BMW M2 Coupé im Test

BMW M2 Coupé (G87) im Supertest
Der wahre Nachfolger des M3 Coupés?

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Wir jammern ja oft über das scheinbar unaufhaltsame Größenwachstum der aktuellen Fahrzeuge, verglichen mit früheren Zeiten. Auch an den Modellen der BMW M GmbH ist diese Entwicklung nicht spurlos vorübergezogen. Wie wäre es daher mit einem kompakten Gardemaß zwischen E46 M3 und E92 M3? Passt hervorragend? Dann müsste der BMW M2 der aktuellen G87-Baureihe doch genau der Richtige sein, denn er liegt größentechnisch genau zwischen den beiden M3 Coupés aus der M-Historie.

Schneller Gegencheck der Zahlen: Länge, Breite, Höhe, Radstand des E46 M3 Coupés in Millimetern? 4.492, 1.780, 1.372, 2.731. Länge, Breite, Höhe, Radstand des E92 M3 Coupés in Millimetern? 4.615, 1.804, 1.418, 2.761. Und wie sehen die Abmessungen des aktuellen BMW M2 aus? Länge 4.580 mm, Breite 1.887 mm, Höhe 1.403 mm, Radstand 2.747 mm.

Im Vergleich zum M2-Vorgängermodell F87 ist die aktuelle G87-Version 112 Millimeter länger, 33 Millimeter breiter, aber 7 Millimeter niedriger. Radstand? Plus 54 Millimeter. Ein moderates Wachstum, womit wir den Neuen insgesamt noch als kompakte Bauform durchgehen lassen. Zahlen über Zahlen, die in der Frage münden: Ist der aktuelle M2 damit etwa der legitime Nachfolger der heute legendären M3 Coupés aus der Vergangenheit?

Erst fahren, dann urteilen!

Keine Zeit verlieren, biegen wir lieber zusammen auf die Nordschleife ein. Sitz und Sitzposition gefallen direkt wesentlich besser als im M2-Vorgängermodell der Baureihe F87. Zitat aus dem ersten M2-Supertest in sport auto 5/2016: "Cockpit und Sitze hätten ruhig M-spezifischer gestaltet werden dürfen." Die eher komfortablen Sitze des ersten M2 hatten das Prädikat "M" nur bedingt bis gar nicht verdient. Erst im später folgenden M2 Competition (Supertest 11/2018) hielten richtige M-Sportsitze Einzug.

Alles Schnee von gestern: Obwohl es sich beim aktuellen M2 ja noch um das Basismodell der G87-Baureihe handelt, dem sicherlich noch sportlichere Derivate folgen werden, erfreut hier direkt das sportive Gestühl. Während 2016 nicht einmal optional Sportsitze verfügbar waren, können heute als Sonderausstattung schmucke M-Carbon-Schalensitze geordert werden, die wir ja bereits aus den M3/M4-Modellen kennen.

Anders als 2016 rutschst du darauf nicht bei anliegender Querbeschleunigung fast vom Sitz, sondern kannst dich dank packendem Seitenhalt im Sitzflächen- und Lehnenbereich voll auf den Rennstreckenausflug fokussieren. Da ich den M2 und den M3 CS (folgt demnächst im Supertest) direkt hintereinander auf der Nordschleife gefahren bin, kann sogar ein direkter Vergleich gezogen werden. Im M2 sitzt du gefühlt noch eine Spur tiefer als im M3. Oder ist es die beim M2 bis auf Schulterhöhe hochgezogene Seitenlinie, die dir dieses noch besser ins Fahrzeug integrierte Gefühl vermittelt?

Die M-Carbon-Schalensitze sind Teil des "M Race Track Pakets", das außerdem das "M Driver’s Package" mit Vmax-Anhebung von 250 auf 285 km/h sowie die Sonderausstattung mit M-Carbondach beinhaltet. Wir erinnern uns zurück: Beim M2-Start und auch beim M2 Competition des F87-Vorgängers gab es noch kein Carbondach. Erst zum krönenden Baureihenfinale mit dem M2 CS hielt das CFK-Dach auch beim M2 Einzug.

