Audi R8 V10 Performance im Test

Audi R8 V10 Performance im Test
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Mit Audis V10-Quertreiber auf der Rennstrecke

Audi R8 V10 Performance, front © Dino Eisele

Auf der Rennstrecke benahm sich der Audi R8 im Grenzbereich vorlaut. Ob ihn das jüngste Facelift beruhigt hat? Unser Testwagen kommt mit dem optionalen Gewindefahrwerk der Performance-Abteilung.

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Der R8 pulsiert im Rhythmus der Unebenheiten. Und der Herzschlag folgt ihm. Wir sind unterwegs auf einer fordernden Landstraße, die sich so weit entfernt von der nächsten Stadt und der nächsten Autobahnabfahrt in die Botanik drückt, dass sich in der angrenzenden Flur Fuchs und Hase schon tagsüber Gute Nacht wünschen – falls man einander bis zur Bettruhe nicht mehr über den Weg laufen sollte.

Hier ist die Landschaft so rau wie der Asphalt – Letzterer besteht mehrheitlich aus einer dünnen Bitumenschicht samt festgefahrenem Split, der die Aufbrüche und Absacker der vergangenen Jahre nur notdürftig kaschiert. Und dessen scharfkantige Partikel reifenraspelnd aus der Versenkung spitzen.

Audi R8 V10 Performance, Cockpit© Dino Eisele

Der Innenraum ist aufgeräumt. Alle Infotainmentfunktionen lassen sich über das Display des digitalen Cockpit steuern.

Für Strecken wie diese wurden Sportwagen einst konstruiert. Doch dieses Einst ist lange her – Supersportler fläzen sich heute meist auf die linke Spur oder gockeln durch die Innenstadt. Und weil die meisten Modelle ihre Eigentümer in Sachen Sportlichkeit um diverse Ligen übertreffen, müssen die Karosserien immer raumiger werden. Das macht sie zu Gullivers der Landstraße.

Die Tektonik der Wildnis ist folglich eine größere Herausforderung für die Boliden als eine Rennstrecke, nicht nur wegen der Breite. Enge, aber wellige Kurven nehmen das Fahrwerk über die Progression hinaus bis in die Anschlagsdämpfer heran. Wer nicht nachgiebig anspricht, verliert schnell die Bodenhaftung. Wer nicht genügend Federweg bietet, bockt von der Ideallinie.

Der Audi hält die Spur. Er lässt sich nur so weit aushebeln, dass die innere Tempowarnung kurz aufleuchtet und der Erlebnishunger gestillt ist. Das war nun schnell genug, sagt der Herzschlag zum Ego, ohne dass die Handflächen nach der Jeans zum Trockenreiben verlangen. Denn dieser R8, wie wir ihn nun nach dem Facelift testen, liegt verbindlich in der Hand – und zwar nicht erst, nachdem man sich ihm abtastend nähert.

Laut Maßband müsste er mit seinen rund zwei Metern Breite reichlich überdimensioniert wirken. Doch Audis Gulliver lässt sich eng anliegend durch den Wald fädeln. Dank neu abgestimmter Rückstellkräfte ist die Lenkung aufgeschlossener als bisher. Sie vermittelt ein unterschwelliges Gefühl für den Raumanspruch des R8. Sie warnt aber auch schnell genug vor Haftungsverlust, ohne dabei einzuklappen.

Walkt über Vorderachse

Etwa in Spitzkehren: Hier walkt der Allradler sanft über seine Vorderachse, sofern man zu früh pushen möchte. Spätestens ab Dritter-Gang-Radien tritt Untersteuern auf der Landstraße allerdings nicht mehr auf. Unser Testwagen führt seine optionalen 20-Zöller samt 30er-Reifenquerschnitt (ab 1.500 Euro) per straffer abgestimmtem Gewindefahrwerk (5.900 Euro) aus den Performance-Parts. Die Stoßdämpfer lassen sich zweifach in der Zug- und einfach in der Druckstufe verstellen.

