Korrosionsschutz ist beim VW ID. noch aufwendiger
Rostschutz ist eine komplizierte Angelegenheit. VW zeigt, Korrosionsschutz ab Werk funktioniert – erst recht beim neuen ID.3.
Rost war vor Jahren bei Autos ein allgegenwärtiges und nerviges Problem. Die Autohersteller waren gezwungen, den Korrosionsschutz permanent zu verbessern – mit der Weiterentwicklung der Technik kommen ständig neue Herausforderungen hinzu. Effektiver Rostschutz beginnt bereits bei der Entwicklung des Fahrzeugs. Und wer eine mehrere Jahre währende Garantie gegen Durchrostung gibt, muss das zukünftige Korrosionsverhalten abschätzen können. VW gibt zwölf Jahre Garantie gegen Durchrostung und zeigt, was beim Elektroauto ID.3 für zusätzliche Korrosionsschutzmaßnahmen nötig sind.
Rostschutz in allen Lebensphasen des Autos
Wasser, Sauerstoff, Streusalz und Temperaturunterschiede beschleunigen Rost. Gegen die ungeliebte Oxidation hilft nur ein guter Schutz des Grundmetalls. Und dieser Schutz ist alles andere als trivial. Er beginnt bei Korrosionstests mit verschiedenen Materialien und Oberflächen, geht mit der Konstruktion des Fahrzeugs weiter, setzt sich in der Produktion fort und endet auch nach jahrelanger Überwachung nicht – Korrosionsschutz-Entwicklung ist ein permanenter Prozess. Um lange Zeiträume mit Korrosionsgefahr abschätzen zu können, braucht es viel Erfahrung. Schließlich kommen bei Fehlern auf VW hohe Kosten in Form von Garantiefällen zu – und treten diese Garantiefälle erst nach längerer Zeit auf, ist im schlimmsten Fall die nächste Fahrzeuggeneration bereits fertig entwickelt.
Auf diesen fünf Säulen ruht der konstruktive Korrosionsschutz.
Säulen des Korrosionsschutzes
Die neuralgischen Punkte des Rostschutzes sind der Lackaufbau, die Verzinkung, Steinschlag- und Unterbodenschutz, die Abdichtnähte und die Hohlraumkonservierung. Steinschlag ist gerade bei Fahrzeugen mit angetriebener Vorderachse ein Problem, da die Vorderräder Split und Steine gegen die Seitenschweller schleudern, was wiederum den Oberflächen-Schutz der Schweller beschädigen kann. VW simuliert die Einschläge inzwischen am Rechner – unter anderem ist der Winkel des Aufschlags für die Schwere der Beschädigung entscheidend. Außerdem sitzt unter dem Lack eine PVC-Schicht, die hochgeschleuderte Steine nur schwer durchdringen können.
Simulation und echtes Kathodisches Tauchlackieren
Auch das Kathodische Tauchlackieren (KTL) simulieren die Experten vor dem ersten Einsatz. Die Rohkarosserie taucht mit einer bestimmten Geschwindigkeit in das Tauchbecken, während sie rotiert – für jedes Modell gibt es eine eigene Eintauchstrategie, damit sich der Lack perfekt verteilt. Und das KTL ist nur ein Teil der Oberflächen-Beschichtung. Zuerst kommt Zink auf das Blech – Zink wirkt bei einer Beschädigung der Oberfläche als Opferanode, da es in der elektrochemischen Spannungsreihe negativer als das zu schützende Stahlblech ist. Dann erfolgt eine Phosphatierung, um dem Lack des darauffolgenden Kathodischen Tauchlackierens genug Haftung zu bieten. Als nächste Schicht kommt Füller aufs Blech, wobei dieser unter Einsatz modernster Lacke zunehmend entbehrlich ist. Auf den Füller folgen der Basislack und dann der Klarlack.
Bei der Kathodischen Tauchlackbeschichtung (KTL) bekommt jedes Modell seine eigene Eintauch-Strategie, damit der Lack alle Oberflächen erreicht.
Letzterer schützt den Basislack vor hochenergetischem UV-Licht und vor leichten Kratzern. Bei Temperaturen von zirka 60 Grad schließen sich diese leichten Kratzer wieder. Deshalb ist es besonders im Sommer eine Empfehlung, das Auto nach dem Waschanlagenbesuch in die Sonne zu stellen, damit sich eventuell entstandene kleine Kratzer durch Wärmeeinwirkung schließen.
Und auch wenn es nichts mit Korrosion aber immerhin mit Lackbeschädigungen zu tun hat, noch ein kleiner Abstecher zu Vogelkot: Dieser greift den Lack nicht so sehr chemisch an, sondern durch Trocknen. Auf dem Lack ist der Kot zunächst feucht und klebt auf einer gewissen Fläche fest. Während des Trocknens zieht sich der Vogelkot zusammen – und reißt den Lack unter sich mit. Deshalb ist es ratsam, Vogelkot zu entfernen, bevor er trocknet.