Das Carbondach senkt das Fahrzeuggewicht um rund sechs Kilogramm und begünstigt den Schwerpunkt, der beim Abgleich mit einem vergleichbaren M2 F87 um zwei Millimeter abgesenkt werden konnte und um einen Millimeter nach hinten verschoben wurde. Zum Thema Gewicht später mehr. Wenn man sich von Zahlen – ganz besonders dem Gewicht – vorab zu sehr den Blick trüben lässt, dann kann man nicht mehr klar urteilen. Mein Motto: Immer erst quasi in Blindverkostung fahren und dann urteilen! Vor der Nordschleifen-Runde wusste ich beispielsweise gar nicht, wie schwer der M2 ist.

BMW M2 Coupe
Hans-Dieter Seufert

Fahrspaß auf der Nordschleife

Auf den ersten Nordschleifen-Metern merkst du sofort, dass der M2 erwachsener und reifer geworden ist. Lenkpräzision, Balance, mechanischer Grip, Traktion – in allen fahrdynamisch relevanten Bereichen hat das Coupé einen großen Schritt nach vorne gemacht. Nach dem präzisen Einlenken zirkelt der M2 mit sachtem, aber keinesfalls überfallartigem Leistungsübersteuern aus der Sabine-Schmitz-Kurve.

So geht Fahrspaß auf der Nordschleife. Während man sich im aktuellen Modell jetzt auf die folgenden 72 Nordschleifen-Kurven freut, hatte man im Basis-M2 der F87-Vorgängerbaureihe hier gehofft, dass die nächsten 72 Nordschleifen-Kurven möglichst bald Geschichte sind.

Auf Landstraßen und ebenen Grand-Prix-Kursen erlebte man im alten Basis-M2 mit seiner übersteuernden Fahrwerksabstimmung sicherlich Fahrspaß, für die Nordschleife war er in seiner Grundabstimmung jedoch ungeeignet. Die wellige Nordschleifen-Topografie passte nicht zu dem auf Lastwechsel und unter Last auch mal nervös reagierenden Heck. Zitat aus Supertest 5/2016: "Bereits im Hatzenbachbogen kündigt sich jedoch das an, was sich über die ganze Runde fortsetzen wird – das M2-Heck will immer gen Kurvenaußenrand tingeln. Vor allem in hängenden Kurvenpassagen verlangt der M2 nach viel Konzentration, und man wünscht sich mehr mechanischen Grip und Traktion, um deutlich früher aus der Kurve herauszubeschleunigen."

Über eine eher wilde und unübliche Kombination der Reifenfülldrücke mit 2,5 bar in den Vorderreifen und nur 2,0 bar in den Pneus an der Hinterachse haben wir 2016 versucht, den F87 M2 auf der Nordschleife etwas zu beruhigen. Die grundsätzliche Fahrdynamikabstimmung spürte man aber natürlich trotzdem in jeder Kurve. Auf der Nordschleife war Talent am Lenkrad hier durchaus hilfreich, um die Runde zu überstehen.

Das Fahrerauto aus dem M-Stall

Wer sich sorgt, dass der aktuelle M2 kein Fahrerauto mehr ist, bei dem am Lenkrad noch gearbeitet werden muss, den kann ich beruhigen. Der typische Grundcharakter des M2 ist auch in der aktuellen G87-Baureihe erhalten geblieben. Der Hecktriebler tendiert im Vergleich zu seinen M3/M4-Brüdern weiterhin stärker zum Übersteuern.

Verglichen mit dem M2-Vorgängermodell bewegt sich das Übersteuern auf der Nordschleife aber nun auf einem überschaubaren Maß. Übersteuernd ja, aber mit einer viel besseren Vorhersehbarkeit. Kurz: Fahrstabilität und Fahrbarkeit sind nun deutlich besser geworden, ohne dass der M2 zu einem ultraneutralen Ideallinien-Streber verkommen wäre.

