Das Konzept "Automesse" brauchte schon lange ein Update – viele Autos im Scheinwerferlicht von Messehallen ist in inzwischen ein zu starres System. Messen mit Festival-Charakter, wie das Goodwood Festival of Speed, das alljährlich im sommerlichen England stattfindet, haben seit Jahren einen ungebrochenen Zulauf. Funktioniert der Festival-Charakter auch bei anderen Automessen? Mit dem Umzug der IAA nach München bekommt jetzt auch Deutschlands größte Automesse teilweise einen ähnlichen Charakter. Zum einen stellen die Hersteller auf dem Messegelände am Rande der Stadt in München-Riem aus, zum anderen haben sie die Innenstadt okkupiert. Und das funktioniert.
Mercedes mit großem Auftritt
Die sogenannten Open Spaces sind mobile Bauten, die die Aussteller entlang von Münchens schönsten Innenstadt-Hauptrouten installiert haben. Die Straßen sind während der Messezeit für den Verkehr gesperrt und vergrößern somit die Fußgängerzone. Eine der Hauptachsen beginnt an der Feldherrnhalle und zieht sich bis zum Königsplatz. Und direkt vor der Feldherrnhalle, deren architektonisches Vorbild die Loggia dei Lanzi in Florenz ist, lässt es Mercedes mit einer doppelten Freitreppe richtig krachen. Die Stuttgarter stehen zur neuen IAA: Auch auf dem Riemer Messegelände legen sie mit vielen Neuheiten den beeindruckendsten Aufschlag hin. Die Innenstadt-Freitreppe erinnert an die Touristen-Treppe am New Yorker Times Square – nur ist sie in München doppelt so groß. Und rechts neben dem Mercedesstand steht kein New Yorker Hochhaus mit einem Fastfood-Restaurant im ersten Stock, sondern dort leuchtet die Theatinerkirche im Sonnenlicht.

Kleine Aussteller mit interessanten Exponaten
Ein paar Meter weiter stadtauswärts vor dem bayerischen Landesministerium des Inneren hat sich Seats sportliche Marke Cupra in einem schicken Würfel eingerichtet, schräg gegenüber gibt es unter anderem einen Stand vom Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Die Ingenieure haben einen leichten Stadtflitzer und einen autonom fahrenden U-förmigen Lastenheber mitgebracht. Solche kleinen Aussteller sorgen für viel Abwechslung auf dem Open-Space-Gelände. Daneben ist die Anlaufstation von VW für die Testfahrten vom Summit aus über die sogenannte Blue Lane, eine spezielle Fahrspur auf der Strecke vom Messegelände in die Innenstadt.
Audi und Porsche vor Siemens-Hauptquartier
Wer lieber direkt zu Audi und Porsche möchte, biegt, die Feldherrnhalle im Rücken, gleich nach rechts in die Brienner Straße ab zum Wittelsbacherplatz. Auf dem Weg dorthin hat ein Geschäft für nachhaltige Produkte drei edle Holzfahrräder auf den Bürgersteig, den der Bayer Gehsteig nennt, gestellt – auch das macht die Open Space Area lebendig. Die Freifläche vor dem Palais Ludwig Ferdinand, in dem sich das Siemens Hauptquartier befindet, haben jetzt Audi und Porsche mit großen luftigen Ständen besetzt. Beide Hersteller haben nur wenige Modelle mitgebracht – mit viel Freiraum und der Konzentration auf das Wesentliche folgen sie dem Zeitgeist.

Roller, Räder und Scooter ausprobieren
Eine der Verbindungsachsen der Open Spaces ist die Brienner Straße. Dort können Besucher unter anderem auf der Blue Lane Micromobility E-Roller und E-Bikes testen – angesagte Geräte, die "früher" allerdings noch nachhaltiger funktionierten, da die Fahrer sie ausschließlich mit Muskelkraft betreiben mussten. Viele weitere spannende Stände gibt es in der Hofgartenstraße, in den Residenzhöfe, auf dem Marstallplatz, auf dem Marienplatz und auf dem Max-Joseph-Platz zu entdecken – und während die Messe in Riem Eintritt kostet, ist der Zugang zu den Open Spaces kostenlos.
Viele Besucher
Die entspannte Atmosphäre, zu der auch das für diesen Sommer ungewöhnlich gute Wetter beiträgt, hat bereits am ersten Open-Space-Nachmittag so viele Menschen angelockt, dass die Polizei beispielsweise den Zugang zum Wittelsbacherplatz zeitweise wegen Überfüllung sperren musste.

Entspannt Pause machen
Wer ein wenig vom Messe-Trubel verschnaufen möchte, kann in die barocke Parkanlage Hofgarten abbiegen oder wer eine mehr städtische Umgebung wünscht, kann vom Wittelsbacherplatz ein paar Minuten bis zum Platz der Opfer des Nationalsozialismus schlendern – um die Mittagszeit sitzen dort auch ohne Messe viele Menschen draußen. Von diesem Platz sind es dann nur noch ein paar Gehminuten zum Karlsplatz, den die Münchner nach einer früher dort ansässigen Gastwirtschaft Stachus nennen. Vom Karlsplatz sind der Marienplatz und sogar der Hauptbahnhof zu Fuß erreichbar – an beiden Zielen hält aber auch nach einer Station die U-Bahn.
Anreise: öffentliche Verkehrsmittel
Für die Anreise zu den Open Spaces empfehlen sich die öffentlichen Verkehrsmittel – die U-Bahn hält beispielsweise am Hauptbahnhof, am Karlsplatz, am Marienplatz und am Odeonsplatz. Die U2 fährt vom Hauptbahnhof in 20 Minuten zum Riemer Messegelände. Dorthin gelangt man auch vom Odeonsplatz aus mit der U5 und einmal Umsteigen. Dann dauert das Ganze sogar nur 17 Minuten. Wer mit dem Auto anreist, steigt am besten auf einem der Park-and-Ride-Parkplätze in die öffentlichen Verkehrsmittel um. Wer unbedingt mit dem Auto in die Innenstadt möchte, muss mit erheblichen Staus und überfüllten sowie teuren Parkhäusern rechnen.

Sicherheitskonzept funktioniert
Für Sicherheit sorgt die bayerische Polizei souverän und im Auftritt entspannt. Tausende Beamte sind zum Schutz der IAA-Gäste abkommandiert, wobei die Open Spaces nicht einer Festung gleichen – die Polizisten zeigen freundlich Präsenz, einige werden in zivil unterwegs sein. Das Feedback der Aussteller bisher ist, dass sie mit den von der Stadt München getroffenen Sicherheitsmaßnahmen ausgesprochen zufrieden sind.