Cupra ist angekommen. Nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung als sportlich-eigenständige Submarke von Seat, sondern ganz offensichtlich auch im Straßenbild. Oder ist das nur wieder selektive Wahrnehmung, weil man gerade hinterm Steuer des neuen Born sitzt und alles sozusagen durch die kupferfarbene Brille sieht?
Nun, mit dieser färbt Cupra erstmals kein Verbrennermodell, sondern einen Stromer auf VW-Basis. Eine Kopie des ID.3 soll der ähnlich große Kompakte jedoch nicht sein, obwohl er ja in Zwickau vom gleichen Band rollt und sich mit ihm die gesamte MEB-Technik teilt. Die Abgrenzung erfolgt zunächst durch das Design, das sich von dem des Konzernbruders besonders in der eigenständigen Front, dem durchgehenden Heckleuchtband sowie markentypischen Applikationen unterscheidet und – nach dem subjektiven Eindruck des Autors – gefälliger wirkt.
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Doch genug der Oberflächlichkeiten, gehen wir gleich unters Blech: Der Permanentmagnet-Synchronmotor sitzt unsichtbar oberhalb der Hinterachse, womit man hier tatsächlich von Heckantrieb reden darf. Im Testwagen leistet die E-Maschine 170 kW – also 20 kW mehr als im ID.3. Zwischen den Achsen steckt die mittlere von drei Akkugrößen mit 58 kWh Kapazität – 45 und 77 kWh folgen bald, genauso wie die Leistungsvarianten mit 110 und 150 kW. Das kommt Ihnen alles sehr vertraut vor? Ist ja auch das bekannte Baukastenprinzip. Ob sich das nun wirklich anders anfühlt?
Spanischer Elektro-GTI

Und wie! Klar, so ein ID.3 fährt gut, um nicht zu sagen: golfig. Doch der Born spitzt das Fahrerlebnis zu. Er ist – um im Bild zu bleiben – quasi der GTI. Dafür bekommt er wie erwähnt mehr Leistung, und zwar auf Knopfdruck am Lenkrad. Dank Overboost-Power drückt er so etwas vehementer. Okay, die von uns ermittelten 6,8 Sekunden auf 100 km/h klingen nicht spektakulär, fühlen sich aber E-Auto-typisch schneller an.
Vor allem beim Zwischenbeschleunigen im Cupra-Modus muss man den Körper an den haltstarken Sportsitzen abstützen: Einmal kurz das Pedal angetippt, und schon liegen 310 Nm Drehmoment an, der Motor dreht mit bis zu 16.000/min. Zu hören bekommt man dabei den Cupra-Soundtrack, der bei höherem Tempo dem Fahrtwindrauschen weicht.
Und was geht querdynamisch? So einiges: Mit idealer Gewichtsverteilung (fast 50 : 50) und dem schwerpunktsenkenden, rund 800 kg schweren Akkupaket liegt der Born satt. Auf kurvigen Landstraßen dreht er mit gelockertem ESP munter sein Heck ein, baut viel Traktion auf und zieht dabei so automatisch die Mundwinkel des Fahrers hoch. Wer das ESP, wie bei unseren Fahrversuchen auf der Teststrecke, ganz ausschaltet, der muss sogar aufpassen, dass ihn das Heck nicht plötzlich überholt, denn "aus" heißt beim Cupra tatsächlich: aus.

Doch nicht nur der Antrieb bringt mehr Schwung in den Stromer. Im Slalom grippt sich der Born mit seinen für Elektroautos optimierten 235er-Sportreifen auf der eingeschlagenen Linie fest und lenkt zielgenau ein, könnte aber etwas mehr rückmelden. Sei’s drum, mit 138 (plus 10) km/h im doppelten Spurwechsel liegen Welten zwischen Wolfsburg und Barcelona.
Dabei setzt auch der Born auf eine Fünflenker-Hinterachse und optionale Adaptivdämpfer für 840 Euro. Diese schmecken die Cupra-Köche jedoch selbst ab und legen die Karosserie vorn um 15, hinten um 10 Millimeter tiefer. In Verbindung mit den 1.350 Euro teuren 20-Zöllern klingt das nach einer harten Nummer, doch das Gegenteil ist der Fall: Der Born federt harmonisch und verhärtet nicht in den sportlichen Fahrmodi.
Bremswert gut, alles gut?
Fehlt noch eine Teststreckendisziplin, das Bremsen: 32,8 Meter aus Tempo 100 – das ist das Niveau eines Alpina B8. Und das beim Cupra mit Trommelbremsen an der Antriebsachse – Respekt! Weniger gelungen ist jedoch die Abstimmung des Bremspedals. Bei sportiver Fahrweise wirkt der Druckpunkt diffus, was die Dosierung erschwert.

Doch abseits der Kurvengaudi ist Bremsen im Alltag oft gar nicht nötig, denn der Born verzögert im B-Modus mit bis zu 0,3 g und gewinnt dabei eifrig Energie zurück. Das ist auch nötig, denn besonders sparsam ist der Kompakte mit einem Testverbrauch von 27,5 kWh pro 100 km bei winterlichen Bedingungen nicht. Und das, obwohl eine Wärmepumpe für 990 Euro die Effizienz erhöhen soll. Immerhin wärmt er so dank Standklimatisierung schnell die Füße und enteist zügig die Scheiben.
Wem die ermittelten 221 km Testreichweite nicht reichen, der muss entweder zum größeren Akku greifen oder sparsamer fahren. Auf unserer Eco-Verbrauchsrunde waren immerhin 18,2 kWh/100 km möglich, und im Alltag kommt man diesem Wert im Range-Modus wohl am nächsten. Hierbei limitiert die Elektronik den Topspeed auf 130 km/h, zügelt die Leistung von Motor und Klimaanlage. Zudem hilft der clevere Eco-Assistent mit einer auf Streckendaten gestützten Rekuperation.
Man könnte auch einfach öfter nachladen, meinen Sie? Nun, Cupra liefert zwar ein Typ-2-Kabel mit, und auch Schnellladen via CCS-Stecker ist serienmäßig möglich, doch das braucht Zeit. Die Wartezeit lässt sich leicht mit dem Infotainment-Baukasten füllen, obwohl das System im Born flüssig arbeitet, beim Kartenzoomen reaktionsstärker ist und sich im Test auch die fast üblichen Aufhänger spart.