Nicht nur der 54 Millimeter längere Radstand gegenüber seinem Vorgänger hilft dem aktuellen M2 auf der Nordschleife enorm, sondern auch sein modifiziertes Fahrwerk. In puncto Spurweiten legte der M2 vorne um 38 Millimeter und hinten um 4 Millimeter zu.

BMW M2 Coupe
Hans-Dieter Seufert

Die Traktionskontrolle hilft

Während das Vorgängermodell noch mit kleineren und schmaleren Rad-Reifen-Dimensionen an den Start ging, greift der aktuelle M2 nun mit den identischen Rad-Reifen-Dimensionen seiner M3/M4-Brüder an. Auch auf optionale Cup-Reifen musste der F87-Vorgänger lange warten, während der aktuelle M2 bereits jetzt in seiner Modellbasis darauf zugreifen kann. Sowohl die neuen Rad-Reifen-Dimensionen als auch die Cup-2-Pneus tragen jetzt zu einem merklich höheren Gripniveau bei. Daumen hoch für schnelle Runden.

Auch generell übernahmen die Fahrdynamik-Ingenieure das Fahrwerkslayout aus den M3/M4-Modellen. Bis auf den Vorderachsdämpfer, der eine Komplettübernahme aus M3/M4 ist, wurde das Fahrwerk für den M2 allerdings speziell "personalisiert". An der Vorderachse kommen beispielsweise Federn mit höheren Federraten und an der Hinterachse Federn mit niedrigeren Federraten als in den M3/M4-Brüdern zum Einsatz.

Weitere Fahrwerksunterschiede? Zitat aus der M-Entwicklungsabteilung: "Um die weichere Hinterachsfeder bei gleichzeitigem M2-typischen Aufbauschwingverhalten zu kompensieren, wurde der Hinterachsdämpfer aus dem G81 M3 Touring eingesetzt, der in seiner Grundauslegung deutlich härter ist als der M3/M4-Dämpfer. Somit haben wir den notwendigen mechanischen Grip in Kombination mit einer sportlichen Hydraulik-Abstützung gewonnen."

Die Sorge, dass der M2 als Silhouetten-Fahrzeug mit identischem M3/M4-Unterbau antritt, ist also unbegründet. Die fahrdynamische Differenzierung ist, nach wie vor, über den elf Zentimeter kürzeren Radstand zum M4 gegeben. Die Agilität um die Hochachse kann der Fahrer jetzt nicht nur über den Gaspedalwinkel selbst bestimmen, sondern auch über die aus M3/M4 bereits bekannte zehnstufige Traktionskontrolle – selbstverständlich mit einer speziellen Bedatung für den M2.

Wer den Hecktriebler ungefiltert erleben will, dreht den Traktionsregler direkt auf "off". Für uns Normalsterbliche ohne Werksrennfahrervertrag bei BMW M Motorsport bin ich mir aber ziemlich sicher, dass die Traktionskontrolle ein Tool ist, das uns auf der Stoppuhr schneller macht. Dementsprechend bin ich sowohl die Nordschleifen-Runde als auch die Hockenheim-Runde in TC-Stufe 5 gefahren.

Stufe 5 lässt den M2 im Grenzbereich noch mit spürbaren Schwimmwinkeln unter Last ums Eck fahren, zu krasse Leistungsquersteher unterbindet die TC jedoch jetzt mit sanften Eingriffen, die rennwagenähnlich kaum spürbar sind. Die Traktionskontrolle hilft dir, in den kniffligen Nordschleifen-Ecken viel mehr Vertrauen im Grenzbereich aufzubauen. Dieses Fahrvertrauen macht dich automatisch schon schneller.

Ein Lob gibt’s nicht nur für die Traktionskontrolle, sondern auch für den gesamten Antriebsstrang. Während der Basis-M2 zu Karrierebeginn des F87 bekanntermaßen aus Gründen der Profitmaximierung nur die 370 PS starke Reihensechser-Sparvariante mit einem Turbolader tragen durfte, greift der G87 M2 bereits in seiner Basisversion mit dem Biturbo-S58 an, den auch die aktuellen M3- und M4-Derivate heute nutzen.

