- Panasonic zeigt erstmals 4680er-Batteriezelle
- Batteriematerialien ändern sich, kein Kobalt mehr
- Mehr Batterien machen Nachhaltigkeit wichtiger
- Zellen als tragende Teile – E-Auto soll Verbrenner überholen
Energie erzeugen will Musk vor allem mit Solarzellen, speichern will er sie in Batterien. Lässt Musk die bislang noch in Gigafactories bauen, sollen sie künftig aus Terafactories kommen. Tera ist das neue Giga. Dazwischen liegt bekanntlich der Faktor 1.000. Produziert Tesla aktuell im Bereich von 30 Gigawattstunden Batteriekapazität jährlich, sollen es perspektivisch drei Terawattstunden pro Jahr werden. Das wäre eine Steigerung um den Faktor 100. Das will Tesla nicht mehr nur zusammen mit Panasonic schaffen, sondern auch in Kooperation mit dem chinesischen Konzern CATL.
Panasonic zeigt erstmals 4680er-Batteriezelle
Tesla-Chef Elon Musk hatte sie bereits auf dem Battery Day 2020 angekündigt, im Oktober 2021 hat Panasonic Vice President Kazuo Tadanobu sie gezeigt: Die neue Batteriezelle mit dem Formfaktor 4680. Bei dem von Tadanobu vorgestellten Exemplar handelte es sich noch um einen Prototyp, laut Nikkei Asia soll es 2023 mit der Serienproduktion losgehen. Dem Bericht zufolge investiert Panasonic rund 624 Millionen Euro in seine Fabrik in Wakayama, um dort jährlich Akkus für wohl 150.000 Autos (10 GWh); das wären etwa 20 Prozent von Panasonics Gesamtproduktion. Eine Produktion der 4680er-Zellen in anderen Ländern, vor allem in den USA, soll folgen.
Über Änderungen an der Zellchemie gab es bislang keine Informationen – die Batteriezellen aus aktueller Panasonic-Produktion arbeiten angeblich mit einer Nickel-Cobalt-Aluminium-Chemie (NCA). Tesla selbst produzierte bereits 4680er-Zellen – allerdings bisher nur zu Testzwecken. Für Kobalt nennen die Amerikaner schon länger einen Anteil von unter 3 Prozent.

Im Vergleich zu den 18650-Standardzellen des Model S und den 2170-Zellen beim Model 3 setzt Tesla in Zukunft auf die größeren Rundzellen. Sie sind 80 Millimeter (Model S: 65, Model 3: 70) hoch und haben 46 Millimeter (Model S: 18, Model 3: 21) Durchmesser. Die neuen 4680-Module sollen fünf Mal mehr Energie speichern (klar, sie haben gut 5 Mal so viel Volumen). Bei vergleichbarer Größe der gesamten Batterie sollen sie aber auch 16 Prozent mehr Reichweite bringen. Nikkei Asia zitiert Berechnungen, denen zufolge die Reichweite des Model S mit den neuen Zellen von 650 auf 750 Kilometer steigen wird. Kritisch könnte allerdings die Kühlung vor allem des Zellinneren bei immer größerem Durchmesser werden. Die geänderten Abmessungen sind aber wohl nicht die entscheidende Innovation.
Maximilian Fichtner, Direktor am Helmholtz-Institut Ulm und Professor für Festkörperchemie, sagte dem "Spiegel": "Bisher stecken in Tesla-Batterien Rundzellen, die etwas größer sind als die Batterien einer klassischen Taschenlampe. Darin steckt eine aufgerollte Metallfolie mit einer Paste darauf, das ist das eigentliche Speichermaterial. Am Ende dieser Rolle befindet sich eine Lasche. Wenn ich die Batterie lade oder entlade, muss der Strom über die Lasche die gesamte Wicklung durchlaufen. Tesla hat es jetzt geschafft, diese Rolle quer zu verbinden und die Lasche überflüssig zu machen". Dadurch werde der Weg für den Strom deutlich kürzer und Tesla könne die Größe der Zelle auf die einer kleinen Bierdose erhöhen – was an sich ungünstig ist, weil dann beim Schnellladen die Wärme nicht aus der Zelle herauskönne. Der kürzere Weg für den Strom reduziere aber den Widerstand, wodurch kaum noch Wärme entstehe. Während das Format die Reichweite um 16 bis 18 Prozent erhöhen könne, könne ein solches System vor allem bis zu sechsmal schneller geladen werden. "Das ist ein Quantensprung", so Fichtner.

