Schlecht geht es uns. Wie soll es auch anders sein in solch einer globalen Krise für die Gesundheit der Menschen und für die komplette Wirtschaft unseres gesamten Planeten?
Wir sind so wie Persil, Coca-Cola oder Adidas ein Marken-Artikler. Wir leben von der Strahlkraft unserer Marke, von ihrer Anziehungskraft, von ihrem Image und von ihrem Bekanntheitsgrad. Je mehr Menschen beziehungsweise Kunden unsere Marke sehen, umso einfacher ist es für uns im Vertrieb, durch Neukundengewinnung und zusätzliche Umsätze zu punkten. Also eine klare Investition, mit der wir auf die Sicherheit unserer Arbeitsplätze in der Zukunft einzahlen.
Wir machen alles komplett anders und handeln so, wie Sie es gerade in Ihrer Frage beschrieben haben. Das hat mit unserer Unternehmenskultur zu tun, mit unserem Anspruch an Ethik, Moral, Fairness und verantwortungsvollem Unternehmertum. Ich kann doch die Leute nicht auf die Straße schmeißen, die mich reich gemacht haben.
Durch diese Entscheidung habe ich dafür gesorgt, dass dem Unternehmen nichts passiert, wenn mir was passiert. Es soll alles so weitergehen wie bisher.
Natürlich. Liqui Moly ist ein Sahnestück, ein Vorzeige-Unternehmen. Unsere Zahlen sind brillant, und unsere Strategien funktionieren. Aber an wen hätte ich verkaufen sollen? An Heuschrecken, die uns nur aussaugen wollen? Oder etwa an die Konkurrenten, gegen die wir uns seit 30 Jahren behaupten? Im Würth-Unternehmen können wir unsere Eigenständigkeit bewahren, zeigen, was wir können, und haben eine starke Mutter im Rücken.
Jede Krise wirkt einerseits wie ein Brandbeschleuniger für die nicht so gut aufgestellten Unternehmen und andererseits wie ein Booster für die Firmen, die sich schon heute der Zukunft widmen und öffnen. Krisen verstärken Schwächen – und zwar schonungslos –, aber unterstreichen auch Stärken.
Einen technologischen Umbruch haben wir schon immer parieren müssen und zugleich für uns genutzt. Unsere Ölfabrik hat mit Petroleum für Straßenlaternen und Fetten für Pferdefuhrwerke begonnen. Es liegt in der Natur der Veränderung, dass die Dinge nicht so bleiben, wie sie sind, und man sich eben anpassen muss – auch mit Produkten und Sortimenten. Die nach uns werden sicherlich andere Produkte und Dienstleistungen vermarkten, als wir dies heute tun – wenn sie am Markt überleben wollen.
Unsere Chemiker, Anwendungstechniker und Tribologen sind Zauberer und Künstler. Die machen noch aus Stacheldraht ein geschmeidiges Motoröl. Auch mit Entwicklungen verhält es sich wie mit Veränderungen: Da geht immer noch was. In meiner Lehre als Kfz-Mechaniker hatten wir ein Sommeröl und ein Winteröl. Punkt. Heute verlangt jeder Motor ein spezifisches Motoröl, quasi wie ein Konstruktionsbauteil.
Additive werden jährlich zwölf Mal für tot erklärt. Aber je ausgeklügelter die Motortechnik wird, umso anfälliger und empfindlicher werden die Aggregate, besonders bei schlechtem Benzin und ungünstigen Fahrbedingungen. In vielen Ecken dieser Welt, in denen wir Geschäfte machen, sind Additive die letzte Rettung für Hightech-Motoren vor dem technischen Kollaps. Und nach wie vor haben diese Produkte aufgrund ihrer Fähigkeit, den Benzinverbrauch zu reduzieren, die Abgaswerte zu optimieren und die Lebensdauer des Motors zu erhöhen, ihre Daseinsberechtigung. Mehr denn je.
Sie sind lustig. Davon leben wir. Sollen wir unser Geschäftsmodell jetzt in die Tonne treten, bloß weil vom gesamten Kfz-Bestand ein Promille der Fahrzeuge mit Strom unterwegs ist und unsere Motoröle nicht mehr braucht? Warten Sie mal ab, bei der E-Mobilität mit rein elektrischen Autos ist das letzte Wort auch noch nicht gesprochen. Stichwort: synthetische Kraftstoffe, die umweltfreundlich hergestellt werden und sich eignen für die bestehende Infrastruktur und die vorhandenen Verbrennungsmotoren. Das mag nicht jeder Automobilhersteller und jeder Politiker hören, aber auch da geht die Richtung hin.
Wie gesagt, die Generationen nach uns werden andere Produkte verkaufen als wir. Und auch wenn das Motoröl das Zeitliche gesegnet hat, so werden die Menschen immer mobil bleiben und mit sauberen, gereinigten, sicheren, nicht rostenden, nicht quietschenden Fahrzeugen unterwegs sein wollen. Irgendwas geht immer, und ich verstehe die Angst nicht so richtig, die manche Unternehmensführer vor Veränderungen haben. Es liegen doch auch Chancen in der Veränderung – man darf sich nur nicht dagegen sträuben und auf dem Alten verharren.
Wir sind mittlerweile tief im Dienstleistungsgeschäft für Werkstätten, Autohäuser und Tankstellen involviert. Wir entwickeln jeden Tag neue Produkte rund ums Auto, für die Werkstatt, aber auch für die Industrie, für den Zweiradmarkt, für Schiffe aller Art, für Eisenbahnen – für all die Anwendungsfälle, wo sich irgendwas bewegt, dreht und geschmiert werden muss. Reinigen, konservieren, pflegen – das sind Jobs, die zur Werterhaltung aller Fahrzeuge dienen und mit denen man bis in alle Ewigkeit Geld verdienen und eine Firma betreiben kann.
Vita

Geboren am 14. Februar 1957 in Altötting
Ausbildung Kfz-Mechaniker
1978–1990 Sonax (erst Verkäufer, später Marketingleiter)
1990–1998 Vertriebschef und Marketingleiter bei Liqui Moly
1998–2018 Geschäftsführender Gesellschafter von Liqui Moly
seit 2018 Verkauf der Firmenanteile an Würth, Ernst Prost bleibt weiterhin als Geschäftsführer im Unternehmen