Vorne sind die Federraten um acht und hinten um 16 N/mm härter, der Aufbau liegt um zehn Millimeter tiefer als beim sogenannten Performance-Fahrwerk, das in der normalen Preisliste aufgeführt ist. Audi verspricht damit direkteren Fahrbahnkontakt und sportlicheres Handling als etwa mit dem Magnetic Ride samt seiner verschiedenen Modi.

© Audi
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Nach unserem 2016 im R8 mit Performance-Fahrwerk und Semi-slicks uraufgeführten Ballett auf der Rasierklinge hätten wir Audi die Empfehlung gegeben, die Kinematik grundlegend neu auszurichten. Doch das wäre zu teuer gewesen. Stattdessen wurden immerhin neue Reifen entwickelt; die auf dem Testwagen montierten Michelin Pilot Sport 4S kündigen ihren Haftungsabriss weich an und greifen auch bei niedrigen Temperaturen.

Alternativ gäbe es den Michelin Sport Cup 2 als Semislick, doch allen Alltagsfahrern müssen wir von dieser Art Trackday-Reifen dringend abraten: Sie taugen nur für optimal griffigen Asphalt bei optimal hohen Temperaturen mit einem optimal reagierenden Piloten am Lenkrad. Dann lassen sich bei unserer Fahrdynamikprüfung gewiss optimale Werte erzielen. Fällt allerdings eines dieser Optima weg, dann dürften sich vor allem die Pylonen gut abräumen lassen. Auf der Landstraße wären das im Zweifelsfall Bäume.

Der V10 kann segeln

Den Weg zur Autobahnauffahrt säumen Dörfer. Hier federt das Gewindefahrwerk bemerkenswert gut an, detektiert kleine Unebenheiten sorgsam. Doch sobald ein tiefer Versatz das Rad zu einem großen Hub zwingt, gelangt das System an seine Grenzen: Statt eines Stößchens schnellt ein ausgewachsener Stoß in den Rücken.

Angenehm ist dagegen, dass sich der Zehnzylinder akustisch zurücknehmen kann, nicht ständig seine Drehzahlgier herausposaunen muss. Das sorgt für Bonuspunkte beim lokalen Publikum, das von lauten Auspuffanlagen – meist bei dröhnigen Vierzylindern – durchaus geplagt ist.

© Dino Eisele

Eine Bestie von Triebwerk, die von einem Gitter in Schach gehalten werden muss: der 5,2-Liter-V10.

Wer seinen Gasfuß sanft moduliert, segelt in der Ebene häufig mit Leerlaufdrehzahl dahin. Nicht dass die R8-Interessenten im Ruf stünden, Spritknauserer zu sein, doch so eine dezent summende Gleitphase bildet einen erfrischenden Kontrapunkt zur 8.700/min-Ekstase. Und in Verbindung mit dem etwas länger übersetzten Doppelkupplungsgetriebe lassen sich (beim Bummeln) halbwegs vernünftige Verbräuche erzielen. Nur zur Info, nicht zur Diskussion: Mit 14,8 l/100 km sortiert sich der Testwagen unter einem Ferrari 488 GTB und über einem McLaren 570 GT und einem Porsche 911 Turbo S ein.

Blinker links zur Autobahnauffahrt. Blick in den Spiegel und über die Schulter, alles frei, sehr schön. Dann flacher Fuß. Der Beschleunigungsstreifen erscheint heute irrwitzig kurz, das Tempo beim Einscheren irrwitzig hoch. Bei Drehzahlen über 5.500/min, wenn viele Turbos bereits kurzatmig werden, inhaliert der R8-V10 eine Packung Fisherman’s Friend und pustet seine Brennräume erst so richtig durch.

Man muss ihn keinesfalls bis ans Limit drehen, aber es macht einfach tierisch Laune. Tierisch deshalb, weil nur ein Hochdrehzahl-Sauger animalisch-triebhaft klingt und zubeißt, wie man sich das bei Bestien so vorstellt. Und von dieser Wildheit hat der 5,2-Liter-Zehnzylinder trotz zwischengeschnalltem Ottopartikelfilter nichts verloren.

© Veygo
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Was auf der Autobahn noch auffällt: Der R8 läuft selbst bei hohem Tempo sicher geradeaus, lässt sich nur von Bodenwellen in schnell gefahrenen Kurven aus der Ruhe bringen. Weil sich das Gewindefahrwerk hier unüberspürbar meldet, dürften die adaptiven Stoßdämpfer für Vielfahrer geeigneter sein.

