
Mit Tunnels unter Großstädten will Elon Musk den Verkehr entlasten. Dort sollen autonome Teslas fahren. Jetzt gibt's erste Bilder zu den "Bahnhöfen". Und: Wir beantworten die zehn wichtigsten Fragen zur Boring Company.
Multimilliardär und Multiunternehmer Elon Musk (PayPal-Mitbegründer, Tesla, SpaceX) hatte Ende 2016 über den Kurznachrichtendienst Twitter angekündigt, dass er eine Tunnelbohrmaschine bauen und einfach losbohren werde. Die passende Firma dazu heißt "Boring Company" (TBC) und hat inzwischen mehrere Probe-Tunnel gegraben. Besonders weit fortgeschritten ist das Projekt in Las Vegas. Der 48,7 Millionen Dollar teure Las Vegas Convention Center Loop (LVCC) soll die südliche und die zentrale Messehalle mit der neuen Messehalle verbinden. Der Fußweg beträgt aktuell 15 Minuten, die autonomen Teslas in den beiden Tunnelröhren werden deutlich schneller sein. Um den Service nutzen zu können, braucht es natürlich eine Art "Bahnhof". Und genau den hat Elon Musk jetzt auf Twitter gezeigt. 8 Tesla Model 3, die in Parkbuchten auf Passagiere warten, um diese dann fahrerlos zur nächsten Messehalle zu fahren.
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Elon Musk ist (wie eigentlich immer) extrem überzeugt von seiner Tunnel-Idee. Zweifel kommen aus Deutschland. Wir beantworten die zehn wichtigsten Fragen zur Boring Company.
1. Wann und warum wurde The Boring Company gegründet?
Das Tunnelbauunternehmen "The Boring Company", kurz TBC, wurde am 17. Dezember 2016 von Elon Musk gegründet und hat seinen Sitz in Hawthorne, Kalifornien in den USA. Genauer gesagt auf dem Gelände des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX – ebenfalls von Elon Musk. Der Gründung der TBC gingen zwei Tweets von Musk voran, in denen er neben dem Namen bereits ankündigte "eine Tunnelbohrmaschine zu bauen und einfach draufloszugraben." Aktuell sind bis zu 100 Mitarbeiter beschäftigt.
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2. Warum Tunnelbau und nicht fliegende Autos?
Elon Musk will den Verkehr unter die Erde bringen, um ihn zu entzerren. Die Option der fliegenden Autos birgt zu viele Nachteile und Risiken, wie das Wetter, die Angst der "Fluggäste" und die Geräuschentwicklungen. Die direkten Vorteile von Tunnels sieht Musk vor allem in der unbegrenzten Anzahl der möglichen Tunnelebenen. Wo viel los ist, kommen einfach mehr Tunnels zum Einsatz. Sie sind zudem wetterfest und an der Oberfläche nicht wahrnehmbar. Bisherige Projektbremsen waren die Kosten von bis zu einer Milliarde US-Dollar pro Meile (1,61 Kilometer). Jetzt fuhr Musk zum ersten Mal mit einem Cybertruck-Prototypen durch den Testtunnel. Am Steuer: Jay Leno.
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3. Wie lassen sich die Kosten senken?
Bislang soll der Standard-Tunneldurchmesser für einen einspurigen Tunnel bei rund 8,5 Metern liegen. Die Verwendung von autonomen Elektrofahrzeugen soll diesen Durchmesser um die Hälfte reduzieren (ca. 4,2 Meter). Mit dieser Halbierung des Durchmessers ließen sich die Kosten um das bis zu Vierfache senken. Zudem möchte das Unternehmen einen Teil des ausgehobenen Schutts zum Beispiel zur Herstellung der Tunnelauskleidung wiederverwenden.
Die Wüstenstadt Las Vegas ist Heimat für viele Messen, darunter die CES. Hier entsteht der erste Loop.
Gleichzeitig erforscht die TBC Möglichkeiten, die sehr langsam arbeitenden Tunnelbohrmaschinen schneller zu machen. Dazu soll bei entsprechender Aufrüstung der Kühlsysteme die Leistung verdreifacht werden können. Hinzu kommt eine Automatisierung auch der großen Tunnelbohrmaschinen (TBM), die bislang noch von Menschen bedient werden müssen.
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Elon Musk ist ja bekannt, dass er eine Schwäche für eindrucksvolle Namen hat. So heißt die erste Generation seiner TBM Godot (nach dem Theaterstück "Warten auf Godot" von Samuel Beckett) und die zweite Generation Line-Storm (nach dem Line-Storm Lied von Robert Frost, veröffentlicht in seinem ersten Gedichtband "A Boy’s Will" von 1913). Die dritte Generation der TBM von TBC heißt Prufrock (nach "The Love Song of J. Alfred Prufrock" des Dichters T.S. Eliot). Letztere Generation soll rund 15 Mal so schnell graben können, als die erste Generation. Schaffen soll sie es durch eine dreimal so starke Stromaufnahme und ein modifiziertes Messer-Design.
