Audi RS7, BMW M6, MB CLS 63 AMG, Porsche Panamera im Test: Auf Speed in vier Reiselimousinen

Audi RS7, BMW M6, Mercedes CLS 63 AMG, Porsche Panamera im Test
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Auf Speed in vier Reiselimousinen

© Achim Hartmann 53 Bilder

Weit über 500 PS, Platz für vier und Gepäck – zumindest der bodengebundene Individualverkehr hat nicht viel mehr zu bieten. Der neue Audi RS 7 trifft im Vergleichstest auf das BMW M6 Gran Coupé mit Competition-Paket, den renovierten Porsche Panamera Turbo und den Leistungs-König Mercedes CLS 63 AMG S 4Matic.

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Die Vergleichsest-Kandidaten wären die perfekten Dienstwagen für Ralph Christian Möbius gewesen. Er, der sich als Rio Reiser gerne zum König von Deutschland krönen lassen wollte, hätte damit sein nach wie vor von unlimitierten Autobahnen durchzogenes Reich mühelos durcheilen können – ob am Steuer oder im Fond. Es blieb bei einem Lied, einem sehr erfolgreichen, immerhin.

Doch auch Monarchen-frei stellen Audi RS 7, BMW M6 Gran Coupé, Mercedes CLS 63 AMG S und Porsche Panamera derzeit den Gipfel des Hochgeschwindigkeits-Luxus dar. Zumindest dann, wenn das Thema Geschwindigkeit für den stolzen Besitzer nicht vom Ende einer Geraden limitiert werden soll.

Audi RS 7 tritt mit 4 Liter-TFSI und 560 PS an

Audi geht auf Nummer sicher und schickt den RS 7 mit optionalem DRC-Fahrwerk und 21-Zoll-Radsatz zum Test. Somit arbeiten Stahl- statt Luftfedern mit adaptiven Dämpfern zusammen, die jeweils diagonal hydraulisch verbunden sind – eine Technologie, die in der ersten Generation des RS6 debütierte. Vom aktuellen Über-Kombi übernimmt der Audi RS 7 den gesamten Antriebsstrang, also den Vierliter-TFSI mit 560 PS, Achtstufen-Automatik und Allradantrieb.

Der langhubig ausgelegte Direkteinspritzer entwickelt sein maximales Drehmoment von 700 Newtonmeter bereits bei 1.750 Umdrehungen, weshalb sich der Fahrer zunächst im Stand von der makellosen Verarbeitung und der hochwertigen Möblierung des Audi-Cockpits beeindrucken lassen sollte – später bleibt keine Zeit, schließlich hämmert der Audi RS 7 mal eben in 3,8 Sekunden von null auf 100 km/h und darf erst bei 305 km/h nicht mehr weiterbeschleunigen. Einzig die etwas wulstige Rückenlehne der eigenwillig geformten Sportsitze mag ungewohnt erscheinen, doch auf den Komfort wirkt sie sich nicht negativ aus.

Gleiches lässt sich auch über den Klang des hubraumschwächsten V8 in diesem Quartett sagen, obwohl die 1.100 Euro teure Sportauspuffanlage des Audi RS 7 aus der Heckschürze hervorlugt. Wenn sie im forschen Dynamic-Modus aufspielen darf, schwappen schwere Achtzylinder-Bässe ins edle Interieur, steigern sich zu gewitterigem Donnern, bleiben aber eher im Hintergrund.

Fahrdynamischer Donner und Blitz

Dafür donnert es gewaltig, wenn der Audi RS 7 auf die Rennstrecke darf – und zwar fahrdynamisch. Wo sind sie hin, die bereits im Stand untersteuernden Kraftprotze der Marke? Offenbar ins Museum, denn die aktuelle Generation der RS-Dickschiffe wirkt wunderbar ausbalanciert. Zwar erscheinen die Haltekräfte der elektromechanischen Lenkung künstlich aufgeputscht, doch Einlenkbefehle setzt der Sportback herrlich direkt um und reagiert auf Lastwechsel mit einem leicht eindrehenden Heck.

Daher schreckt er auch nicht vorm Slalom zurück, lässt sich präzise mit Gas und Lenkung durch die Pylonen zirkeln. Unter Last drängt der 5,01 Meter lange Viertürer sogar spürbar mit dem Heck nach außen. Die Gründe: Neben der heckbetonten Auslegung des Allradantriebs (zwischen 60 und 85 Prozent der Kraft) schickt das so genannte, aufpreispflichtige Sportdifferenzial an der Hinterachse über Überlagerungsstufen und separate Lamellenkupplungen mehr Kraft ans kurvenäußere Rad. So schnupft der Audi RS 7 Kurve um Kurve mit royalem Ehrgeiz, die Achtstufen-Automatik serviert eiligst die passende Übersetzung.

Und falls es mal überhaupt nicht eilt, hilft das Audi RS 7-Getriebe im Verbund mit der Start-Stopp-Automatik und der nahezu unmerklichen Zylinderabschaltung (bis ca. 3.500/min, dann zündet das Triebwerk nur alle 180 Grad Kurbelwinkel), den Kraftstoffverbrauch mit 17,4 L/100 km im Schnitt unter das Niveau der Konkurrenten zu drücken. Nur zur Erinnerung: 560 PS, 700 Nm, 2 Tonnen.

sport auto-Test Hockenheimring 1:36 Min.

