Wissen Sie was, eigentlich sollten wir das ganze Messgerümpel direkt rausrupfen, sollten uns irgendwo ins Grüne verkrümeln, uns über jede Kurve Löcher in unsere Bäuche freuen und die leidige Entweder-oder-Fragerei mit einem simplen Sowohl-als-auch beantworten – einfach weil es so herrlich ist, dass es zwischen all den Performance-Pedanten noch Autos wie diese gibt. Welche, die zum Abrasieren von Zehntelsekunden entwickelt wurden, aber auch zum Auskosten der Zeit, die übrig bleibt.

Die Krux: Hierzulande mag man es objektiv, will Punkte vorgerechnet bekommen und nicht nur wissen, wie toll die beiden sind, sondern welcher toller – oder besser noch: welcher nicht ganz so toll ist, und sei es nur, um dem verfeindeten Fanboy-Lager sozialmedial eine reinzuwürgen. Also schimpfen wir den Audi TT RS für seine tollpatschige ABS-Regelung, wettern gegen sein DSG, das weiterhin tranig auf Eingriffe reagiert, und finden den BMW-Innenraum öde – und zwar, weil er im Gegensatz zu anderen Ms keine Lampenskala im Drehzahlmesser hat, sich die DKG-Schaltzeiten nicht wie sonst üblich modusunabhängig einstellen lassen und weil die Öltemperaturanzeige recht lieblos in den Bordcomputer gemanscht wurde – in dieses fitzelige Display, das sich auch noch dort breitmacht, wo eine Ganganzeige in vernünftiger Schriftgröße hingehört!
Kurz durchatmen, der Pro-forma-Rüffel ist noch nicht vorbei. Denn zu allem Überfluss ist der BMW M2 auch noch recht proper geraten, 1.562 Kilo wiegt er, rund 90 mehr als sein Mitbayer, was ihn – und damit wollen wir’s gut sein lassen – aber weniger in seiner Großartigkeit beschränkt, als vielmehr die Frage aufwirft, wie viel großartiger er mit etwas weniger Gewicht noch wäre.
Drei Maß verteilt auf sechs Halbe im M2
Die Antwort darauf wird demnächst eine GTS-Version geben, bis dahin nehmen wir den M2 aber überaus gern so, wie er ist. Sein Reiz liegt in der wunderbar bekloppten Idee, Teile von größeren Autos in kleinere zu pfropfen. In seinem Fall sind das die Achsen des M3/M4-Konsortiums, die er sich in voller Spurweite einverleibt – inklusive des Aktivdiffs, allerdings ohne die Adaptivdämpfung. Heißt: Egal in welche Richtung man das Fahrerlebnis kippschaltert, es bleibt stets hoppelig an Bord. Ein Umstand, der sich jedoch eher anregend als zermürbend auf das Fahrgefühl auswirkt. Offenbar. Allzu viele Eindrücke aus dem Bummelbetrieb sind jedenfalls nicht überliefert. Es heißt, der Doppelkuppler würde im Comfort-Programm gekonnt die Drehzahl flach halten. Außerdem wird von anderen Redaktionen dieses Hauses das Gerücht verbreitet, der M2 könne auch diesseits unseres Testschnitts bewegt werden. Liebe Kollegen, muss ich mir Sorgen machen?
Allein dieser Motor – ein Hochgenussmittel nach altbayerischer Tradition. Drei Maß verteilt auf sechs Halbe, malzig im Schub, drehzahlsüffig und auf erfrischende Art berauschend – halt a Pracht, hollara-di-riad-dei.
