BMW 128ti, Ford Focus ST, VW Golf GTI im Test

BMW 128ti, Ford Focus ST, VW Golf GTI im Test
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Wo steht der neue Sport-1er im Vergleich?

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Antriebsarm, schwunglos, querdynamikmüde? Das muss nicht sein. Pfeifen Sie sich doch mal eine hochdosierte Kompaktwagendröhnung rein. Bekannt und bewährt in den Geschmacksrichtungen ST und GTI. Neu am Start: der 128ti von BMW.

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Allen, die pünktlich zum Carfreitag-Morgengrauen ihre Jahreskarte greifen, um sich vor der Schranke einzureihen, müssen wir nix erzählen. Allen anderen nur so viel: Der BMW 2000ti wird ewig Erster bleiben. Als Premierensieger beim 24-Stunden-Rennen 1970 auf dem Nürburgring, als Stuck und Schickentanz ihn mit zwei Runden Vorsprung auf Platz eins trieben.

Das Kürzel für Turismo Internazionale gab es schon seit 1963, doch erst mit dem 2002 fand es seine Bestimmung. So nachhaltig, dass die BMW-Jungs es mal wieder reaktivieren, unter freudigem Wiehern von Marketing/Controlling. Ein paar fesche Ziernähte, Schriftzüge und Plastikfolklore, dazu Fahrwerksmodifikationen plus zarte Motor-Kur für den Einser: macht 44.600 Euro – plopp, macht der Controller-Schampus.

Überhaupt ploppt der 128ti mit 265 PS exakt zwischen seine Geschwister und mittenhinein ins Feld der energischen Frontscharrer. Zu einem Preis, der sich stramm nördlich orientiert. Vorbei die Zeiten, wo man für 30.000 Euro schon voll bei der Musik war. Neben dem BMW geht der VW Golf GTI mit knapp 40.000 Euro fast als Kassenmodell durch. Und erst der Ford Focus ST: Inklusive sämtlicher Pakete bleibt er noch unter 40.000 Euro. Nicht billig, aber preiswert – was noch Geld für eine Ring-Jahreskarte ließe.

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BMW 128ti: Achtgang-Wandlerautomatik, 265 PS, 400 Nm, 0–100 km/h in 6,1 s, Vmax 250 km/h, ab 44.600 Euro.

Womit wir die öde Zahlenschubserei lassen und zum Warmwerden über den Hockenheimring toben. Der Ford röhrt aus der Boxengasse auf die erste Rechts zu, rein – und steht gleich mal quer. Die Michelins möchten bitte noch warmmassiert werden, wobei der 280 PS starke 2,3-Liter mit der knackigen Sechsgang-Handschaltung (Schaltwegverkürzung: sieben Prozent) hilft. Noch keine Gänsehaut? Wie wäre es dann mit der elektronisch gesteuerten Differenzialsperre von Borg Warner, die bis zu 100 Prozent Antriebsmoment ans jeweils gripstärkere Rad schickt? Und das sogar präventiv, damit kein Newtonmeterchen an den Pilot Sport 4S verschlupft.

Härchen stehen? Gut, spätestens jetzt feuert der ST unter bassiger, Fünfzylinder-ähnlicher Soundnote (unterstützt vom 675-Watt-Stereo von B & O mit Doppelschwingspulen-Subwoofer für läppische 150 Euro) zielstrebig durch Parabolika und Sachs. Zwar braucht er für maximalen Punch immer etwas Drehzahl, doch zwischen 2.500 und 5.500 kommst du aus dem Grinsen nicht mehr raus.

Handschaltung. Schön!

Beim Runterschalten ersetzt er in den Sportmodi S und Rennstrecke Hacke-Spitze-Virtuosität durch automatische Zwischengas-Tapser. Handschaltung. Hach, klasse. Bissige Lenkung, auch klasse. Ford hat bei Abstimmung (modifizierte Achsgeometrie, kürzere Übersetzung) und Lenkkraft seine eigene Handschrift. Direkt, mit festem Feedback und prägnanter Rückstellkraft.

So feuert der Focus ohne nennenswertes Untersteuern durch Kurven aller Art von Spitzkehre bis Parabolika. Der ST bleibt auf Linie, markiert das Limit eindeutig durch hochfrequentes Reifenquetschen, wirkt die ganze Zeit eindrehwillig. Als ob sein Zentrum tatsächlich in der Mitte läge und er sich darum bewegte. So geht es mit leicht ausgestelltem Heck in die Kurve rein und mit rauflustiger Diffsperre wieder raus. Der ST bleibt stets gut gelaunter, ehrlicher Kumpel, der die Lastwechsel-Sperenzchen früherer Generationen abgelegt hat.

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Ford Focus ST: Sechsgang-Handschaltung, 280 PS, 420 Nm, 0–100 km/h in 6,3 s, Vmax 250 km/h, ab 37.400 Euro.

