BMW M2 Coupé im Test

BMW M2 Coupé im Test
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Wie schlägt sich der Baby-M?

© Rossen Gargolov 22 Bilder

Bei der Modellbezeichnung des M2 mag BMW nicht auf den Zusatz „Coupé“ verzichten. Als schüre man sonst Erwartungen, es könne ein 2er Gran Tourer mit 370 PS sein. Freunde, der M2 ist einer für uns.

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Aus einem Lied von Baz Luhrmann stammt der Rat, man solle jeden Tag etwas tun, vor dem man Angst hat. Wohlan! Als die Gischt das Seitenfenster trifft und das Heck das erste Gegenlenken kontert, geraten die Reflexe in Hektik. Gleichzeitig bleibt seltsam viel Zeit nachzudenken, während die Leitplanke sich nähert. Na, eher der BMW M2 sich ihr. Jedenfalls habe ich das Bild von Jörn vor mir, wie er fragt, ob das eine sehr schlaue Idee gewesen sei, auf dem kalten, nassen Hockenheimring mal das ESP auszuschalten. Da sollte ich nicht aus einem Song von 1999 zitieren, sondern besser seinen Fahrbericht des M2, demzufolge das ESP im Sport-Modus bereits üppig Gelegenheit für Übersteuern gebe. Zehn Meter bis zur Planke, voll auf die Bremse, das ESP bleibt aus, immerhin kuppelt das Doppelkupplungsgetriebe zum Stabilisieren aus, doch das Heck steht noch quer. Sehr quer.

Das reicht – zumindest für eine weitere Vision, die mir durch den Kopf geht: Wie Herr Kuntze, unser Produktioner, mich mit eher ermattetem als verärgertem Blick fragt, womit Herr Renz denn nun diese fünf Seiten zu füllen gedenke, doch eher nicht mit einem M2, der in einer badischen Leitplanke stecke. Steckt er drei Sekunden später dann doch nicht, wobei es einerseits Grip plus Getriebe zu verdanken ist und andererseits an Warnungen ja nicht gemangelt hat. Gerade im Jubiläumsjahr von auto motor und sport greifen wir gerne die Weisheiten unserer Vor-Fahrer auf. So schrieb der sehr geschätzte Klaus Westrup schon vor bald 50 Jahren über den Umgang mit dem BMW nullzwei, dass „eine gewisse fahrerische Begabung erwünscht sein kann“.

In Kürze das Beste von M

Das war seither Markenzeichen grandiosester kompakter BMW und hat einen neuen Höhepunkt im M2 erreicht. Der ist so einer, der den neuen Porsche 911 Carrera S altersmilde erscheinen lässt. Es gebe, informiert BMW die Fans (und womöglich auch den Abschleppdienst Bongard in 53518 Adenau/Nürburgring) eine GoPro-Halterung an der vorderen Abschleppöse des M2. Mit Apps lassen sich Rundenzeiten aufzeichnen und analysieren. Er hat ein Start-Stopp-System und ist in die Effizienzklasse E eingestuft. Er hat also alle Anforderungen der Gegenwart drauf, ist aber dennoch ein Sportwagen wie früher. Einer für uns. Komm steig ein, wir fahren los.

58 min. auf dem Ring 2:07 Min.
© Rossen Gargolov

Damit die Achsen von M3/M4 unter den 2er passen, ist er vorn 5,5 cm und hinten 8 cm breiter.

Startknopf drücken, und der Turbo-Sechser mit natürlich in Reihe sortierten Zylindern startet, wummert durch den Klappenauspuff. Wählhebel auf D. Wir könnten nun launch-kontrolliert kavalierstarten oder sacht loskriechen wie mit einer richtigen Automatik. Beides bekam der Siebengang-Doppelkuppler einprogrammiert. Seine ersten vier Gänge sind kürzer übersetzt als bei der manuellen Sechserbox, der fünfte ist bei beiden Getrieben direkt ausgelegt, der sechste beim DKG länger, der siebte senkt Drehzahl und Verbrauch, nicht aber Vortriebsgier. Schon im Automatik-Modus doppelverkuppelt die Box treffsicher und schnell, beim Zurückschalten gibt es im Comfort-Modus einen Tapser Zwischengas.