Gezapft wird über die Hinterachse, eh klar, wobei Stehvermögen und Turbodruck hier besser passen als in M3 oder M4. Statt zwei Monoscroll-Turbos setzt der Dreiliter im M2 nur einen Twinscroll-Lader ein, statt bis zu 460 PS kommen (bislang) maximal 370 hinten raus, und während die M4-Hinterachse vor Kraft schon mal überschäumt, ziehen die Michelins und die 465 Nm hier von Anfang an einem Strang. Voraussetzung: Man muss der Launch Control die optimale Drehzahl als Startrampe vorwählen. Empfehlung: 2.600/ min Ladedruck aufstauen, abfeuern. Ein klitzekleiner Zucker im Po, und die Luzie geht ab. Untenrum spürt man den feisten Drang der Lader, dann stretcht sich der Schub saugmotorlike bis 7.000, wo der Doppelkuppler, zackbumm, den nächsten Gang einspannt. Zweimal wird nachgeladen, dann stehen die Vierfünf auf 100 und beide Mundwinkel auf Ohrwaschelniveau. Allermindestens.
Audi TT RS mit mehr Drehmoment
Der TT RS entfacht ein ähnliches Feuerwerk, kommt aber anders rüber dabei. Rein formell ist er der sportlichere der zwei. Tiefere Sitzposition, besserer Schwerpunkt, knappere Überhänge, kompaktere Schale. Doch während der BMW M2 sein Drehmoment eher durchzustrecken scheint, ballt es der Audi zur Faust – vor allem in den kleinen Gängen. Der dicke Lader braucht ein paar Umdrehungen mehr, um Schwung zu holen, schaufelt aber mehr Drehmoment hervor – exakt 480 Nm, für die es dank des Allrads kein Entrinnen gibt. Wie beim BMW ist der Antrieb aber mehr als nur ein Mittel des Zwecks, sondern auch die DNA-Spur in die Markentradition.

Der Unterschied ist nur, dass Audi dieser rote Faden um ein Haar verloren ging. 13 lange Jahre lag der Fünfzylinder-Mythos brach, als man ihn 2009 wiederentdeckte – in den USA, wo der Stiefsohn der einstigen Rallye-Legende VW Jetta über Highways zog. Sein sportliches Comeback feierte der 2,5-Liter im TT RS, mit dessen zweiter Generation er nun seinen ultimativen Gipfel erreicht, technologisch wie nominell: Er leistet 400 PS, besteht komplett aus Alu und beherbergt diverse Leichtbaukomponenten, die ihm 26 Kilo einsparen, aber nicht viel daran ändern, dass er für den TT nicht nur Herz und Seele, sondern auch die Plauze ist.
Die Unterschiede im Fahrverhalten
Im Gegensatz zu seinen Längsmotor-Ahnen, denen ein Großteil ihrer Zylinderbank als Balkon über die Vorderachse ragte, zwängt sich der TFSI nun zwar als Quermodul zwischen die Vorderräder. Dennoch fläzen von 1.473 Kilo Gesamtgewicht nach wie vor 60,5 Prozent vorn – über acht mehr als beim M2.
Geradeaus ist das schnuppe, logo. Hier lässt der Audi TT RS im Test Traktion und Muskeln spielen, bolzt 0,6 Sekunden schneller auf 100, was umso mehr beeindruckt, wenn man mitkriegt, dass er beim Einkuppeln zum Schutze der Eingeweide das Drehmoment begrenzt.
Beim Bremsen jedoch holt ihn seine untersetzte Statur wieder ein. Trotz Keramikscheiben an der Vorderachse baut er im Verlauf der Verzögerungsserie stärker ab als der stahlgebremste BMW, und auch die Querdynamik entfaltet sich hier nicht wie von allein. Dem M2 ist sein Fahrverhalten buchstäblich in die Wiege gelegt. Er fährt intuitiv, lässt sich mit dem Gasfuß lenken, treibt superneutral ums Eck, untersteuert nur am Limit, nur milde und auch nur, um zu verhindern, dass das Hinterteil garstig auskeilt.