Trotz Adaptivdämpfern liegt ihm anbiedernde Landstraßen-Kuschelei fern, er stellt Unebenheiten ehrlich durch, ohne zu nerven. Obwohl beim Sprint auf Tempo 100 eine gute halbe Sekunde zur Werksangabe fehlt, wirkt Vitamin ST hochdosiert, packt mit haltstarken, fest gepolsterten Recaro-Sitzen zu, bietet ordentlich Platz bei eher mittelprächtiger Materialanmutung, weitgehend traditioneller Bedienung und analogen Instrumenten mit Ladedruckanzeige. Old School? Ja, danke dafür.

Im Zier und Jetzt

Der BMW 128ti hingegen möchte unter anderem mit Digitalinstrumenten und serienmäßiger Automatik Fahrerherzen brechen. Na ja, und mit dem momentan wohl besten Bedienkonzept inklusive redundanter Wege zum gewünschten Ziel per Dreh-Drück-Steller, Tasten sowie Touchscreen. Plus einem speziellen Gaudi-Menü? Äh, nein. Das müssen Ziernähte, seitenhaltige Sportsitze und die appetitliche Innenraumanmutung samt metallischem Dekor rausreißen. Gänsehaut? Noch nicht so richtig. Aber vielleicht nach dem Start, schließlich gilt es aufm Platz. Sportmenü ist aktiviert. So beschleunigt der kultivierte, drehfreudige Zweiliter undramatisch und beliebig tönend in 6,1 Sekunden auf 100 km/h, effizient unterstützt von der wandlertypisch verschleifenden Aisin-Achtgangautomatik ohne jedes Drama. Flott, ja, aber irgendwie gelingt es dem Antrieb, das Lustzentrum von Hot-Hatch-Fans so gekonnt zu umkurven wie fränkische Politiker unbequeme Wahrheiten.

Ohne beim Handling endlich in die Bütt zu gehen: Ambitioniert hergenommen untersteuert der ti spürbar, mag sich des Kurvenverlaufs nie ganz annehmen und überträgt das auf seinen Piloten. Egal welcher Fahrer, so richtig innig wird es nie hinterm dicken M-Lenkrad. Die Lenkung arbeitet zwar mit passendem Handmoment (bei spürbaren Antriebseinflüssen), liefert aber weder knackige Rückmeldung noch willige Brisanz. Auch die Sportbremse wird mit dem teigigen Druckpunkt ihrer Vierkolben-Festsättel an den 360er-Scheiben vorn nicht gerecht. Immerhin bleibt die Hinterachse sicher auf Kurs, Lastwechselquersteher stehen beim ti nicht auf dem Zettel. Dabei ist sein M-Sportfahrwerk (zehn Millimeter Tieferlegung, steifere Stabis, vorgespannte Lager, keine Adaptivdämpfer) straff abgestimmt, wirkt bei mittleren Geschwindigkeiten regelrecht hoppelig. Immerhin arbeitet die Torsen-Vorderachssperre mit 31 Prozent Wirkung in Schub- und 26 in Zugrichtung hilfreich, ohne unter Last allzu sehr in der Lenkung herumzufuhrwerken. Wobei das manchmal – an einsamen Sonntagmorgen so zwischen neun und elf – ganz reizvoll sein kann.

Mal was auf die Seite legen Vielleicht sollte sich der ti ein Beispiel an Hans-Joachim Stuck (damals 19) nehmen, der nach seinem Premierensieg auf dem Nürburgring 5.000 Mark und einen Eifelland-Wohnwagen mitnahm. Und Letzteren auf der Heimfahrt direkt auf die Seite legte. Ja, Freunde, so geht Euphorie. Deshalb bekam er auch einen neuen. Den er, laut seiner Biografie, später stundenweise an Kollegen vermietete. Egal, die Abendsonne seiner Karriere erlebt er, also Stuck, bei VW. Womit wir geschmeidig zum GTI überleiten. Der ebenfalls auf eine langjährige Karriere zurückblickt – hügeliger als seine Heimatregion (Elm: 323 m). Vom konspirativen 110- PS-Projekt mit Golfball-Schaltknauf zum durchdigitalisierten 245-PS-Allrounder. Dazwischen: unter anderem sehenswerte Generation-5-Werbe-clips mit Peter Stormare, in denen auch Focus plattgemacht wird.

Ob das dem GTI in diesem Test wieder gelingt? Vorgelegt hat der ST reichlich, das Grinsen klebt noch im Testergesicht. Doch schon zwei, drei Kurven später weicht es schallendem Lachen. Junger Vatter, wie der Schwabe sagt, was haben sie dem unschuldig weißen WOB-GO 359 denn da reindosiert? Vitamin GTI wirkt, sofort und ohne Nebenwirkungen. Dafür sorgt schon EA888 evo4 samt seinem Siebengang-DSG. Die 245-PS-Combo schiebt unter energischem Sound an wie ein Sauger alter Schule, bloß mit druckvoller und harmonischer Leistungsentfaltung.

Bei diesem GTI passt – alles

© Rossen Gargolov

VW Golf GTI: Siebengang-DSG, 245 PS, 370 Nm, 0–100 km/h in 6,2 s, Vmax 250 km/h, ab 39.230 Euro.