Unser Testwagen aber will seine neue Straffheit vorführen und biegt deshalb von der Fernstraße in Richtung Hockenheim ab. Dort haben wir heute noch eine Verabredung mit dem Grenzbereich. Der Aufkleber in der B-Säule empfiehlt 3,3 bar Luftdruck vorn und drei bar hinten; für die Rennstrecke sollen wir ihn laut Audi allerdings nach ausgiebigem Warmfahren auf 2,7 vorn und 2,5 hinten absenken.

Was man tatsächlich merkt: Bei reduziertem Luftdruck nimmt die Untersteuerneigung im Grenzbereich deutlich ab, der R8 lenkt bissiger ein. Auf der Landstraße würde man die hierfür nötige Reifentemperatur allerdings nie erreichen, weshalb wir von Korrekturen nach Gutdünken dringend abraten.

Wir sind unterwegs im Performance-Modus namens „dry“ wie trocken. Hier lässt ESP eine Schleppleine und damit viel Spielraum für eine leicht angeschmutzte Linie. Kapriolen dagegen regelt es weg, bevor daraus ein Abflug entstehen könnte. Der Vorgänger hätte so etwas durchaus zugelassen, denn kritisch war bei ihm das Momentum im Umsetzen bei hohem Tempo. Hier hat sich das R8-Fahrwerk sozusagen mit Energie aufgeladen, die es bei einem weiteren Lastwechsel schlagartig freigesetzt hat – als fiesen Konter.

Diszipliniertes Weichlenken

Nach wie vor erzieht der R8 seinen Fahrer zum disziplinierten Weichlenken, sonst drängt das Heck aus der Kreisbahn. Anders als früher passiert das aber weniger abrupt und damit deutlich kontrollierbarer.

Lassen Sie uns dieses Verhalten als komplexe Balance bezeichnen. Nicht nur wegen der kippeligen Instabilität im Grenzbereich, die in einem Mittelmotor-Sportwagen nun einmal steckt. Wer Unruhe ins R8-Fahrwerk bringt, spürt nach wie vor, dass es sich mit Energie auflädt und bereit wäre, diese wieder abzugeben.

© Dino Eisele

Schaltet man alle Helferlein aus, kriegt man den R8 auch durchaus quer. Dies kündigt sich so an, dass der Pilot auch Zeit zum reagieren hat.

Wir wollen es nun genau wissen, legen die elektronischen Helfer bewusst lahm und leiten einen harten Lastwechsel ein – durch Anstellen. Dabei lenkt man eine Linkskurve beim Anbremsen zunächst rechts an und wirbelt anschließend schlagartig das Lenkrad herum in die gewünschte Richtung.

Das entlastete Heck drückt und schwenkt dann aus. Hier ist bewusst ein „dann“ eingefügt, denn zwischen Ankündigung und Ausführung liegt anders als früher tatsächlich ein Moment der Erkenntnis – und nicht der Überrumpelung. So hat man die Chance, den Ausbrecher einzufangen. Ambitionierte könnten mit mutigem Gasfuß sogar für die Drift Challenge üben. Natürlich läuft Driften im R8 noch immer unter Erwachsenen-TV – aus der Schmuddelecke ist der Grenzbereich aber heraus. Wir sind jetzt, sagen wir, deutlich näher an „Fifty Shades of Grey“.

Dass wir dem Grenzbereich Grauschattierungen statt Schwarz-Weiß-Denken zugestehen, ist ein großer Verdienst – aber wessen Verdienst eigentlich? Des tieferen Schwerpunkts und des straffer angebundenen Chassis. Danke, Gewindefahrwerk. Ebenso gebührt aber den neu gemischten Reifen Lob, denn sie kündigen den Haftungsabriss zeitig an. Damit ist die bisherige Lage entschärft.

Wenn Sie also wollen, dass Ihr künftiger R8 wie hier beschrieben fährt, dann sollten Sie ihn auch genau so konfigurieren.