Beim TT ist es genau andersrum. Er ist kein geborener Sportwagen, sondern die Sportwagenausgeburt eines vielzweckmäßigen Baukastenkonstrukts, was eine entsprechende Handhabung erfordert – in zweierlei Hinsicht. Erstens müssen die Ingenieure die Sportlichkeit um die eine oder andere konzeptionelle Hemmschwelle herumentwickeln. Und weil das eben nur in bestimmtem Maße funktioniert, liegt es zweitens am Fahrer, den TT so zu bewegen, dass diese Hemmschwellen der Performance nicht im Wege stehen. Konkret muss man auf zwei Dinge aufpassen: auf die Lastwechselanfälligkeit und darauf, dass man die überlastete Vorderachse nicht zu sehr stresst. Hält man sich daran, fehlen in Hockenheim aber bloß zwei Zehntel auf den günstiger veranlagten BMW.
Körperkontrolle vs. Klangkörper
Und sobald du dich auf Strecken bewegst, die nicht von Kiesbetten und Reifenstapeln gesäumt sind, also jenen, wo man zum äußersten Limit in aller Regel ein paar Quäntchen Abstand lässt, verschwimmen Rundenzeitunterschiede und Handlingdifferenzen ohnehin in der persönlichen Vorliebelei.

Der M2 ist der Typ Serena Williams – ein Pferd von einem Sportler. Nicht sonderlich grazil im Anschein, aber unfassbar beweglich, körperkontrolliert und ausgestattet mit dieser brecheisernen Rückhand, die einen entweder um Kurvenverläufe stemmt, oder ausholt, um einen quer hindurchzuschmettern.
Ganz anders der Audi TT RS im Test. Trotz dynamischer Antriebssteuerung sind ihm derlei Fisimatenten nicht vergönnt. Steif, fad oder gar pomadig wirkt er dennoch nicht. Er lenkt sich legerer als sein stramm angebundenes Gegenüber, agiert genauso präzise und fahrwerkt nicht minder definiert. Resultat: ein fingergespitztes, zugleich recht handfestes Fahrgefühl, mit dem er sich wunderbar der Linie entlanghäkeln lässt. Keine Spur von einer überlasteten Vorderachse, keinerlei Bierbauchigkeitsgefühl.
Dennoch: Die Begeisterung entsteht auf andere Art, weniger durch die fahrdynamischen Handlungsstränge, sondern aus der emotionalen Akustik, die sie untermalt. Im ersten Drehzahldrittel dominiert die Abgasanlage. Sie ferkelt, spotzt und trötet. Nicht besonders stilsicher, nicht besonders charakterstark. Dann aber, kurz vor vier, eruptiert der Fünfzylinder aus der bröseligen Auspuffsuppe – orchestral, voluminös, hell, trotzdem duster und angejazzt von diesem marschmusikalisch-posaunigen Zwischenton, der sich dermaßen naturschauspielerisch ausbreitet, dass man glauben könnte, seine Hochheiligkeit Audi Quattro der Erste hätte ihn höchstselbst eingesungen. Bei aller Reihensexiness, besser als er klingt keiner – keiner in diesem Dunstkreis und nur ganz wenige überhaupt.
Klar ließ sich da auch wieder die Frage aufwerfen, wie viel großartiger das alles noch wäre, würde der TT stärker aus dem Hintern drücken oder flutschiger schalten. Doch auch ihn nehmen wir liebend gern so, wie er ist.
BMW M2 Coupé M2 | Audi TT RS Coupé | |
Grundpreis | 63.400 € | 67.000 € |
Außenmaße | 4468 x 1854 x 1410 mm | 4191 x 1832 x 1344 mm |
Kofferraumvolumen | 390 l | 305 bis 712 l |
Hubraum / Motor | 2979 cm³ / 6-Zylinder | 2480 cm³ / 5-Zylinder |
Leistung | 272 kW / 370 PS bei 6500 U/min | 294 kW / 400 PS bei 5850 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
0-100 km/h | 4,5 s | 3,9 s |
Verbrauch | 7,9 l/100 km | 8,2 l/100 km |