- Das Tiefer vom Höher
- Aus dem Augenwinkel
- Mittendrin in der Dynamik
- Weit entfernt vom Gokart
Mini und Cooper, das flutscht in einem Rutsch aus dem Volksmund, weil ein Mini rückblickend immer als sportlich angesehen wurde – obwohl er das erst durch das Tuning des Rennwagen-Konstrukteurs John Cooper wurde. Heute noch ist "Cooper", genauer "John Cooper Works" (kurz JCW), das Sportabzeichen des Herstellers, es prangt auf unserem Test- Countryman . "Cupra", das war früher das "Cooper" für Seat, bevor daraus eine eigene Marke mit dezidiert dynamischen Modellen reifte. Die hat mit dem Formentor ein SUV-Modell in der Palette, das zwar auf einer Seat-Bodengruppe basiert, aber eine völlig eigenständige Karosserie trägt. Cooper gegen Cupra, beide mit Top-Motorisierung, das klingt nach einem griffigen Schlagabtausch, den wir gerne auf ebenso griffigem Asphalt ausfechten wollen.

Der Cupra Formentor VZ Extreme sprintet in 5,0s von 0 auf 100 km/h.
Das Tiefer vom Höher
Und jenseits des Asphalts? Schließlich heißt das größte Mini-Modell "Countryman", also "Landbewohner". Der SUV ist in der dritten Generation erneut gewachsen und soll dem Namen nach vor allem Grünflächen jenseits des Großstadtdschungels durchqueren können. Brauchbar wären dafür prinzipiell der Allradantrieb sowie die Bodenfreiheit. Wobei es damit bei den Sportversionen von SUV-Modellen nicht allzu weit her ist. Also bei den tiefergelegten Versionen einer höhergesetzten Karosserieform. Paradox? Tja, nun ...
Praxisnutzen konzentriert der Mini auf seiner Rückbank, die sich verschieben und deren Lehne sich dreigeteilt umklappen sowie mehrfach in der Neigung justieren lässt, was dem Cooper durch den Gewinn des Karosserie-Kapitels einen Traumstart in den Test beschert. Zudem ist er in vielerlei Hinsicht ablenkungsärmer zu bedienen als der Cupra. Hier gilt es etwa den Drehschalter fürs Licht zu loben, obwohl der in den Blinkerhebel integriert ist. Wer dagegen im Formentor die Scheinwerfer steuern möchte, muss dafür auf einer Art Pad herumfummeln.

Der Formentor beansprucht weniger Raum, fährt enger, somit bleibt er besser zentriert, auch weil ihn die adaptiven Stoßdämpfer auf Bodenwellen schneller beruhigt.
Aus dem Augenwinkel
Anders sieht es bei den Instrumenten des Countryman aus. Oberhalb der Stelle, an der früher ein kleines Display die wesentlichen Kerndaten anzeigte, sitzt nun eine Kunststoffscheibe für das Head-up-Display. Aktiven Fahrern wären hier echte Instrumente gewiss lieber; die ahmt nun der runde Bildschirm mittig auf dem Armaturenbrett nach – den Drehzahlmesser im traditionellen Sinne allerdings nur im Sport-Modus.
Wie sehr lobt man sich da doch das Instrumentarium, das der Formentor auf seinem digitalen Hauptdisplay einspielt und das in der Rundinstrumenten-Ansicht tatsächlich brauchbare, selbst aus dem Augenwinkel heraus konsumierbare Informationen liefert. Sportfahrer könnten nun die Augen verdrehen, weil das mit Fahrdynamik doch so gar nichts zu tun hat. Dabei muss ein Cockpit gerade beim gut durchwärmten Fortbewegen wie nebenher ables- und bedienbar sein. Doch solche Erwägungen scheinen bei der Konzeption von Fahrzeug- oder Infotainment-Plattformen immer geringeren Stellenwert zu genießen. Dabei sind sie mindestens so sicherheitsrelevant wie die Armada an Warntönen oder die Lichttechnik. Hier punktet übrigens der Cupra ebenso wie mit seinem definierter ansprechenden Bremspedal. Der Mini kontert mit kürzeren Bremswegen, was ja hohe Relevanz für Sicherheit und Fahrdynamik hat.
Mittendrin in der Dynamik
Gänzlich mittendrin im Thema Dynamik sind wir bei der Fahrstabilität. Der Formentor beansprucht weniger Raum, fährt enger; er bleibt besser zentriert, auch weil ihn die adaptiven Stoßdämpfer auf Bodenwellen schneller beruhigen. Das wirkt sich auch auf das Komfortempfinden aus: Wo der Cooper recht ignorant über die Wellen bolzt, nimmt sich der Cupra ihrer viel interessierter an – vor allem, wenn man die breite Spreizung der Kennlinien Richtung Komfort voll ausnutzt.
