Als Stammleser wissen Sie ja längst, dass es uns für fahrromantische Stunden regelmäßig hinaus in die Wälder zieht. Ein Beispiel, wohin wir uns bevorzugt zurückziehen, zeigt die Fotostrecke dieses Vergleichs – auf Straßen, die gerade so durch zwei Baumreihen hindurchpassen und deren Kurvenausgänge schnurstracks im Dickicht zu enden scheinen. Unsere Lieblingsstrecken sind schmal und erbärmlich asphaltiert, schlängeln sich in wirrem Verlauf über Kuppen, Hügel und Berge.

Zwischendurch darf sich die Sicht gerne weiten und das Feld öffnen, solange am Horizont schon der nächste Baumbestand grüßt. Denn wo Wald ist, da sind meistens Erhebungen. Und Erhebungen wollen umkurvt werden. Und Kurven sind die Essenz des aktiven Autofahrens. Jenem haben sich die hier getesteten BMW M135i und Mercedes-AMG A 35 verschrieben –weshalb wir mit ihnen schnurstracks zu unseren Lieblingskurven aufgebrochen sind.
Topmodell und Einsteiger
Was ein Glück, die Bedingungen sind hervorragend: Die Sonne scheint, der Asphalt greift, und die Temperaturen reichen aus, damit sich die Reifen nicht erkälten. Für schwierige Traktionsaufgaben sind beide Testwagen serienmäßig mit Allradantrieb ausgerüstet. Bei Bedarf eilt die Hinterachse zu Hilfe und überträgt einen Teil der Kraft. Apropos Kraft: 400 Nm drückt der Zweiliter-Turbo im AMG auf die Kurbelwelle, sogar 450 liefert der BMW. Beide leisten 306 PS.
Beim 1er handelt es sich um das Topmodell der Baureihe, bei der A-Klasse dagegen um die Einstiegsvariante von drei erhältlichen AMG-Modellen. Dieser Unterschied wird im Laufe der Bewertung noch wichtig, denn er sagt viel über den Charakter der beiden Kontrahenten aus.

Ähnlich wie der M135i wurde der A 35 gegenüber den schwächeren Modellen aus der gleichen Reihe in der Karosserie versteift – etwa am Übergang von der A-Säule zum Vorderwagen, jenem bei Frontmotorsportlern kritischen Bereich. Er muss starke Krafteinwirkungen aushalten. Verwindungen an dieser Stelle erspürt der Sportfahrer als mangelnde Chassis-Präzision. Selbst auf dem miserabelsten Abschnitt unserer schlechten Straße zeigt der A 35 übrigens nichts dergleichen, obwohl ihm die Domstreben der Top-AMG fehlen. Ebenso deren breite Spur.
Generell ist der Antrieb des A 35 jenem der normalen A-Klasse konstruktiv näher als dem der übrigen AMG-Varianten: Der A 35 hat den per Twin-Scroll-Lader aufgeblasenen Konzern-Zweiliter des A 250 unter der Haube, während die beiden A 45 ein AMG-eigenes Triebwerk erhalten. Außerdem verfügen sie über ein komplexeres Allradsystem, das das Drehmoment an der Hinterachse bevorzugt ans kurvenäußere Hinterrad leiten kann. Beim A 35 wird dagegen wie beim M135i die Kraft maximal paritätisch zwischen vorne und hinten verteilt.
So viel zur Theorie. In der Praxis beweist AMG, dass sich selbst mit dieser relativ schlicht aufgebauten 4x4-Konstellation eine äußerst spaßige Auslegung abstimmen lässt – beispielsweise mit unmerklichen ESP-Eingriffen am kurveninneren Vorderrad. Minimale Bremsimpulse reichen bereits aus, um dem Chassis einen Rotationsimpuls um die Längsachse mitzugeben. Sprich: Sobald der Fahrer einlenkt, dreht der aufmerksame A 35 schon in die Kurve ein.

An der kurzen Leine
Das fühlt sich kompetent an, so als hätte der Allradantrieb ein Kurven-Kompendium mit Reflex-Empfehlungen eingespeichert, das er blitzschnell abruft. Allerdings zeigt er sich dabei nicht so heckagil wie sein A-45-Bruder, der sogar driften kann. Entscheidend ist aber, dass der AMG niemals so auffallend frontlastig in den Grenzbereich vorstößt wie der BMW. Der hält seine Hinterachse an einer derart kurzen Leine, dass sie fahrdynamisch praktisch nie in Erscheinung tritt.
Die Vorderräder müssen den größten Teil der Arbeit erledigen, was sie auf rutschiger Straße über die Grenze ihrer Belastbarkeit bringen kann. Dann untersteuert der 135i. Genau hier dürften sich einige Markenjünger enttäuscht abwenden. Ein M, der über die Ideallinie hinausschiebt? Das konnte der Vorgänger besser.
Relativierend sollte man an dieser Stelle einflechten, dass der hochverehrte verflossene M140i nur in der rückblickenden Verklärung eine Driftmaschine war. Tatsächlich ließen sich seine angetriebenen Hinterräder nur mit Tricks zum Ausfallschritt animieren, denn das Heck fläzte sich ziemlich bräsig auf der Straße.