BMW M6 Gran Coupé mit Competition-Paket

Das BMW M6 Gran Coupé packt noch eine Schippe drauf. In Verbindung mit dem 7.500 Euro teuren Competition-Paket leistet der 4,4-Liter-V8 575 statt 560 PS, das maximale Drehmoment bleibt gleich. Bitte nicht aufregen, 680 Nm bei 1.500/min sind doch nun wirklich genug, oder? Zumal sie nun bis 6.000/min zur Verfügung stehen (sonst 5.750/min). Generell prägt das Drehvermögen des Biturbo-Achtzylinders das dominante Wesen des M6, viel mehr als bei seinen Konkurrenten. Keiner zwirbelt sich derart beseelt und zügellos in Richtung 7.000/min, verlangt erst bei 7.200 Umdrehungen vom Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe den nächsten Gang.

Zu dieser saugmotorähnlichen Auslegung passt der saubere, tenorartige Sound des Triebwerks. Obwohl das eigentlich im heftigen Gegensatz zum gewaltigen Drehmoment-Wammerl ab knapp über Standgas steht, hilft diese Auslegung, auf der Rennstrecke noch ein paar Zehntel zu finden – Kraft oder Leistung, irgendwas ist immer da. Nur die Traktion nicht, denn im Gegensatz zu den Wettbewerbern bietet die M GmbH in diesem Segment (noch) keinen Allradantrieb an.

Traktionskontrolle im BMW M6 Gran Coupé muss oft ran

Überrascht es also, dass das Gran Coupé eine progressive Leistungsabfrage am Kurvenausgang fordert, weil eine digitale den sofortigen Dreher zur Folge hat? Ja? Dann wäre wohl ein SUV das Richtige. Falls nicht: viel Spaß. Mit dem M6 lassen sich die Reflexe bestens trainieren – so gierig, wie sein Triebwerk am Gas hängt. Aber mal unter uns: Auf der anderen Seite nervt es irrsinnig, wenn auf unebener Bahn oder bei Nässe der BMW außerhalb von Ortschaften eigentlich immer im Regelbereich der Traktionskontrolle umherrattert – selbst das Sperrdifferenzial und die 305er-Hinterreifen strecken da zuweilen die Flügel.

An der Lenkung soll es jedenfalls nicht liegen, dass sich das Gran Coupé nicht parieren ließe. Sie arbeitet sehr direkt und mit guter Rückmeldung, einzig der Sport Plus-Modus bringt nichts – gut, dass sich Dämpfer-, Lenkungs- und Gaspedal-Kennlinien getrennt konfigurieren lassen. Dem modifizierten Fahrwerk gelingt es zudem, das leichte Einlenkuntersteuern nochmals zu reduzieren. Auch ohne Wankstabilisierung verkneift sich der BMW störende Aufbaubewegungen, er wirkt sehr steif und klärt in aller Regel seinen Fahrer darüber auf, wohin die Reise geht. Ob das Competition-Paket tatsächlich den M6 krönt? Schon, denn in Hockenheim beträgt der Vorsprung immerhin vier Zehntelsekunden. Den Standardsprint absolviert der BMW in 4,2 Sekunden – und zwar mit dem für diese Fahrzeugklasse typischen Kraftschluss-Hammerschlag.

Mercedes CLS 63 AMG S startet wütend-bellend

Ganz anders der Mercedes: Seine Race Start-Funktion arbeitet beinahe so, als sei sie von den Ingenieuren der Taxi-Entwicklung appliziert worden. Ganz sanft verzahnen sich Motor und Siebengang-Automatik, doch das GPS-Messgerät trügt nicht. Mit 3,8 Sekunden spielt der CLS 63 AMG im Vergleichstest ganz vorne mit. Dabei flog doch eigens der Wandler zu Gunsten einer nassen Anfahrkupplung raus – egal, es funktioniert, und zwar bestens.

Auch sonst verhält sich das viertürige Coupé wie erwartet, quittiert beispielsweise den Druck auf den Startknopf mit dem für AMG typischen, wütenden Aufbellen des Motors. Wie albern wirkt jetzt die Option „B & O-Soundsystem“. Mit 5,5 Liter Volumen geht die Hubraum-Krone dieses Vergleichstests nach Affalterbach, herzlichen Glückwunsch.

Entsprechend milde fällt die Aufladung aus, denn mit einem bar relativem Ladedruck bleibt der Mercedes-Motor unter den Kontrahenten (durchweg 1,2 bar). Wozu auch mehr, schließlich liegt ja auch so schon ein maximales Drehmoment von 800 Newtonmeter bei 2.000 Touren an, wo bei die Drehzahl kaum etwas zur Sache tut. Wie mit nur einem einzigen Fausthieb stampft der Mercedes CLS 63 AMG einfach alles um sich herum ein, wirkt auf eine demütigende Weise souverän, da er für seine hervorragenden Fahrleistungen noch nicht einmal gedreht werden muss – was er ohnehin nicht zuließe. Sollen sich doch die Kurbelwellen der anderen einen Wolf rotieren.