Fahrwerk geliehen vom großen Bruder M4

In der Stadt, tja, da wirkt das etwas übermotiviert. Wie auch die herbe Fahrwerksabstimmung. Der BMW M2 bekommt keine Adaptivdämpfer, rempelt über kurze Unebenheiten, später über Querfugen auf der Autobahn und hat damit dennoch das perfekte Fahrwerk gefunden – bei M3/M4, von denen stammen die Achsen. Die vordere Alu-Doppelgelenk-Federbeinkonstruktion mit spielfreien Gelenken in Querrichtung ankert für höhere Festigkeit zusätzlich am Schweller. Der Hinterachsträger in Stahlfachwerk für die Fünflenker-Alu-Hinterachse wird ohne Gummipuffer direkt mit der Karosserie verschraubt. Es geht, wie bei der gesamten Kinematik, um Steifigkeit, denn die bringt Präzision.

Der M2 bringt uns nun endlich raus auf der Stadt und schiebt auf der Autobahn voran. Enormer noch als der M235i mit seinen 326 PS und 450 Nm. Beim M2 sind es 44 PS mehr und, wenn der Twinscroll-Lader (zwei Strömungskanäle für geringeren Abgasgegendruck und besseren Gaswechsel) overboostet, 50 Nm plus. Mit dem Sechszylinder, der Kurbelwellen-Hauptlager, Kolben und Graugussbuchsen vom M3 bekommt, geht es dermaßen voran, dass sich überaus rasch herausstellt, dass der Testwagen über die Sonderausstattung 07ME verfügt: M Driver’s Pack – Anhebung der Abregelgrenze auf 270 km/h. Aber darum geht es gar nicht.

BMW M2 überzeugt sowohl auf der Ideallinie als auch im Drift

Eines Tages und etwa bei Kilometer 19 auf der Nordschleife (wenn es da mal kein Tempolimit mehr gibt) mag das vielleicht eine Rolle spielen. Doch so sehr der M2 seine Rennstreckenfähigkeit beschwört: Eigentlich ist er doch nur zum Spaß hier. Du kannst mit ihm Bestzeiten in Hockenheim nachjagen. Aber dann kommt da wieder eine Kurve, in die sich die 235er-Vorderreifen festkrallen könnten. Mit dem elektronisch geregelten mechanischen M-Differenzial, das im Voraus kalkuliert, wie viele der binnen 0,15 Sekunden abrufbaren 2.500 Nm Sperrmoment gerade passen, stemmt sich der M2 auf den 265er-Hinterreifen gripstark hinaus, um die nächste Gerade niederzurennen.

© Rossen Gargolov

Ein Turbo, doppelte variable Nockenwellensteuerung, drei Liter, vier Ventile - fünf Sterne für sechs Zylinder.

Doch statt der Ideallinie könntest du auch dem Vergnügen folgen, mit der in ihren beiden Modi enorm präzisen, direkten und rückmeldungssensiblen Lenkung beherzt rein in die Kurve und dann aufs Gas. Die Kraft des Motors genügt nicht nur immer, um den Wagen quer zu bekommen, sondern auch um ihn quer zu halten. Das geht so leicht und immer wilder – ja, bis du es übertreibst. Also lass das ESP auf Sport, da bremst es spät, aber rigide. Wer meint, es ohne ESP zu können, sollte es eben auch ohne ESP können. Ja, so einer ist der M2.