Nein, eine ausgelassene Hinterachse zeichnete dieses Modell sicher nicht aus – eher schon der temperamentvolle Sechszylinder unter der Vorderhaube. Leidenschaftlich blies der 140i sozusagen nur von vorn. Wer den heißen Atem eines M auch im Nacken – sprich Heck – spüren wollte, musste und muss zum deutlich teureren M2 greifen.
AMG dagegen beweist, dass das Konzept Frontantrieb-mit-Anhang durchaus zu augenerleuchtendem Fahrspaß taugt. Um es deutlich zu formulieren: Der A 35 lässt den M135i ziemlich blass aussehen. Die Fahrdynamikwerte unterstreichen diese These. Wobei die höheren Tempi bei Slalom und Ausweichtest den Unterschied nur ansatzweise wiedergeben, denn sie werden auf dem topfebenen Testgelände ermittelt.
Darauf fehlt es dem BMW nicht wirklich an Performance – es fehlt ihm vielmehr an Leidenschaft im freien Feld. An der Entschlossenheit im Schlagabtausch mit den Bodenwellen. An der Beharrlichkeit, alle vier Räder in der Traktion zu maximieren. Und an Entertainment, das man für rund 50.000 Euro erwarten darf.

Viel AMG, aber wenig M
Aus der Sicht des Mercedes formuliert liest sich das folgendermaßen: Seine Lenkung informiert redseliger, und ihre Botschaften werden lauter, je mehr Informationen anliegen. Sie berichtet auch, dass die Vorderachse verbissener grippt und die Hinterachse sich hartnäckiger abstützt. In Kurven kommuniziert sie praktisch unentwegt mit dem Fahrer und ist damit der Multiplikator des AMG schlechthin. Was die Lenkung nicht weiß, findet schlicht nicht statt.
Die Bremsanlage packt entschlossener zu, der Vierzylinder feuert heißer gegen den Begrenzer und klingt dabei lebendiger. Zudem – auch das zählt zur Kunst, ein sportliches Auto abzustimmen – federt das Fahrwerk sanfter, nimmt Bodenwellen entsprechend besser auf und liegt dadurch auf schlechten Straßen ruhiger. Kurz: Der A 35 hat viel AMG in sich, der 135i aber nur wenig M.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Für sich betrachtet hat BMW ein gutes Auto auf die Räder gestellt. Es ist übersichtlich, bietet rückenstützende Sitze, kommt auf Wunsch mit enormer Multimedia-Ausstattung zum Kunden, tritt im mittleren Drehzahlbereich äußerst satt an, benötigt dennoch weniger Sprit als der Konkurrent – im Testdurchschnitt 8,8 statt 9,1 Liter je 100 Kilometer.

Positiv und punkterelevant
Einen ausgesprochen leichten Gasfuß vorausgesetzt, lässt sich der M135i sogar mit 6,6 l/100 km bewegen, sollte man es etwa während einer Urlaubsreise auf eine möglichst hohe Reichweite anlegen (Mercedes: 6,9 l/100 km). Außerdem ist der BMW günstiger im Unterhalt sowie serienmäßig besser ausgestattet als der AMG – auch wenn dieser Testwagen mehr Extras an Bord hat.
Sie merken schon: Wir zählen hier durchaus positive und punkterelevante Attribute auf, deren Wichtigkeit keinesfalls geschmälert werden soll; sie beschreiben ganz hervorragend ein kräftiges Vernunftsmodell. Aber sie machen ein als Hot Hatch gedachtes Modell nicht unbedingt zum heiß begehrten Bestseller.
Die Pluspunkte des M135i sprechen vorwiegend das Hirn an, weniger das Herz. Doch dort sitzt die Entscheidungshoheit für oder gegen ein Auto, das angesichts seiner geringen Abmessungen einen erstaunlich großen Batzen Geld kostet.
Stellte man uns deshalb am Ende vor die Frage, mit welchem der beiden Kompaktsportler wir lieber auf ein romantisches Schäferfährtchen hinaus in die Wälder aufbrechen würden, so wäre die Antwort folgende: Wir hätten gerne den Sieger dieses Vergleichstests – den AMG A 35.
BMW M135i xDrive | Mercedes AMG A 35 Kompaktlimousine 4Matic Mercedes-AMG | |
Grundpreis | 55.400 € | 47.432 € |
Außenmaße | 4319 x 1799 x 1434 mm | 4419 x 1796 x 1440 mm |
Kofferraumvolumen | 380 bis 1200 l | 355 bis 1195 l |
Hubraum / Motor | 1998 cm³ / 4-Zylinder | 1991 cm³ / 4-Zylinder |
Leistung | 225 kW / 306 PS bei 5000 U/min | 225 kW / 306 PS bei 5800 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 4,7 s | 5,0 s |
Verbrauch | 6,3 l/100 km | 7,4 l/100 km |
Testverbrauch | 8,8 l/100 km | 9,1 l/100 km |