Breite Spur, aber veraltetes Infotainment

Im Interieur muss ebenfalls niemand rotieren, auf den eher weichen, dennoch bequemen Sitzen muss niemand nörgeln. Eher schon über das etwas gestrige Infotainment, das sich sogar hinter dem des Porsche einreihen muss. Alles wie gehabt also, die AMG-Truppe stellt den sauschnellen Cruiser – denkste. Das gegenüber dem gewöhnlichen CLS stark modifizierte Fahrwerk (unter anderem mit um 24 Millimeter verbreiterter Spur an der Vorderachse) und dem Allradantrieb des S-Modells (Kraftverteilung 33 zu 67 Prozent) fängt sich der Mercedes selbst auf der Rennstrecke keine.

Obwohl er subjektiv am schwerfälligsten wirkt, deutlich untersteuert und unter Last nicht ganz so prägnant mit dem Heck drängt wie Audi RS 7 und Porsche Panamera, verhelfen ihm die exakt arbeitende Lenkung sowie die ausufernde Kraft und gute Traktion zu einer Rundenzeit auf BMW M6-Niveau. Die Bremsanlage geht das Tempo ebenfalls mit, bricht selbst nach mehreren zügigen Runden nicht ein. Wie seine Kontrahenten trägt auch der AMG Scheiben aus Karbon-Keramik-Verbundmaterial – und lässt sie sich teuer bezahlen.

Porsche Panamera setzt preislich stärksten Akzent

Teuer? Das Stichwort für den Porsche Panamera Turbo, der allein mit seinem Grundpreis von 145.990 Euro die Konkurrenz zu Billigangeboten degradiert. Die mit Abstand geringste Leistung setzt der Dreistigkeit die Krone auf – jedoch nur auf dem Papier. Der seit der Modellpflege 520 PS starke (zuvor: 500 PS) Achtzylinder entfaltet einen gewaltigen Schub, der ihn durchaus zum Tragen der wohl fettesten Auspuffrohre dieses Vergleichs berechtigt. Das Zwei-Tonnen-Schiff reiht sich jedenfalls problemlos in die Vier-Sekunden-Liga ein, verfehlt aber die Werksangabe beim Standardsprint um ein Zehntel (4,0 Sekunden). Doch das vermittelt nur einen unzureichenden Eindruck von den wahren Talenten des Viertürers.

Als wäre er das uneheliche Kind eines 911 Turbo, presst sich der Panamera mit einer eigentlich irrealen Leichtigkeit durch Kurven, lenkt praktisch wie von selbst ein. Untersteuern? Nur bei völlig überzogenen Lenkbewegungen. Ansonsten klinkt sich der Porsche mit neutralem Eigenlenkverhalten in die Kurvenumlaufbahn ein, verträgt früh eine ordentliche Portion Gas, was wiederum mit gut beherrschbarem Übersteuern quittiert wird.

Gegen hohen Seegang stemmt sich der aufpreispflichtige Wankausgleich, was bei schnellen Richtungswechseln zur leichten Irritation führen kann, wenn man Fahrzeuge ohne diesen Kniff gewohnt ist. Die Fahrsicherheit bleibt dennoch auf einem Niveau, das sich im Verkehrsalltag kaum erreichen lässt.

Viel Platz, üppiges Drehmoment, ordentlich Durst

Wie seine Biturbo-Kollegen bietet natürlich auch das 4,8-Liter-Aggregat üppiges Drehmoment (700 Nm bei 2.250/min), spricht ohne nennenswerte Verzögerung an und lässt am liebsten – ähnlich wie Audi und Mercedes – im mittleren Drehzahlbereich seine Muskeln spielen. Das Doppelkupplungsgetriebe flippert nicht nur anstandslos durch seine sieben Zahnrad-Paarungen, es simuliert bei niedrigem Tempo zusätzlich Zwischengänge für ein Sprit sparendes Drehzahl-Level. Zudem schaltet die Start-Stopp-Automatik bereits kurz vorm Stillstand den Motor ab.

Der Verbrauch: Na ja – 18,8 L/100 km. Das liegt allerdings auch daran, dass der Panamera Turbo durch seine perfekte, niedrige Sitzposition und sein unmittelbares, extrem agiles Handling seinem Fahrer die große Dynamik-Nadel in die Vene schiebt und so an eine extra reichhaltige Sportwagen-Infusion hängt. Der Preis dafür? Jedenfalls keine knüppelharte Federung, denn der Panamera erweist sich sehr wohl als langstreckentauglich, sogar für vier, denn er bietet im Fond den meisten Platz.

Somit bekäme eigentlich der Porsche Panamera die Krone aufgesetzt und könnte sich als bester Dienstwagen für den König von Deutschland qualifizieren. Tatsächlich gekrönt wird jedoch der Audi RS 7 – er belastet den Staatshaushalt deutlich weniger.

Tabelle (techn. Daten)

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