Stress-Macher: Das sind die Problemmotoren mit Zahnriemen im Öl

Motoren mit Zahnriemen im Motoröl
Das sind die Problemmotoren mit Zahnriemen im Ölbad

Ein Nockenwellen-Zahnriemen ist ein zentrales Bauteil in vielen Verbrennungsmotoren und dient der Synchronisation von Kurbelwelle und Nockenwelle(n). Über ihn werden die Ventile der Zylinder angesteuert, damit diese exakt zum richtigen Zeitpunkt öffnen und schließen.

Zahnriemen sind in modernen Autos weiter verbreitet als Steuerketten, rund zwei Drittel aller Pkw-Motoren sind heute mit einem Zahnriemen ausgestattet. Der Hauptgrund dafür ist, dass Zahnriemen günstiger in der Herstellung und geräuschärmer im Betrieb sind als Steuerketten. Zahnriemen werden vor allem bei kleineren Motoren eingesetzt, während Steuerketten häufiger in leistungsstärkeren Aggregaten zum Einsatz kommen.

Die Idee war gut

In der jüngeren Vergangenheit, ausgelöst durch Entwicklungen aus der Zulieferer-Industrie, gingen einige Autohersteller zur Konstruktion von Motoren mit Zahnriemen im Ölbad über. Damit sollten die Motoren noch effizienter werden. Bei dieser Bauweise wird der Nockenwellen-Zahnriemen nicht wie bisher üblich an der Außenseite des Motorgehäuses untergebracht und angesteuert, sondern im Motorinneren, wo er wie Kurbelwelle und Kolben mit dem Motoröl in Kontakt kommt, also mit Öl geschmiert wird. Bei der Entwicklung dieser Technik wurde ursprünglich davon ausgegangen, dass diese Konstruktion ein Motorenleben lang halten würde. Das hat sich als Trugschluss herausgestellt. Zunächst zu den Fakten im Überblick.

Zahnriemen im Ölbad – Warum werden sie eingesetzt?

Bei einigen modernen Motoren wird der Zahnriemen nicht trocken, sondern im Ölbad oder im Ölnebel betrieben. Diese Bauweise wird als "nasser Zahnriemen" bezeichnet und wurde entwickelt, um mehrere Vorteile zu nutzen:

  • Reduzierter Reibungswiderstand: Der nasse Zahnriemen hat im Vergleich zur klassischen Steuerkette oder einem trockenen Zahnriemen einen geringeren Widerstand, was zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs beiträgt.
  • Geringere Geräuschentwicklung: Die Schmierung durch das Öl dämpft die Laufgeräusche des Zahnriemens.
  • Längere Lebensdauer: Theoretisch soll der Zahnriemen durch das Öl weniger stark altern und eine verlängerte Haltbarkeit erreichen.

Probleme mit dem nassen Zahnriemen

Obwohl der nasse Zahnriemen theoretisch langlebiger sein sollte, sind in der Praxis jedoch erhebliche Probleme aufgetreten.

  1. Auflösende Riemenbeschichtung: Durch den permanenten Kontakt und die chemische Einwirkung des Motoröls kann sich die Riemenbeschichtung über die Zeit lösen. Dies führt zu Gummi- und Partikelabrieb, der in das Öl gelangt.
  2. Verstopfte Ölkanäle und Ölpumpe: Die sich ablösenden Partikel setzen sich in feinen Ölkanälen, der Ölpumpe nebst Ansaugsieb, sowie im Ölfilter fest, was zu einer Schmierungsunterversorgung führt. Ist diese einmal eingetreten, sind teure Reparaturen unabdingbar.
  3. Motorschäden durch Ölmangel: Eine verstopfte Ölpumpe kann dazu führen, dass der Motor nicht ausreichend geschmiert wird. Daraus können kapitaler Motorschaden und kostspielige Reparaturen resultieren.
  4. Ungeplante Wartungskosten: Während klassische Zahnriemenwechsel oft bei 150.000 km oder mehr vorgesehen sind, treten Probleme beim nassen Zahnriemen teils schon bei 60.000–100.000 km auf, was frühzeitige Reparaturen nach sich zieht.