Generell und überhaupt ist so ein Fahrwerk mit verstellbaren Härtegraden unser Profi-Tipp, sofern es verfügbar ist. Nicht so beim Mini. Dabei ermöglicht diese Technik ein deutlich angenehmeres Federungsverhalten auf der Langstrecke: Man wird weniger durchgerüttelt und reist entsprechend ermüdungsärmer, wie der Formentor beweist. Seine stärker ausgeformten Integralsitze stützen Rücken und Oberschenkel fundierter als jene im Countryman und stellen sich damit einer vorzeitigen Erschlaffung der Physis entgegen.
Weil die geregelten Stoßdämpfer mehr Ruhe in den Aufbau bringen, lässt sich der Cupra weniger von Unebenheiten beeinflussen. Das zahlt auf die Lust am Herumtollen ein. Dynamik-Versprechen? Eingelöst! Wobei die Cupra-Spezialität nicht im rasiermesserscharfen Filetieren besteht, sondern eher im satten Durchmessen von flüssigen Passagen. Gerade hier liegt der Formentor abgewogen in der Hand, lässt sich niemals zur Hitzköpfigkeit reizen. Ohnehin sollte das radikale Abkanten die Sache des Mini sein, schließlich heißt sein Attacke-Modus verheißungsvoll "Go-Kart".
Weit entfernt vom Gokart
Nun, wir wollen keinen Spannungsbogen aufbauen, nur um ihn effektvoll einzureißen: Der Countryman könnte kaum weiter vom Fahrverhalten eines Gokarts entfernt sein. Er ist schwer und fühlt sich auch so an. Beim Gasgeben meint man, den Mini in seiner Ruheposition zu stören. Beim Beschleunigen, beim Einlenken, beim Umsetzen, überall fehlt die Lust an der Dynamik. Will man sie mit schnellem Lenkradkurbeln herauskitzeln, greift das ESP dämpfend ein. Der erhoffte Schlagabtausch mit dem Cupra fällt aus – der ist im Kurvengeschlängel längst enteilt.
Das ruhmreiche JCW-Logo lotst Interessenten auf eine falsche Fährte. Im Falle des Countryman steht es lediglich für eine sportliche Ausstattungsvariante mit reichlich Leistung, nicht aber für ein Sport-Modell – dafür bewegt sich der SUV zu behäbig. Und nutzt die Rückmeldung der Lenkung vor allem dafür, kurzzeitiges Frontantriebs-Zerren bei nachlassender Traktion ins wurstige Lenkrad durchzustellen.
Überraschende Agilität kommt erst Richtung Höchstgeschwindigkeit auf, wenn Spurrillen und Bodenwellen den Mini von der angewählten Linie abbringen. Wobei er selbst bei der Kraftentfaltung keine Duftmarke setzt; der Vierzylinder des Cupra klingt enthusiastischer, legt auch so los und ist mit dem kooperativeren Doppelkupplungsgetriebe liiert. Erst im Umweltkapitel sorgt das Antriebsgespann des Mini für bessere Laune. Speziell wenn man an der Zapfsäule registriert, dass der Countryman sparsamer ist – im Testverbrauch beträgt das Delta zu seinen Gunsten einen halben Liter auf 100 km.
Immerhin, möchte man sagen, wenn er schon nicht die erwünschte Dynamik liefert, dann sollte er wenigstens bei der Wirtschaftlichkeit punkten. Was er übrigens hinsichtlich der Ölmenge bei den allfälligen Wechseln und beim Reifenverschleiß, beides auf 100.000 Kilometer gerechnet, ebenso schafft wie bei den Kraftstoffkosten.
Und doch sticht ihn der Cupra im finalen Kapitel bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit wieder aus. Denn hier fallen auch die Festkosten ins Gewicht. Sie berücksichtigen unter anderem die Versicherungsprämien, und dort ist der Countryman JCW speziell bei der Vollkasko bemerkenswert hoch eingestuft.
Bemerkenswert, und das gilt nun für beide Hersteller, ist darüber hinaus die Kalkulation: Mit den hier bewerteten Extras bestückt liegen beide Testwagen weit jenseits der 60.000 Euro. Was erklärt, warum man die Topmodelle von Cupra und Cooper so selten auf der Straße antrifft: Beide gehören in ihrer Klasse zu den Luxusmodellen – man träumt möglicherweise von ihnen, kauft sich aber die um etwa ein Drittel günstigere Basismotorisierung.
Im Falle des hier unterlegenen Countryman zumindest sollte man sich keinesfalls grämen, wenn es nicht zum John Cooper Works reicht – der große Name verspricht mehr, als das große Modell einlösen kann.
Cupra Formentor 2.0 TSI 4Drive VZ EXTREME | Mini Countryman John Cooper Works John Cooper Works Trim | |
Grundpreis | 61.740 € | 52.900 € |
Außenmaße | 4451 x 1839 x 1511 mm | 4447 x 1843 x 1645 mm |
Kofferraumvolumen | 420 l | 505 bis 1530 l |
Hubraum / Motor | 1984 cm³ / 4-Zylinder | 1998 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 245 kW / 333 PS bei 5600 U/min | 221 kW / 300 PS bei 5750 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 5,0 s | 5,5 s |
Verbrauch | 7,7 l/100 km | 8,0 l/100 km |
Testverbrauch | 9,5 l/100 km | 9,0 l/100 km |