Die Produktion dieser neuen Zellen hat Tesla nach eigenen Angaben bereits gestartet. Sind die Zellen größer, braucht man weniger pro Gesamtbatterie. Die Produktionskosten hängen aber auch direkt mit der Zellanzahl zusammen. Die größeren Zellen sollen so die Kosten pro Kilowattstunde um 14 Prozent senken. Weitere Einsparungen verspricht sich Musk von der Trockenbeschichtung der Batteriefolien, anstelle der bisherigen Nassverarbeitung. Das sei aber aktuell noch in Erprobung. Auch eine neu konzipierte Produktionslinie soll Einsparungen bringen.
Batteriematerialien ändern sich, kein Kobalt mehr
Tesla will offenbar auch an den Materialmix in den Zellen ran. An der Anode soll Grafit durch Silizium ersetzt werden. Das soll die Kosten auf 1,20 Dollar pro Kilowattstunde senken. Die Kathode soll künftig ganz ohne Kobalt auskommen und dafür mit mehr Nickel und mit anderen weiteren Metallen funktionieren. Im Zusammenhang damit will Tesla auch den Herstellungsprozess der Kathoden komplett neu denken und ein neues Kathodenwerk bauen. Zellchemiker sehen den hohen Nickelanteil kritisch: Einerseits erwies sich die Zyklenfestigkeit solcher Zellen als überschaubar, andererseits gelten sie als temperaturkritischer und brandgefährlicher.

Mehr Batterien machen Nachhaltigkeit wichtiger
Aber offenbar nimmt auch Tesla die Nachhaltigkeit der Batterieproduktion immer ernster, vor allem wenn die Kapazität so stark wachsen soll. Darum habe man eine neue Methode der Lithiumgewinnung entwickelt, die ohne Säuren auskommt und somit keine der regelrechten Umweltbrachen hinterlassen soll, wie sie bislang kritisiert wurden. Außerdem will Tesla vor allem Metalle aus dem Recycling alter Batterien verwenden. Solche Kreislaufprozesse haben auch andere Autohersteller bereits auf dem Radar. Dabei spielen die Kosten ebenfalls ein große Rolle.
Mit den skizzierten Maßnahmen könnte Tesla theoretisch eine Halbierung der Kosten erreichen – allerdings mit einer zeitlichen Perspektive von drei Jahren. Angesichts der kontinuierlichen Degression der Kosten für die kWh Batteriekapazität in den letzten drei Jahren klingt das aber gar nicht so spektakulär. Offenbar kann selbst Tesla hier nur mit steigenden Optimierungen vorankommen. Ein Umstand, der viele Investoren enttäuschte: Die Tesla-Aktie gab im Zuge des Battery Days um mehr als sechs Prozent nach
Zellen als tragende Teile – E-Auto soll Verbrenner überholen
Eine auf den zweiten Blick sehr spannende Neuerung kündigte Musk aber doch noch an. Sie soll nicht nur eine weitere Kostenreduzierung bringen, sondern Batteriezellen quasi zu tragenden Teilen der Konstruktion eines Autos machen. Tesla hat für den Zellmantel eine Aluminiumlegierung entwickelt, die kalt verarbeitet werden kann und dadurch besonders stabil sein soll. Tesla-Modelle sollen daher offenbar künftig aus einem einzigen Vorder- und einem Hinterteil bestehen. Die Batterie verschmilzt quasi mit dem Fahrgestell und braucht deshalb wohl keine stabilisierenden Strukturen mehr. Dazu werden die Batterien zwischen die Karosserieteile geklebt, wodurch angeblich zudem mehr Zellen untergebracht werden können. Als Haupteffekt soll es aber die Bodengruppe besonders stabil machen, steifer als bei konventionellen Autos. Das mache die Fahrzeuge leichter und die Konstruktionen flexibler. Musk erwähnte sogar Cabrios ohne die sonst zwingend notwendigen zusätzlichen Versteifungsmaßnahmen.

Von der neuen Architektur verspricht sich Tesla eine Kostenreduktion pro Kilowattstunde um 56 Prozent sowie rund 50 Prozent mehr Reichweite für vergleichbare Fahrzeugmodelle. Die zeitliche Perspektive sieht Musk auch hier bei etwa drei Jahren – die Umstellung benötige einiges an Zeit.

Langfristig glaubt Musk, dass ihm die Veränderungen erlauben ein Elektroauto billiger herzustellen, als Autos mit Verbrennungsmotor – bei gleichzeitig mehr Leistung und Reichweite. So stellt er ein Teslamodell für 25.000 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 21.338 Euro) in Aussicht. Ob das Modell wirklich in diesem Zeitrahmen kommt, ist derweil unklar – Musks oft spektakuläre Ankündigungen haben sich oft erfüllt, oft kamen sie dann aber auch mit einer deutlichen Verzögerung oder gar nicht. Sämtliche technischen Neuerungen für das 25.000-Dollar-Auto befinden sich noch in der Entwicklung oder haben noch nicht begonnen.
Als einen greifbaren Erfolg kündigte Musk immerhin den Model S mit Plaid-Antrieb an: 323 km/h Höchstgeschwindigkeit, 837 Kilometer Reichweite und von null auf 100 km/h in 2,0 Sekunden. Bei der Beschleunigung neigt Musk allerdings zum Übertreiben – wir halten 2,4 bis 2,5 Sekunden für realistisch, was immer noch ein Fabelwert ist. Auf der Nordschleife soll der Model S Plaid alles versenken, was Räder hat – das hat auch Lucid mit seinem Air vor. Möglicherweise kündigt sich da ein Wettkampf an, der sämtliche auf der Nordschleife aufgestellten Verbrennungsmotor-Rekorde vergessen lässt.