Hierzu muss ergänzt werden, dass die Konstruktion nasser Zahnriemen die Werksvorgaben für das zu verwendende Motoröl penibel eingehalten werden. Füllen Werkstätten oder Kunden wissentlich oder aus Versehen nicht für den speziellen Riementrieb geeignete Ölsorten ein, potenziert sich die oben genannte Problematik.

Welche Marken und Motoren sind betroffen?

Besonders Ford, PSA (Peugeot, Citroën, Opel), Volkswagen, Honda und General Motors haben diese Bauweise bei bestimmten Motoren eingesetzt:

  • Ford 1.0 EcoBoost (seit 2012)
    • Betroffen in Modellen wie Ford Fiesta, Focus, C-Max, Ecosport, Puma, Mondeo, Galaxy, S-Max und Tourneo Courier/Connect, Transit Courier/Connect.
  • Ford 1.5 EcoBoost (Dreizylinder, nur 2018/2019)
    • Betroffen in Modellen wie Ford Focus, Fiesta ST, Kuga.
  • Ford 2.0 EcoBlue Diesel (seit 2018)
    • Eingebaut in Modellen wie Ford Focus, Kuga, Transit, Transit Custom und Tourneo Custom.
  • Ford 1.8 TDCI (Endura-DI, seit 2007)
    • Hier treibt der nasse Zahnriemen nicht die Nockenwelle, sondern ausschließlich die Kraftstoff-Hochdruckpumpe an. Der Riemen für den Ventiltrieb läuft trocken.
    • Verwendet in Ford Galaxy/S-Max, Mondeo, Transit Connect/Tourneo Connect.
  • PSA 1.2 PureTech (EB2FA/EB2DT/EB2ADTD/EB2DTS/EB2ADTS, seit 2014)
    • Verwendet in Citroën Berlingo, C1, C3, C4, C4 Picasso/Spacetourer, C5 Aircross C5-X, DS3, DS3 Crossback, DS4, DS7, Fiat Doblò, Jeep Avenger, Opel Corsa, Crossland (X), Mokka, Grandland (X), Peugeot 108, 208, 308, 2008, 3008, 5008, Partner, Rifter, Toyota Aygo, ProAce City
  • Volkswagen 1.6 und 2.0 TDI (Baureihe EA288, seit 2012)
    • Hier treibt der nasse Zahnriemen nicht die Nockenwellen, sondern ausschließlich die Ölpumpe an. Der Riemen für den Ventiltrieb läuft trocken.
    • Verwendet in VW Golf, Passat, Tiguan, Transporter T6, Audi A3, A4, A6, Q3, Q5, Seat Leon, Ateca sowie Škoda Octavia und Superb.
  • Honda 1.0 VTEC Turbo (P10A2, seit 2017)
    • Eingesetzt im Honda Civic der 10. Generation (2017–2021).
  • Opel 1.2 Direct Injection Turbo (F12SHL/F12SHT/F12SHR, seit 2019)
    • Eingebaut im Opel Astra K.
    • Dieser Motor hat trotz des identischen Hubraums nichts mit dem unmittelbar darauffolgenden 1.2 Puretech aus der Stellantis-Ära zu tun.

Umstellung auf Steuerkette bei Stellantis

Aufgrund der auftretenden Probleme hat Stellantis in neueren Versionen des 1.2 PureTech-Motors auf einen Steuerkettenantrieb umgestellt. Diese Modifikationen sind seit etwa 2022 in Produktion und sollen die bekannten Probleme des nasslaufenden Zahnriemens beheben. Aufgrund der enorm weiten Verbreitung des Motors gibt es keinen einheitlichen Zeitpunkt, ab dem standardmäßig die Version mit Kette verbaut ist. Es handelt sich um Modelle, die ab Mitte 2023 vorgestellt bzw. erneuert worden sind. Wer jedoch sichergehen will, kann sich darauf verlassen, dass hinter den Motorcodes EB2LTED/EB2LTEDH2 zwangsläufig immer Kettenmotoren stecken. Diese Motoren arbeiten zum Beispiel in Stellantis-Neuerscheinungen wie dem Peugeot 408, dem Opel Frontera, oder auch dem Fiat 600.

