Böse Zungen behaupten, es gäbe nichts Anstrengenderes, als mit Designern über Design zu sprechen. Wir machen uns da lieber selbst ein Bild – deshalb haben wir den Leiter des Porsche-Designs (und des VW-Konzern-Designs), Michael Mauer, zu uns in die Redaktion eingeladen, um über Geschmack zu streiten, über Trends zu sprechen und uns einen 911 mit Elektroantrieb vorzustellen. Das gesamte Gespräch gibt es als Video direkt hier im Artikel.
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In der Talkrunde erklärt Michael Mauer, dass der Motor eines Autos – oder hier konkret der Boxer in einem 911 – nicht für 100 Prozent der Emotion zuständig ist. Für Designer sei der große Heckmotor gar eine Herausforderung. "Mit einer Umstellung auf Elektroantrieb steigt der Freiheitsgrad in der Designabteilung – egal bei welchem Auto", erklärt Mauer dazu. Ein elektrischer 11er könnte am Ende also durchaus der schönere sein. Mauer, seit 2023 auch wieder oberster Gestalter des Volkswagen-Konzerns, ist sich aber sicher, dass der 911 das letzte Auto mit einem Verbrennungsmotor sein werde. Ob er bereits einen Entwurf für den rein elektrischen Elfer in der Schublade hat? "Nein. Und selbst wenn, dann würde ich das nicht zugeben", so der 62-Jährige augenzwinkernd.

Zu Scherzen aufgelegt: Porsche Chefdesigner Michael Mauer im Talk mit Ressortleiter Patrick Lang und Chefredakteurin Birgit Priemer.
Nicht alle Hersteller haben es verstanden
Auf die Frage hin, ob Design an Bedeutung gewinne oder verliere, hat Mauer eine klare Meinung: "Design wird immer wichtiger, weil es Marken profiliert und die wiederum geben in der komplexen Automobilwelt Orientierung. Wer sich nicht weiterentwickelt, läuft in die Bedeutungslosigkeit. Es gibt aber auch einige, die im Design zu weit in die Zukunft springen und auf dem Weg ihre Kunden verlieren. Es braucht also die richtige Balance – und nicht jeder Wettbewerber scheint die Bedeutung von Design erkannt zu haben."
Ob er da Namen nennen will? "Nein, will ich nicht", lacht Mauer. "Wenn ich mal wieder im Stau stehe und mich umschaue, entdecke ich viel, von dem ich denke 'Wow, das ist wirklich gut gelöst!'. Manchmal muss ich aber auch sagen, dass es Mitbewerber gibt, deren Designlösungen an optische Umweltverschmutzung grenzen."
Weißes Blatt und eine Flasche Rotwein
Und wie läuft das jetzt bei einem Porsche-Designer ab? Weißes Blatt Papier, klassische Musik und ein Glas Rotwein? "Eher eine ganze Flasche Rotwein", scherzt der gebürtige Rotenburger. "Nein, Design ist heute ein strukturierter Prozess im Team. Diese romantisierte Vorstellung des Berufes gibt es nur noch selten. Ich persönlich mache das nicht für mein Ego, sondern für die Marke – denn meine Vorstellungen von gutem Design sind glücklicherweise deckungsgleich mit den Markenwerten von Porsche.
Klingt, als müsste sich zumindest Michael Mauer bei Porsche nicht über Geschmack streiten. Gut so, denn dem Volksmund nach verbietet sich das ja ohnehin.

Bereits seit 2004 leitet Michael Mauer die Designabteilung der Porsche AG.
Über Michael Mauer
Nach seinem Studium (Automobildesign) an der FH Pforzheim arbeitet Mauer ab 1995 bei Mercedes und verantwortet dort das Design von SLK, SL und A-Klasse mit. 1998 übernimmt er die Leitung des Mercedes-Benz Advance Design Studio in Japan und wird ein Jahr später Chefdesigner bei MCC Smart. Es folgt ein Zwischenstopp bei GM, wo Mauer von 2000 bis 2004 als Executive Design Director die Marke Saab gestaltet. Seit 2004 leitet Mauer die Design-Abteilung der Porsche AG. Zum 1. Januar 2023 hat Michael Mauer in Personalunion die Leitung des Konzernressorts Design übernommen.