gaspedal gesteuert werden kann, muss man sich mit dem Power-Formentor am Kurveneingang einen Tick mehr zurückhalten, um die Vorderachse nicht zu überfordern und die Vorzüge des Torque-Splitters voll auszukosten. In der Kurzfassung: nicht zu schnell in die Kurve rein, sondern lieber früh auf dem Gas sein und versuchen, mehr Schwung mit aus der Kurve rauszunehmen. Ein ähnliches Fahrverhalten fordern auch die Torque-Splitter-Verfechter Mercedes-AMG A 45 S und VW Golf R.
Nicht zu schnell in die Kurve reinfahren bedeutet auch, den Bremspunkt nicht zu spät zu setzen. Auf der Bremse merkt man dem VZ5 besonders an, dass er um einiges leichter als beispielsweise ein Cayenne ist. Hier tendiert keine Masse von über zwei Tonnen zum Schieben über die Vorderachse. Je höher das Gewicht, desto mehr verkommen Fahrzeuge zu "One-Lap-Wonders", die bereits nach einer schnellen Runde mit glühenden Bremsanlagen eine lange Abkühlphase einlegen müssen. Sowohl in Hockenheim als auch später auf der Nordschleife bleibt der Druckpunkt der VZ5-Bremse erstaunlich lange konstant.
Schwach im Slalom

Mit einer Hockenheim-Rundenzeit von 1.59,9 Minuten im Gepäck geht’s auf die Nordschleife. Während ich bei der Ideallinienjagd sonst mehr oder weniger dicht über dem Asphalt kauere, lerne ich die Schleife diesmal aus einem ganz neuen Blickwinkel kennen. So hoch habe ich hier im Grenzbereich noch nie gesessen. Halt, stimmt auch nicht. Auf einer meiner ersten Nordschleifen-Runden überhaupt bin ich in grauer Vorzeit mal zwangsweise mit einem VW Touareg über den Ring gefahren. Damals wurde die Ideallinie im Touristenverkehr mit sämtlichen Mietwagen gepaukt.
Ganz so traktorähnlich hoch wie in einem vollwertigen SUV hockt man im VZ5 jedoch nicht, da sich der Crossover zum einen in puncto Fahrhöhe zwischen Kompaktklasse und SUV bewegt. Zum anderen erinnern die Carbonschalensitze mit erstaunlich tiefer Sitzposition und packendem Seitenhalt mehr an einen Kompaktsportler als an einen echten SUV.
Verglichen mit den normalen VZ-Modellen mit 245 beziehungsweise 310 PS starkem Vierzylinder liegt der VZ5 außerdem zehn Millimeter tiefer und geht mit größeren Spurweiten an den Start (plus zwei Millimeter vorn und hinten). Wie bereits in Hockenheim wirkt das VZ5-Fahrwerk auch auf der Nordschleife gut ausbalanciert. Angesichts der höher liegenden Karosse hätte ich mehr Seitenneigung und Nickanfälligkeit erwartet.
Egal ob Hatzenbach, Wehrseifen oder Wippermann – der Formentor VZ5 zeigt erstaunlich wenig Aufbaubewegungen für sein Fahrzeugkonzept. Während der Formentor in den Fahrdynamikdisziplinen Slalom und Ausweichtest nicht überzeugen kann, punktet er mit guter Fahrbarkeit auf der Nordschleife.
Vertrauen auf der Nordschleife

Serienmäßig tritt der VZ5 mit Adaptivfahrwerk an. Die Spreizung in puncto Dämpferhärte ist gelungen. Während der VZ5 im Comfort-Modus mit alltagstauglicher Federung respektablen Langstreckenkomfort präsentiert, passt die Dämpferkennlinie im Cupra-Modus gut für die Nordschleife, da sie nicht zu hart, aber auch nicht zu weich ist. Nicht nur Bodenwellen und Sprungkuppen nimmt der VZ5 erstaunlich souverän, sondern auch Curbs.
Egal ob im Hatzenbach, in der Fuchsröhre, am Wippermann oder in der Eiskurve, mit dem VZ5 kann problemlos über die typischen Nordschleifen-Curbs geräubert werden, bis es an der Grasnarbe staubt. Angesichts der sonst im Supertest ungewohnten Bodenfreiheit war die Versuchung übrigens groß, im Adenauer Forst über die Wiese abzukürzen. Spaß beiseite.
Solche wilden Ideen entstehen nur, wenn du Vertrauen im Grenzbereich aufgebaut hast. Und dieses Vertrauen gibt dir auch die Lenkung des VZ5 auf der Nordschleife. Ihre Rückmeldung um die Mittellage ist unauffällig – also nicht zu spitz, aber auch nicht zu stumpf.
So verlaufen die Lenkimpulse intuitiv, und der Pilot kann sich auf die richtigen Schaltpunkte konzentrieren. Für ideale Gangwechsel am Limit sind selbsttätige Eingriffe an den Schaltwippen erforderlich. Im digitalen Drehzahlmesser mit Rundinstrumentengrafik signalisieren grüne, gelbe und kurz vor dem Begrenzer bei 7000/min rot blinkende Schaltlampen ideal, wann genau hochgeschaltet werden muss.
Keine Semislicks, aber...

Lob gibt’s auch für die sportive Reifenwahl. Zur Fahrstabilität tragen nicht nur die Allrad- und Fahrwerksabstimmung bei, sondern auch das Gripniveau des Goodyear Eagle F1 Supersport. Der Pneu ist zwar kein waschechter Semislick, überzeugt aber mit gutem Trockengrip.
Fans der linken Autobahnspur dürfen sich über eine großzügige Auslegung der elektronischen Vmax-Abriegelung freuen. Auf dem höchsten Punkt der Döttinger Höhe, kurz vor der Brücke an der Antoniusbuche, wird im Supertest traditionell der Topspeed notiert. Hier hat der VZ5 laut GPS schon 259 km/h drauf, obwohl er bei 250 km/h abgeriegelt sein soll. Wenig später in der Tiergarten-Senke klettert der GPS-Speed sogar auf Tempo 262.
Beim Fallen der Zielflagge an der T13 darf sich der VZ5 ab sofort als schnellstes Fahrzeug aus dem Hause Seat/Cupra bezeichnen. Mit 7.58,99 min. knackt er nicht nur die Rundenzeit des Seat Leon Cupra 280 (8.14 min, Supertest 1/2015), sondern auch die des BMW F87 M2 (8.01 min, Supertest 5/2016). Und wenn selbst Walter Röhrl bekanntlich für alles unter acht Minuten auf der Nordschleife einen Helm aufzieht, muss sich der Formentor VZ5 definitiv nicht verstecken.
Cupra Formentor 2.5 TSI 4Drive VZ5 | |
Grundpreis | 66.980 € |
Außenmaße | 4450 x 1839 x 1511 mm |
Kofferraumvolumen | 420 bis 1475 l |
Hubraum / Motor | 2480 cm³ / 5-Zylinder |
Leistung | 287 kW / 390 PS bei 5700 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
0-100 km/h | 4,5 s |
Testverbrauch | 10,2 l/100 km |