Pures und erreichbares Sportwagen-Feeling

Doch sein wahrer Zauber liegt darin, dass er keine Rennstrecke, kein deaktiviertes ESP und kein unsinniges Tempo braucht, um sich wie ein Sportwagen anzufühlen. Es gibt hoch über dem Fluss diesen Wald, durch den eine Straße führt. Sie windet sich am Hang entlang, über Kuppen, durch Kehren. Der BMW M2 röhrt los, zelebriert jede Biegung, drängelt in langsamen Ecken beim Gasgeben sacht mit dem Heck, posaunt die wenigen kurzen, wenig geraden Geraden hinauf, bremst mit der Compound-Anlage tief in die nächste Biegung.

© Rossen Gargolov

Dem M2 gelingt pures Fahrvergnügen, weil er ein ehrlicher Sportwagen ist.

Zweimal an den Schaltpaddeln zupfen. Jetzt, in Sport: Zwischengastusch. Das Getriebe patscht den zweiten Gang rein. Einlenken, Gas, korrigieren, und der BMW M2 stroboskopt aus dem Wald auf die weite Ebene. Dann dreht der Motor hoch, dreht höher und noch höher – knapp nördlich von 7.000/min kannst du ihn in den Begrenzer rattern lassen, weil das Getriebe am Limiter nicht hochschaltet – bei Kickdown auch nicht runter. Doch auf der Landstraße schiebt sich der M2 mit der bulligen Kraft seines Drehmoments voran.

Wir sollten noch erwähnen, dass der M2 wie alle 2er Coupés genug Platz, beste Bedienung, sorgsame Verarbeitung und ordentliche Assistenzsysteme hat. Dass der Verbrauch mit 10,7 l/100 km erstaunlich günstig, der Preis 56.700 Euro verblüffend erreichbar, und die Ausstattung reich ist. Und dass es heißt, manche Kunden, die ihn bestellt haben, müssten bis 2018 auf ihn warten. Aber, Freunde, das Warten lohnt – keine Angst.

Vor- und Nachteile

Karosserie
  • gutes Platzangebot vorn, ausreichendes im Fond
  • für ein Coupe großer, variabler Laderaum
  • hochwertige, solide Verarbeitung
  • sehr gut strukturierte Bedienung
  • gute Rundumsicht
  • hohe Verwindungssteifigkeit
  • Fahrwerkspoltern
  • niedrige Frontschürze

Vor- und Nachteile

Fahrkomfort
  • bequeme Sportsitze mit sehr gutem Seitenhalt
  • optimale Sitzposition
  • auf kurzen Unebenheiten sehr straffe Federung
  • stets präsenter Motor, aber...

Vor- und Nachteile

Antrieb
  • ... kultivierter, drehfreudiger, durchzugswuchtiger Motor
  • sehr hohe Fahrleistungen
  • perfekt gestuftes Getriebe
  • -

Vor- und Nachteile

Fahreigenschaften
  • brillantes Handling
  • grandiose Lenkung
  • hoher Grenzbereich
  • ESP lässt in Zwischenstufe Übersteuern zu
  • reagiert bei deaktiviertem ESP giftig auf Lastwechsel

Vor- und Nachteile

Sicherheit
  • hervorragende Bremsen
  • knappes Angebot an Fahrerassistenzsystemen

Vor- und Nachteile

Umwelt
  • angesichts der Fahrleistungen günstiger Testverbrauch
  • hoher Norm-CO2-Ausstoß

Vor- und Nachteile

Kosten
  • vergleichsweise günstiger Grundpreis
  • gute Serienausstattung
  • langes Inspektionsintervall
  • hohe Versicherungskosten
  • nur zwei Jahre Garantie

Fazit

„Ein grandioser Reihensechser, ein übersteuerungsbegeisterter Hinterradantrieb, eine brillante Lenkung, kaum Verstellkrims oder Elektronikkrams: Dem BMW M2 Coupé gelingt pures Fahrvergnügen, weil er ein reiner Sportwagen ist.“

Tabelle (techn. Daten)

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