© Dino Eisele
Auf der Rennstrecke benahm sich der Audi R8 im Grenzbereich vorlaut. Ob ihn das jüngste Facelift beruhigt hat? Unser Testwagen kommt mit dem optionalen Gewindefahrwerk der Performance-Abteilung.
© Dino Eisele
Der Audi hält selbst auf unebenen Landstraßen die Spur. Er liegt verbindlicher in der Hand und dies merkt man schon abseits des Grenzbereiches.
© Dino Eisele
Mit rund zwei Metern Breite könnte man meinen, er sei überdimensioniert. Doch das täuscht. Dank neu abgestimmter Rückstellkräfte ist die Lenkung aufgeschlossener als bisher. Sie warnt auch schnell genug vor Haftungsverlust, ohne dabei einzuklappen.
© Dino Eisele
Der Karbon-Heckflügel ist Teil des Performancepacket.
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Unser Testwagen rollt auf optionalen 20-Zöllern samt 30er-Reifenquerschnitt. Diese kosten ab 1.500 Euro Aufpreis.
© Dino Eisele
Die Sideblades in glänzendem Carbon sind beim R8 Performance im Grundpreis von 200.000 Euro mit dabei. Beim regulären R8 kosten diese 2.200 Euro extra.
© Dino Eisele
Der Innenraum ist aufgeräumt. Alle Infotainmentfunktionen lassen sich über das Display des digitalen Cockpit steuern.
© Dino Eisele
In drei Stufen ist die Traktionskontrolle regelbar. Bei „dry“ greift sie nur ein, falls wirklich etwas schiefzugehen droht.
© Dino Eisele
Gleich geblieben ist das Konzept mit den kombinierten Knöpfen und Tasten der Klimaanlagenbedienung.
© Dino Eisele
Die Lehnenneigung der gut stützenden Sportsitze lässt sich nicht verstellen, lediglich der ganze Sitz.
© Dino Eisele
Eine Bestie von Triebwerk, die von einem Gitter in Schach gehalten werden muss: der 5,2-Liter-V10.
© Dino Eisele
Neben einem Akustikfeuerwerk schafft die Abgasanlage es auch den Klang des V10 soweit in Zaum zu halten, dass sich innerorts niemand belästigt fühlt.
© Dino Eisele
Was auf der Autobahn auffällt: Der R8 läuft selbst bei hohem Tempo sicher geradeaus, lässt sich nur von Bodenwellen in schnell gefahrenen Kurven aus der Ruhe bringen. Weil sich das Gewindefahrwerk hier unüberspürbar meldet, dürften die adaptiven Stoßdämpfer für Vielfahrer geeigneter sein.
© Dino Eisele
Auf der Rennstrecke diszipliniert der R8 seinen Fahrer nach wie vor zum Weichlenken, sonst drängt das Heck aus der Kreisbahn. Anders als früher passiert das aber weniger abrupt und damit deutlich kontrollierbarer.
© Dino Eisele
Dies kommt nicht nur von der kippeligen Instabilität im Grenzbereich, die in einem Mittelmotor-Sportwagen nun einmal steckt. Wer Unruhe ins R8-Fahrwerk bringt, spürt nach wie vor, dass es sich mit Energie auflädt und bereit wäre, diese wieder abzugeben.
© Dino Eisele
Schaltet man alle Helferlein aus, kriegt man den R8 auch durchaus quer. Dies kündigt sich so an, dass der Pilot auch Zeit zum reagieren hat.
© Dino Eisele
Unsere Bewertung für den R8: Fünf Sterne. Fünf Sterne? Aber der CO2-Ausstoß und der ... egal. Einfach egal! Fünf Sterne verdient sich alleine schon der V10, weil er einer der letzten Sauger ist. Am besten heute fahren, morgen ist es zu spät.

Fazit

Unsere Bewertung für den Audi R8 V10 Performance: Fünf Sterne. Fünf Sterne? Aber der CO2-Ausstoß und der ... egal. Einfach egal! Fünf Sterne verdient sich alleine schon der V10, weil er einer der letzten Sauger ist. Am besten heute fahren, morgen ist es zu spät.

Tabelle (techn. Daten)

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