Umstellung auf Steuerkette bei Ford

Zum Modelljahr 2018 wechselte man bei Ford vom problematischen Nass-Zahnriemen auf eine Steuerkette. Ähnlich wie bei Stellantis findet sich der Ford-Dreizylinder, sowohl mit 1,0 als auch mit 1,5 Litern Hubraum, in vielen verschiedenen Modellen, die nicht alle zum selben Zeitpunkt umgestellt worden sind. Daher lässt sich kein fixes Datum für den Wechsel festlegen. Namentlich ging der Wechsel vom Intern-Namen "Fox" zu "Dragon" einher. Die Steuerkette ersetzte nicht einfach den Zahnriemen, sondern wechselte obendrein die Motorseite, liegt nun also getriebeseitig. Alle Dreizylinder-EcoBoost mit Zylinderabschaltung verwenden die Steuerketten-Variante. Der 1,5-Liter-Dreizylinder wie er sich z.B. im Fiesta ST fand, war nur für einen sehr kurzen Bauzeitraum zwischen 2018 und 2019 betroffen.

Wechsel auf neue Technik

Inzwischen hat auch die Zulieferindustrie auf die Problematik der sich auflösenden Zahnriemen reagiert. So bietet Continental inzwischen einen verbesserten Zahnriemen für die Stellantis-Motoren an, der über eine ölbeständigere Zusammensetzung und eine ölresistente Beschichtung verfügt. Dieser wird zum Tausch des Original-Riemens für Stellantis-Motoren ab dem Jahr 2013 angeboten.

Kann ich das selbst machen?

Der Tausch eines solchen Zahnriemens ist keine Arbeit für Hobbybastler, sondern benötigt spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten sowie eine gut ausgerüstete Werkstatt. Außerdem ist teures Spezialwerkzeug nötig, das sich für Privatkunden nicht rechnet. Dennoch gibt es im Internet zahlreiche Anleitungen, anhand derer man sich ein Bild über die Arbeitsabläufe machen kann, so wie beim unten eingebundenen Youtube-Video der Reparatur eines 1.0 Ecoboost-Motors von Ford.

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Was lässt sich vorbeugend tun?

Generell ist es bei von dieser Problematik betroffenen Motoren wichtig, die Serviceintervalle penibel einzuhalten oder sogar zu verkürzen. Mit der Problematik vertraute Fachwerkstätten raten beispielsweise dazu, das Wechselintervall für den Zahnriemen zu verkürzen. Das Einhalten der Ölwechsel-Intervalle mit Öl in der der exakten Spezifikation der Herstellerangaben ist ebenfalls wichtig. Dabei sollte in der Werkstatt regelmäßig das Ölpumpensieb kontrolliert werden, dazu muss in der Regel die Ölwanne demontiert werden. Sind in diesem Sieb erhebliche Ablagerungen von Riemenbestandteilen zu erkennen, besteht Handlungsbedarf, um einem Motorschaden vorzubeugen – der Riemen muss gewechselt werden. Hierzu die Checkliste:

  • Riemenzustand regelmäßig prüfen lassen: Insbesondere bei Laufleistungen über 60.000 km sollte der Zahnriemen im Rahmen von Inspektionen kontrolliert werden.
  • Ölwechselintervalle einhalten, dabei regelmäßig Ölpumpensieb kontrollieren
  • Aktuelle Herstellerangaben zur Öl-Spezifikation beachten, die Angaben im Fahrzeughandbuch können veraltet und überholt sein
  • Auf Symptome achten: Falls der Motor ungewöhnliche Geräusche macht, der Öldruck sinkt oder Warnleuchten aufleuchten, sollte sofort eine Werkstatt aufgesucht werden.
  • Zahnriemen frühzeitig wechseln lassen: Falls bekannt ist, dass ein bestimmtes Modell häufig betroffen ist, kann es sinnvoll sein, den Riemen schon vor der empfohlenen Laufleistung auszutauschen.