Erste Kurve. Anbremsen, einlenken, durch, raus. Wow. Was war das jetzt? Anderswo musst du dich erst mal rantasten, von oben oder unten, je nach Typ. Der GTI hingegen fährt blitzsauber, sauschnell, liegt wie ein Brett und macht in jeder Kurve eine gute Figur. Na, haben Sie alle Plattitüden gefunden? Super. Zurück auf die Piste: Allein das Bremspedalgefühl, die Verzögerung und die Rückmeldung der Lenkung vom ersten Anlenken bis zum Ertasten des Grenzbereichs der Vorderräder: klasse. Das Package passt – von den gripstarken Bridgestone Potenza S005 über die Lenkungsapplikation und Feder-Dämpfer-Einheiten bis hin zu Lamellen-Differenzialsperre und elektronischer Dynamik-Regelung samt Fahrdynamikmanager. Das gilt für vollen, reduzierten oder deaktivierten ESC-Schutz.

Ja, aber auf der Landstraße wird es ungemütlich, oder? Im Gegenteil. Der Golf, einen Zentner leichter als der BMW, kann es halt, Niedersachse eben, sturmfest und erdverwachsen. Auf der zerfurchten Hausstrecke den Individualmodus auf den Touchscreen holen, alles auf Sport, nur die Dämpfer je nach aktueller Streckenbeschaffenheit in 15 Stufen justieren, fertig. Beim Clubsport verkaufen sie das als eigenen Nürburgring-Modus, doch Konfigurations-DIY funktioniert genauso und erschließt dem GTI damit sogar verwunschene Landes- und Kreisstraßen.

Apropos: Wer komplett auf Comfort setzt, genießt Top-Reisekomfort samt passender Ergonomie, Assistenzen, Platz und (wie bei den Mitstreitern) hervorragendem Matrixlicht. Da kann man sogar über die nach wie vor gewöhnungsbedürftige Bedienung, die preisbewusst-schaumstoffigen Stoffsitze und das irgendwie dünnhäutige, plastikhafte Interieur hinwegsehen. Stattdessen vielleicht sogar auf die Nordschleifen-Schranke. Nicht nur am Carfreitag.

Alle drei streuen nach oben

© Rossen Gargolov

0,2 Sekunden trennen die drei bei der Beschleunigung auf 100 km/h. Der Ford weicht trotz Launch Control am stärksten von der Werksangabe ab. Automaten haben es da anscheinend leichter.

Gute Nachrichten für Fahrer von BMW 128ti, Ford Focus ST und VW Golf GTI: Unter ihren Hauben stecken keine Mogelpackungen, sondern durchtrainierte Vierzylinder. Alle drei erreichen nicht nur ihre Werksangaben, sondern übertreffen sie. Die größte Streuung liefert der BMW mit 26 Extra-PS, was einer prozentualen Abweichung von 9,7 Prozent entspricht, dicht gefolgt vom VW Golf GTI mit 9,1 Prozent. Lediglich der Ford bleibt mit 4,4 Prozent innerhalb der erlaubten fünf Prozent Fahrzeug- plus zwei Prozent Messtoleranz. Immerhin schaufelt er 292 PS und 458 Newtonmeter, deren Maximum auch beim Fahren spürbar etwas später anliegt als bei der Konkurrenz. Dennoch drückt der 2,3-Liter schon bei niedrigen Drehzahlen mehr als die beiden Zweiliter.

Obwohl alle drei jeweils per Monoturbo aufladen, unterscheiden sich ihre Kurven sichtbar. Am meisten überrascht das bei den hubraumgleichen BMW und VW. Wo der 128ti sich bei 4.500/min zu einem zweiten Wind aufrafft, fällt das Drehmoment beim GTI konstant ab. Auch die Leistungskurve des drehfreudigen EA888 evo4 verläuft niedriger als die der anderen zwei. Beim Fahren sind die Kurvenverläufe bis auf den Ford nicht zu spüren. Auch nicht, dass das Drehmoment des VW erst 1.000/min später zur Verfügung steht als versprochen. Überraschend: die unterschiedlichen Leistungsverluste vom Motor zum Rad: Ford knapp 25, BMW 27 und VW 31 Prozent. Dennoch tunnelt der GTI als Einziger seine Beschleunigungs-Werksangabe – um 0,1 Sekunden, der handgeschaltete ST verfehlt sie um 0,6 Sekunden.

Fazit

1. VW Golf GTI
648 Punkte

Daumen hoch für diesen GTI, der Leistung, Lenkpräzision, gefühlsechtes Handling und überzeugenden Komfort zum annehmbaren Preis liefert. Bedienung? Geht so … .

2. Ford Focus ST
624 Punkte

Handgeschaltet, turbodrückend und spürbar differenzialgesperrt packt dich der ST in seine Recaros und lässt nicht mehr los. Energische Fahrfreude zum fairen Preis.

3. BMW 128ti
604 Punkte

Ein bis auf die zu harte Fahrwerksabstimmung gelungener Kompaktwagen zum stattlichen Preis. Wenig fahrdynamisches Begeisterungspotenzial. Passend wäre „ti-Line“.

Tabelle (techn. Daten)

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