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Vor allem dieses Tunnelbohrmaschinen-Tuning ist aber umstritten. auto motor und sport hat bei der Firma Herrenknecht, dem führenden Hersteller von Tunnelvortriebstechnik, nachgefragt: "Würde man die Vortriebsgeschwindigkeit von Tunnelbohrmaschinen um den Faktor drei höher setzen wollen, würde das nach allgemeiner Einschätzung der Fachexperten und auch von uns – einmal abgesehen von dem zu durchfahrenden Baugrund – die heutigen logistischen Möglichkeiten in operativer Hinsicht überstrapazieren. Da sind die Grenzen schon alleine durch genehmigungstechnische und topologische Gegebenheiten (Platzbedarf, Umwelt- und Emissionsschutz, öffentliches Ausschreibungsrecht) in den meisten Städten dieser Welt gesetzt. Je schneller beim unterirdischen Bauen von Infrastrukturmaßnahmen gebohrt wird, desto mehr Abbaumaterial und Zuliefer-Material müsste auf einer innerstädtischen Baustelle umgeschlagen, ab- und antransportiert werden. Auf diese logischen Konsequenzen von schneller Bohren gehen Elon Musk oder seine Company bislang nicht öffentlich ein."
4. Welche Projekte realisiert TBC?
TBC fokussiert sich vor allem auf zwei Projektarten: den Loop und den Hyperloop. Der Loop ist ein unterirdisches Hochgeschwindigkeits-Nahverkehrssystem, in dem Passagiere mit kompatiblen autonomen Elektrofahrzeugen auf Basis der Tesla Model X-Plattform (AEV) mit einer Geschwindigkeit von bis zu 250 Kilometer pro Stunde befördert werden. Bis zu 4.000 Fahrzeuge sollen so pro Stunde pro Röhre möglich sein. Derzeit kommen Fahrzeuge des Typs Tesla Model X mit Ausrichtungsrädern zum Einsatz, sowie ein Fahrgestell für bis zu 16 Personen. Der Hyperloop ist ein unterirdisches Transportsystem, das mithilfe von Druckkabinen seine Insassen mit einer Geschwindigkeit von knapp 1.000 Kilometer pro Stunde von A nach B befördert. Auch hier finden bis zu 16 Personen Platz.
5. Gibt es bereits abgeschlossene Projekte?
Seit dem 18. Dezember 2018 ist mit dem Hawthorne Test Tunnel das erste Loop-Projekt fertiggestellt. Ein Vergleichsvideo zeigt, wie groß der zeitliche Vorteil des von einem autonom fahrenden Tesla genutzten Tunnelsystems gegenüber dem oberirdischen Straßenverkehr ist. In dem Video starten zwei Fahrzeuge zeitgleich in der 412 W 120th Street in Hawthorne, Kalifornien. Das eine Fahrzeug oberirdisch, das anderen nutzt einen von TBC gebohrten Tunnel. Ziel der beiden Wettkämpfer ist 12260 Crenshaw Boulevard, nahe der SpaceX-Zentrale. Die exakte Entfernung ist oberirdisch gemessen 1,9 Kilometer. Die Kosten belaufen sich auf zehn Millionen US-Dollar.
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6. Welche Projekte befinden sich aktuell im Bau?
Der 48,7 Millionen teure Las Vegas Convention Center Loop (LVCC) in Las Vegas soll die südliche und die zentrale Messehalle mit der neuen Messehalle verbinden. Der Fußweg beträgt aktuell 15 Minuten. Eine Fahrt mit dem Loop soll eine Minute dauern. Eine Expansion des Loops könnte zudem den Flughafen McCarren International, Hotels oder auch irgendwann die Metropole Los Angeles mit der Zockerstadt verbinden.
Der Las Vegas Convention Center Loop soll vorerst Messebesucher entlasten. Später sollen weitere Strecken mit mehr Stopps denkbar sein.
7. Welche Projekte sind in der Planung?
Mit der Dugout-Schleife will TBC ein emissionsfreies, unterirdisches Hochgeschwindigkeits-Nahverkehrssystem von Los Feliz, East Hollywood oder Rampart Village bis zum Dodger Stadium in Los Angeles bauen. In weniger als vier Minuten sollen so Baseballfans und Konzertbesucher zum Stadion gebracht werden. Der Bau des Tunnels und der beiden Schleifenlifte selbst soll nur 14 Monate dauern. Die Röhren sollen sich in einer Tiefe von rund zehn Metern befinden. Anfänglich will TBC den Dugout Loop auf 1.400 Personen pro Veranstaltung begrenzen. Pro Jahr soll der Loop 250.000 Menschen transportieren.