Schwerpunkt Türfalz
Ein Rostschwerpunkt ist der untere Türbereich. Dort sind drei Bleche per Falz miteinander verbunden. Zum Abdichten sind diese Bleche im Falz verklebt und mit einer PVC-Nahtabdichtung versehen. Der darüberliegende Hohlraum ist mit Wachs konserviert. Dieses Wachs tragen inzwischen Roboter während der Fahrzeugproduktion mit feinen Düsen auf, nachdem die Karosserie durch ein Wachstauchbad lief. Dabei umspülen 360 Liter heißes Wachs das Blech, 1,2 bis 1,5 Kilogramm bleiben ja nach Modell auf der Oberfläche zurück. Die dann folgenden Sprühroboter überwachen ihre eigene Arbeit online – sollte irgendwo Wachs fehlen, dreht die Karosserie noch eine Extrarunde und fährt für Nacharbeiten nochmal zum Wachsroboter.
Tabelle
Besonderheit beim ID.3
Noch aufwendiger ist die Rostvorsorge beim ID.3: Dieser hat eine Aluminiumträger-Struktur, die von Stahlblechen umgeben ist. Aufgrund ihrer unterschiedlichen elektrischen Potentiale reagieren Stahl und Aluminium sofort miteinander – Rost wäre unausweichlich. Also isoliert VW den Aluminiumträger mit breiten Klebstoffstreifen vom Stahlblech, das wiederum zusätzlich mit Tauchlack und Wachs beschichtet ist.
Hybridschweller beim VW ID.3: Das innenliegende Aluminium-Profil ist von umgebenden Stahlbelch isoliert, da beide Metalle ein unterschiedliches elektrisches Potential haben.
Korrosionsschutz-Beauftragte in jedem Werk
Um mögliche Rostschutzprobleme während der Produktion im Keim zu ersticken, gibt es in jedem VW-Werk seit 2014 einen Korrosionsschutz-Beauftragten. Alle Beauftragten sind miteinander vernetzt und unterrichten sich gegenseitig, wenn ein Problem auftaucht. Damit deckt VW automatisch Klimaunterschiede ab – schließlich sind die Werke auf fünf Kontinente verteilt.
Der VW-Konzern beschäftigt in jedem seiner Werke einen Korrosionsschutz-Beauftragten. Alle Beauftragten sind untereinander vernetzt.
Nach dem Bau nach Österreich
Ist das Auto konstruiert und gebaut, folgen über sechs Monate diverse Tests, die Rostvorgänge im Zeitraffer ermöglichen sollen. So kommen 68 Kilogramm verschiedener Streusalzmischungen zum Einsatz, Schotterstrecken mit verschiedenen Splitgrößen sind zu durchfahren und der Lack muss Abrasionen durch Sand und Schlamm standhalten. 90 solcher Zyklen erträgt das Auto, dann erfolgt die halbseitige Zerlegung, wofür Spezialisten zirka 1.000 Schweißpunkte aufbohren und zur Auswertung 2.000 Bilder der Einzelteile aufnehmen. Hinzu kommt die Beobachtung im Feld: Dafür reisen die Korrosions-Experten in verschiedene Länder, um die Auswirkungen von Rost an Fahrzeugen im Alltagsbetrieb zu studieren. Besonders interessant sind für sie Autos aus Skandinavien, Deutschland, Österreich und der Schweiz, wobei Österreich mit seinen langen Wintern und dem intensiven Einsatz verschiedener Streusalzmischungen die größten Herausforderungen bietet. Salz ist für die Karosserie ein doppeltes Problem, da es anhaftet und hydrophil ist, also Wasser anzieht. So bedeutet Salz an der Karosserie gleichzeitig auch immer Feuchtigkeit an der Karosserie. Bei einer guten und haltbaren Oberflächenbeschichtung ist Salz allerdings für das darunter liegende Blech vollkommen unschädlich.
Fazit
Ziel aller Korrosionsschutz-Bemühungen ist es, dass Rost bei einem Auto kein Thema mehr ist. Schließlich nervt Rost, bleibt dem jeweiligen Eigentümer in Erinnerung und sorgt für einen Wertverfall, was am Ende zum Beispiel auch Einfluss auf Leasingraten hat. Unter Beachtung der CO2-Bilanz bei der Produktion eines Autos ist ein lange haltbares Fahrzeug zudem klimafreundlich.
So haben Korrosionsschutzexperten über die Jahre den Rostschutz permanent verbessert. Zum Schutz des Grundmetalls darf sich das Auto nicht selbst beschädigen, wie es beispielsweise durch Steinschlag an den Seitenschwellern passieren könnte. Auch sonst ist das Fernhalten von Wasser als Elektrolyt wichtig, außerdem darf es nicht zu Kontaktkorrosion zwischen verschiedenen Metallen kommen. VW hat dafür von der Entwicklung über die Produktion und dann folgende jahrelange Überwachungstests ein ausgeklügeltes System entwickelt, das den Wolfsburgern das Gewähren von zwölf Jahren Garantie gegen Durchrostung ermöglicht. Kein Rost ist keine Selbstverständlichkeit, aber dank gehörigem Aufwand ist Korrosion bei beispielsweise zehn Jahren alten Fahrzeugen selten ein Thema.
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