Hardware-seitig bleibt der Dreiliter-Biturbo auch für den M2-Einsatz unverändert. Die auf 460 PS gedrosselte Leistung (statt 510 PS in M3/M4) wird über Software-Anpassungen realisiert. So wird die Modell-Hierarchie im M-Stall eingehalten.

BMW M2 Coupe
Hans-Dieter Seufert

Warum schwerer als ein M4?

Schub und Drehfreude in allen für die Rennstrecke wichtigen Drehzahlbereichen lassen auch in der 460-PS-Ausbaustufe kaum Wünsche offen. Wie gewohnt passen die fixen Schaltvorgänge und die Gangabstufungen der ZF-Achtgangautomatik perfekt in den Auftritt am Limit. Man muss die M GmbH auch dafür immer wieder loben, dass sie noch am optionalen Sechsgang-Handschalter festhalten. 25 Kilogramm spart die puristischere Getriebe-Variante gegenüber der Auto- matik ein – ein Tropfen auf den heißen Stein.

Womit wir beim Thema Gewicht wären. Rückblickend zunächst ein Zitat aus Supertest 5/2016 über den Vorgänger-M2: "Für unseren Geschmack hätte der M2 außerdem noch leichter sein dürfen." Heute wären wir froh, wenn der aktuelle M2 mit einem Gewicht wie einst der F87 antreten würde. Aus 1.570 Kilogramm im Jahr 2016 sind heute 1.713 Kilogramm geworden – satte 143 Kilogramm wiegt das aktuelle Coupé also mehr als sein Vorgänger. Puh!

Allein diese Zahl sorgt bei uns in der Redaktion schon für Kopfschütteln. Es ist unsere Chronistenpflicht, dass wir den Finger jedoch noch tiefer in die Wunde bohren: Wie kann es sein, dass ein M2 mit Achtgangautomatik 1.713 kg wiegt und ein M4 Competition (siehe Supertest 9/2021) "nur" 1.702 kg? Ist das Ballastgewicht wie im Rennsport, also quasi die interne BMW-M-BOP, damit der M2 nicht etwa schneller als seine M3/M4-Brüder wird, oder was ist da in der Entwicklung grundlegend schiefgelaufen?

Liebe BMW M GmbH, ich feiere euch im Supertest ja oft zu Recht, aber hierfür fehlt mir das Verständnis. Das kleinere, kompaktere Modell darf einfach nicht schwerer als das ranghöhere und größere Modell sein – identisches Fahrwerksgrundgerüst hin oder her.

Mit Hüftspeck fixer als CS

Man stelle sich einfach mal vor, wohin der M2 noch gefahren wäre, wenn er weniger Gewicht mitschleppen müsste. Trotz deutlichem Hüftspeck pulverisiert er mit seinem sauberen Nordschleifen-Ritt in 7.38 Minuten nicht nur die Nordschleifen-Rundenzeit des F87-Basismodells (8.01 Minuten) und des F87 Competition (7.52 Minuten), sondern auch die des finalen Sondermodells der F87-Baureihe namens M2 CS (7.43 Minuten in Supertest 9/2020).

Hätte, wäre, wenn – aus Sportfahrersicht kann man nur hoffen, dass die M GmbH das Gewichtsthema bei möglichen Competition- oder CS-Varianten noch einmal intensiv unter die Lupe nimmt, denn bis auf das Gewicht ist das Fahrzeugkonzept des Hecktrieblers aus Garching stimmig.

Technische Daten
BMW M2 Coupé
Grundpreis76.600 €
Außenmaße4580 x 1887 x 1403 mm
Kofferraumvolumen390 l
Hubraum / Motor2993 cm³ / 6-Zylinder
Leistung338 kW / 460 PS bei 6250 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h4,2 s
Testverbrauch11,0 l/100 km