Keine Sorge. Wir quälen Sie jetzt nicht mit der x-ten Story zu Fahrverboten, Abschalteinrichtung und Strafzahlungen. Wir gehen das Streitthema Diesel vielmehr von der nüchternen Seite an. Oder besser von der sportlichen Seite. Fangfrage: Was taugt ein gebrauchter Power-Diesel in einem Sportwagen? Die Wahl fällt ganz automatisch auf den Alpina D4, ein schickes Mittelklasse-Coupé mit ordentlich Schmalz unter der Haube. 350 PS und 700 Newtonmeter sind ansehnliche Werte, die in diesem Segment kein anderer Hersteller bieten kann. Zumindest nicht während der Bauzeit des Alpina D4 (2014 bis 2018).
AMG hat sich schon längst von den starken Dieselautos verabschiedet, Porsche war hier nur mit Panamera und seinen SUV vertreten. Letzteres galt auch bei Audi, wo man erst jetzt in Gestalt des neuen S5 mit einem kraftvollen Diesel lockt. Und BMW? Auch präsent, aber als 335d respektive 435d mit 313 PS schwächer als die Alpina, die ja exakt auf diesen Autos basieren.
Der erste BMW Alpina D3 war ein Vierzylinder-Turbodiesel mit überschaubaren 200 bis 218 PS, er werkelte im E90/91. Bei den Nachfolgemodellen schmiss Alpina das Programm über den Haufen. Nicht nur der 3er F30/31, sondern auch der neue 4er F32/33 kam als Diesel mit sechs Töpfen. Der intern N57D30 genannte Dreiliter-Biturbo treibt D3 (ab 2013) und D4 (ab 2014) an – und er wuchert mit 350 PS und satten 700 Newtonmetern.
Von der Theorie zur Praxis: Bei Koberstein Automobile in Schorndorf parkt zwischen diversen Sportwagen und SUV von Porsche ein schicker Alpina D4. Verkäufer Thomas Jansen: "Wir hatten einen optisch fast identischen B4, den hat sich recht schnell ein Alpina-Sammler gesichert. Den D4 wollte er nicht haben. Er ist der Ansicht, ein Alpina mit einem Diesel sei kein echter Alpina!" Was zu beweisen wäre. Ein Blick auf das Preisschild: 37.350 Euro soll das Coupé kosten. Erstzulassung 11/2014, zwei Vorbesitzer, lückenloses Scheckheft, frischer Service, gute Bereifung und erst 41.000 Kilometer. Die Ausstattung inklusive Head-up-Display und Soundsystem lässt keine Wünsche offen. Ebenso wenig wie die klassische Optik mit der Lackierung in Alpinablau metallic, Deko-Set in Silber und den wunderschönen Alpina-19-Zoll-Classic-Rädern. Dazu passt die helle Leder-Innenausstattung.
Wohlig-warmes Wüten

Der Fahreindruck steht dem in nichts nach. Zur Begrüßung gibt es wohlig-warme Klänge aus dem Inline-Six. Er massiert Seele und Körper gleichermaßen. Für den Dreiliter sprechen Kraft im Überfluss und feinste Manieren. Richtig Freude kommt im manuellen Getriebemodus auf, wenn man das volle Drehmoment auskosten kann. Kurz gesagt: Der Biturbo arbeitet nach dem Motto "Wo rohe Kräfte gediegen wüten".
Tempo 100 ist in unter fünf Sekunden abgehakt, und auf der Autobahn sind 278 km/h möglich. Okay, der Tacho mit 330 als Endwert trägt etwas dick auf, doch der D4 lässt viele, bei Tempo 250 abgeregelte Autos alt aussehen. Der Verbrauch? Mit rund zehn Litern Diesel kommt man hin. Gerade Langstreckenfahrer wissen die moderaten Werte und die tolle Reichweite zu schätzen. Von "Eco Pro" bis "Sport Plus": Achtgangautomatik und Fahrwerk können vierstufig zugespitzt werden. Auch der Alpina D4 ist kein knallharter Kurvenbolzer. Selbst in "Sport Plus" bleibt ein brauchbarer Komfort übrig. Dennoch bietet die Vorderachse auch bei flotter Landstraßenjagd richtig Grip – und das trotz moderater 245er-Bereifung vom Typ Michelin Pilot Super Sport.
Die Lenkung: mit passenden Haltekräften gesegnet, aber etwas mehr Rückmeldung täte gut. Leider hat der Erstbesitzer vergessen, die 1.590 Euro teure Hinterachssperre anzukreuzen. Heißt: Wer mit deaktiviertem DSC und schwerem Gasfuß durch enge Kurven heizt, spürt, wie der innere 265er-Reifen durchdreht. Powerslides sind ohnehin schwierig. Das dieseltypisch schmale Drehzahlband steht derartigen Ambitionen entgegen. Und bevor Sie fragen: Nein, den xDrive-Allrad gab es für den D4 nicht, dafür beim D3 Touring. Kurios: Ein BMW Alpina D4 war nie bei sport auto im Test, dafür hatten wir einen D3 Biturbo Allrad als Kombi zu Gast. Mit ihm absolvierten wir vergnügliche, störungsfreie 60.000 Kilometer.
Genau. Störungen? Ja, finden sich in diversen Internet-Foren. Aber es ist nichts Weltbewegendes. Frühe Baujahre konnten durch Kühlmittelverlust Ärger bereiten. BMW schuf die Probleme mit einem Rückruf aus der Welt. Getauscht wurden die Ventile und Kühler der Abgasrückführung. Das betraf jedoch nicht nur die Alpina, sondern auch vergleichbare BMW-Varianten. Ebenso rief BMW Autos bis Baujahr 2016 wegen fehlerhafter Steuergeräte der elektromechanischen Lenkung zurück. Vereinzelt ist bei den Allradlern auch ein Ruckeln des Verteilergetriebes zu beklagen. Sonst gibt es nicht viel. Generell gelten die BMW-Modelle F30/31/32/33 als haltbar.
Quo vadis, Diesel? Im Falle der starken Alpina-Modelle muss die Antwort deutlich ausfallen: Wer hier mitgeht, macht nichts falsch.