Allerdings dauert es auch hier, bis sich Navi- und Sprachsoftware sortiert haben. Immerhin plant das System Ladestopps in die Routenführung ein und projiziert via Augmented Reality nicht nur animierte Abbiegepfeile direkt in die Windschutzscheibe (990 Euro), sondern warnt auch beim Überfahren von Fahrbahnmarkierungen und zeigt den Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern mit Einblendungen.
Bedien-Chaos made by VW
So weit, so gut, doch leider übernimmt Cupra die VW-Bedienlogik: Lautstärke- und Temperaturregelung via unbeleuchtete Slider sind nicht etwa gewöhnungsbedürftig, sondern Murks. Das gilt auch für die Organisation des Infotainment-Menüs, das mit "vielschichtig" noch nett umschrieben ist. So gibt es zwar Direktwahl-Touchflächen für die Sitzheizung, doch um die dreistufige Lenkradheizung zu aktivieren, muss man in die Untiefen der Klimasteuerung abtauchen. Sie merken schon, das lenkt ab, was wohl auch den Entwicklern bewusst war. Denn wenn man während der Fahrt zu lange auf dem Bildschirm herumdrückt, sperrt sich dieser mit einem freundlichen Hinweis für ein paar Sekunden automatisch.
Also lässt man lieber die Hände am Lenkrad, doch auch dort nerven Touchfelder: Ein zielsicheres Bedienen ist aufgrund der schlechten Sensitivität kaum möglich. Zudem sind die Felder für die Steigerung der Geschwindigkeit via Tempomat und der Lautstärke derart ungünstig positioniert, dass man sie mit dem Daumen nicht richtig erwischt oder unfreiwillig mit der Handfläche aktiviert.
Nachhaltig feiner gemacht

Viel lieber fasst man da den aus recyceltem Plastik hergestellten Mikrofaserstoff an, mit dem die Spanier das Interieur für 1.710 Euro aufhübschen. Allerdings schimmert auch hier hartes Plastik an den Türverkleidungen durch. Dass man trotzdem gerne einsteigt, liegt an den großen Türausschnitten und der üppigen Beinfreiheit. Überhaupt gibt es in puncto Platzangebot wenig zu meckern. So sitzt man hinten auf einer gut ausgeformten Bank sogar zu dritt noch bequem. Dazu erleichtern die Isofix-Verschlussklappen das Einführen der scharfkantigen Kindersitzkrallen.
Und der Stromer darf einpacken, ordentlich sogar: Hinter der Heckklappe wartet ein variabler Ladeboden (350 Euro), der sich sowohl in der Höhe ver- als auch aufstellen sowie umklappen lässt. Dort müssen die Ladekabel unterkommen, denn einen Front-Kofferraum gibt es nicht. Dafür bietet die Rücksitzlehne eine ausreichend große Durchlade. Klappen die Elemente im Verhältnis 40 : 60 oder gleich ganz um, werden aus 385 stattliche 1.267 Liter. Bis hierhin ist also alles gut, doch der Haken kommt jetzt: Es gibt nämlich keinen, weder für Anhänger noch für Fahrradträger. Auch aufs Dach darf man nichts schnallen, denn dafür ist der Stromer nicht ausgelegt.
Wen das nicht stört, der bekommt ab 38.600 Euro (minus 9.570 Euro Prämie) zwar den etwas teureren, aber auch besser ausgestatteten ID.3-Zwilling. Und somit wird man wohl auch den Born bald öfter sehen – selbst ohne kupferfarbene Brille.
Kein Schnelllader
Wir haben den Born sowohl an eine 22-kW-Wallbox als auch an einen 150-kW-CCS-Schnelllader gestöpselt.

Das Schnellladen hat der Born nicht erfunden, denn die vom Hersteller versprochenen 120 kW Maximal-Ladeleistung erreicht er nicht. So zieht der Cupra an der 150-kW-CCS-Säule mit höchstens 100 kW Gleichstrom. Die Ladeleistung nimmt bereits bei 25 Prozent kontinuierlich ab und fällt bis 80 Prozent auf 50 kW. Immerhin: Der leicht zu bedienende Lademanager im Zentraldisplay zeigt zuverlässig an, wie lange es bis zum Erreichen eines frei einstellbaren Ladeziels dauert. Das funktioniert auch an der Test-Wallbox mit 22 kW. Hier zieht der Born mit rund 11 kW und benötigt so für eine volle Ladung rund 5,4 Stunden.
Cupra Born 170 kW | |
Grundpreis | 41.450 € |
Außenmaße | 4324 x 1809 x 1540 mm |
Kofferraumvolumen | 385 bis 1267 l |
Höchstgeschwindigkeit | 160 km/h |
0-100 km/h | 6,8 s |
Verbrauch | 15,5 kWh/100 km |
Testverbrauch | 27,5 kWh/100 km |