Der Chicago Express Loop soll den O´Hare Flughafen mit dem 28 Kilometer entfernten 37. Block in Chicago (Downtown) verbinden. Eine Fahrt soll zwölf Minuten dauern. Das existierende Transportsystem, die Blue Line, benötigt für die Fahrt inklusive 17 Stopps 43 Minuten. Der Preis für eine Fahrt soll weniger als die Hälfte von typischen Mitfahrgelegenheiten (Uber: 27 – 45 US-Dollar) liegen, aber über den fünf US-Dollar einer Blue Line-Fahrt. Es darf also mit zehn bis 15 US-Dollar gerechnet werden.
Von Washington DC bis nach Baltimore könnte der East Coast Loop zum Einsatz kommen. Der geplante Tunnel würde rund 56,8 Kilometer lang sein. Ziel dieses Loops ist eine drastische Verkürzung der Pendelzeiten und eine Reduzierung der Verkehrsbelastung. Sowohl Loop- als auch Hyperloop-Technologien sollen hier denkbar sein. Im Loop soll der Transport 15 Minuten, im Hyperloop unter acht Minuten dauern. Das Projekt würde zu 100 Prozent von TBC privat finanziert. Der Bau soll zwischen 18 und 23 Monaten dauern.
8. Ist das Loop-System sicher?
Anders, als bei konservativen Schienensystemen, besteht beim Loop keine Gefahr durch eine dritte 600 Volt-Schiene. Eine Brandgefahr ist ebenfalls nur gering gegeben, da die Betonröhren nicht ausgekleidet und somit nicht brennbar sind. Lediglich die Fahrzeuge selbst könnten Feuer fangen. Wie U-Bahnen werden die Loops über Notausgänge entlang der Tunnelroute verfügen.
9. Wie finanziert sich TBC?
Unter anderem durch Merchandising (mit dem Film "Spaceballs" als Vorbild). Was sich wie ein müder Witz liest, ist keiner. So konnten Interessenten nicht nur eine auf 50.000 Stück limitierte Baseballmütze zu einem Preis von 20 US-Dollar kaufen, sondern auch einen auf 20.000 Stück limitierten Flammenwerfer mit Namen "Kein Flammenwerfer" für 500 US-Dollar. In Summe hat diese Maßnahme elf Millionen US-Dollar in die Kassen gespült. Das Gerät benötigt einen 400 Gramm schweren Propangaszylinder um zu funktionieren, der zusätzlich gekauft werden muss (Geld liegt bei). Die Flamme reicht bis zu zwei Meter weit. Anders, als echte Flammenwerfer, schießt der TBC "Not a flamethrower" keine brennenden Flüssigkeiten. Der passende Feuerlöscher kommt mit 30 US-Dollar fast schon günstig daher.
Not a flamethrower von TBC für 500 US-Dollar.
Neben den Merchandising-Einnahmen konnten im vergangenen Jahr Aktien im Wert von 120 Millionen US-Dollar an den Risikokapitalgeber Steve Jurvetson verkauft werden. Er ist gleichzeitig Verwaltungsratsmitglied von Tesla und Space Exploration Technologies Corp. Bereits im Vorjahr generierte TBC 113 Millionen US-Dollar, von denen 90 Prozent von Musk selbst stammen. Der Investitionswert des Unternehmens stand noch im Juli 2019 bei 920 Millionen US-Dollar.
10. Was sind die entfernten Ziele von TBC?
Auf der ISS R&D Conference 2017 stellte Elon Musk bereits seine Ziele vor, auf dem Mars Tunnelsysteme zu etablieren. Dem Nachrichtensender CNBC sagte SpaceX Präsident und COO Gwynne Shotwell: "Ich denke, TBC könnte helfen Menschen auf dem Mars unterzubringen. Wir müssen Tunnel für Menschen graben."
Fazit
Dass es unterirdisch ohne Ampeln und Stau flotter von A nach B geht, liegt auf der Hand. Warum eine Großstadt allerdings autonome Teslas statt einer klassischen U-Bahn fahren lassen soll, bleibt Elon Musks Geheimnis. Spannend ist der Tunnelbau aber mit Blick auf die Gesamtstrategie, die man bei Musk nie aus den Augen lassen darf. Er hat für 2021 einen ersten Einsatz von vollautonomen Fahrzeugen angekündigt und könnte dieses Versprechen mit den Autos im Tunnel tatsächlich halten. Dort fährt es sich unter den komplett kontrollierbaren Bedingungen deutlich einfacher autonom, als im täglichen Berufsverkehr über der Erde.
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