Die Modellpflegemaßnahmen am Audi R8 Spyder sind fix erzählt: 10 PS mehr, ein bisschen Make-up außen, ein bisschen Feinschliff drinnen, neuer Nachname, neuer Reifen. Das war’s! Deswegen gleich einen Test veranstalten? Früher hätten wir gesagt: Den Aufwand nicht wert! Doch die Zeiten sind inzwischen andere. Es geht nicht mehr um noch schneller, noch höher, noch weiter, es geht um WLTP, um Emission und gruselige Zeitgeister – in Summe also um ein neues Reglement, das jedem Sportwagen wie eine Fußfessel zwischen den Entwicklungsschritten hängt: K(l)eine Nachrichten sind auf einmal gute Nachrichten, Konsolidierung ist der neue Fortschritt und die Tatsache, dass der Audi R8 trotzdem nachgelegt hat, somit fast eine kleine Sensation.
Spektakulär wie eh und je
Am meisten Angst hatten wir im Vorfeld um seinen 5,2-Liter-Sauger. Er ist das Herz und die Seele des Audi R8, bekam nun aber zwei dieser Ottopartikelfilter in den Organismus gepfropft. Und die Dinger sind leider dafür berühmt, dass sie nicht nur Partikel filtern, sondern gern auch mal die Drehfreude oder den Klang. Eine Not, die Pressetexter zuletzt immer erfinderischer macht und auf drollige Floskeln bringt: Zurückhaltung ist so eine. Früher stand sie auf dem Index, heute will man sie uns als angenehm verkaufen. Oder noch schöner, wenn sich die größten Rotzlöffel der Branche auf einmal ihrer erwachsenen Motorcharakteristik rühmen.

Der Audi R8 hat derlei Ausreden nicht nötig. Er spricht noch immer am besten für sich selbst. Und das in aller Deutlichkeit. Das Kaltstart-Rambazamba fällt nun zwar etwas softer aus, die musikalische Untermalung des Fahrens hat aber null Komma gar nichts an Inbrunst eingebüßt. Dabei ergänzen sich Motor und Abgasanlage perfekt. Statt sich gegenseitig anzuplärren, bilden beide Seiten ein Duett: hier der helle, bebende Gesang des Zehnzylinders, dort der finstere Abgasbass. Stil? Geht schon in die härtere Richtung, wobei sich die Intensität der Akustik wunderbar modulieren lässt – genau wie der Rest des Autos. Schiebt man die ruhige Kugel, hält der Auspuff brav die Klappe, der Motor knipst Zylinder aus, lässt sich auf der langen Welle treiben oder dockt vom Getriebe ab. Das ist schön, das ist gut, harmoniert blendend mit der geschmeidigen Fahrwerksabstimmung, dürfte aber nicht der Kaufgrund für ein 620-PS-Cabrio sein. Nicht mal in diesen Tagen. Die besseren Argumente finden sich jedenfalls in anderen Bereichen. Genauer: zwischen 5.500 und 8.700 Umdrehungen, wo das Spektakel sukzessive eskaliert. Wie eine Horde Hooligans stehen die zehn Zylinder dann dahinten auf der Bühne, hechten im Takt der Gangwechsel vom Leistungs- zum Drehmomentgipfel, speien Vortrieb, Feuer, feiern sich selbst, ihre vergehende Zeit und diese absurde Kombination aus exzessiver Gewalt und hypersensibler Reaktion, die es nur bei Saugmotoren gibt.

Natürlich hinterlassen die rund 100 Extrakilo des Spyder ihre Spuren in der Fahrdynamik: 0,5 Sekunden mehr bis 200, 0,4 Kilometer pro Stunde weniger im 18-Meter-Slalom. Die volle Dröhnung Emotion gibt es trotzdem nur mit ihm. Während die Leidenschaft des Motors beim Coupé zumindest in Teilen übers Festdach hinwegweht, bekommt man sie hier buchstäblich um die Ohren gehauen. Vollumfänglich und unverkappt. Die Windstärke bleibt dabei übrigens stets im Rahmen, sogar auf der Autobahn, wo sich ab 180 aufwärts nur noch die Geräusche verschärfen, nicht mehr die Böen.
Dennoch: Das Revier des Audi R8 ist die Landstraße, was auch damit zu tun hat, dass seine Beziehung zu Rennstrecken nach wie vor Komplikationen birgt. Stichwort: Lastwechselempfindlichkeit. Solange man einen kleinen Sicherheitsabstand zum Limit wahrt, hat man aber nichts zu befürchten. Dann läuft der Audi R8 wie am Schnürchen der Linie entlang, presst sich kraft des variablen Allradantriebs um Ecken und donnerbolzt derart überwältigend heraus, dass man sich die feinen Herren Markenstrategen mal nacheinander auf den Beifahrersitz wünschte.

Da würden sie dann sitzen, müssten sich vom V10 anbrüllen lassen und uns unter dem Druck der 580 Newtonmeter noch mal gaaaanz genau erklären, wie sie es übers Herz bringen, einen Charakterkopf wie ihn hier zu skalpieren. Und warum um Himmels willen.
Klar, noch ist das Kapitel Audi R8 nicht endgültig geschlossen. Die Taschentücher können vorerst also wieder weggesteckt werden. Zumal Audi – wie man so läuten hört – ja auch noch die ein oder andere Modellpointe im Köcher hat. Motto: Wenn schon Untergang, dann nach Art des Autos – mit Pauken und Trompeten!
2,6 Sekunden schneller mit Performance Parts
Wie dem Coupé wohnt auch dem Audi R8 Spyder eine gewisse Hektik am Limit inne, die mit der Modellpflege zwar gelindert, aber nicht kuriert worden ist. Vor allem in schnellen Kurven reagiert der Allradler auf Lastwechsel nach wie vor mit stürmischem Drang. Dem begegnet man entweder mit flinken Reaktionen oder dem ESC-Sportmodus, der extrem feinfühlig regelt und den Hintern ruhig hält. Möglichkeit Nummer drei sind die optionalen Performance Parts. Konkret: das Gewindefahrwerk und die Semislicks. Ersteres reduziert die Rollbeziehungsweise Nickbewegungen der Karosserie und damit die Heftigkeit der Ausfallschritte, die Reifen erhöhen gleichzeitig die Bodenhaftung. Folge: etwas mehr Ruhe im Grenzbereich sowie 2,6 Sekunden Vorsprung auf das Standardauto – und das ist auch auf dem GP-Kurs eine Menge Holz.

Audi R8 Spyder Performance 5.2 FSI Quattro | |
Grundpreis | 228.500 € |
Außenmaße | 4429 x 1940 x 1242 mm |
Kofferraumvolumen | 112 l |
Hubraum / Motor | 5204 cm³ / 10-Zylinder |
Leistung | 456 kW / 620 PS bei 8000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 329 km/h |
0-100 km/h | 3,4 s |