Im Herbst 2016 hatte Tesla-Chef Elon Musk in einem Interview seine Idee einer autonomen Auto-Welt skizziert: Warum nicht sein an der Ostküste der USA parkendes Auto per Smartphone-Befehl zu sich fahren lassen, egal ob man sich zwischenzeitlich zum Beispiel an der Westküste aufhält, oder nicht? Drei Jahre sollte es laut Musk dauern, um die Technologie einsatzbereit zu haben. In der Zwischenzeit ist viel passiert, aber selbst Tesla ist noch sehr weit davon entfernt, ein Auto ohne Fahrer in den USA von Küste zu Küste fahren lassen zu können. Wenn's nach Elon Musk geht, liegt das eher nicht an Tesla und der Autopilot-Software, sondern an der mangelhaften Infrastruktur und den fehlenden rechtlichen Rahmenbedingungen.
Software nochmal komplett neu aufgesetzt
Immerhin gab der Tesla-Gründer auf dem Battery Day 2020 zu, den angepeilten Start der "Full Self Driving"-Funktion (FSD) nicht wie geplant Ende 2019 hinbekommen zu haben. Grund: Die gesamte Software sei von einem Team aus 300 Entwicklern von Grund auf neu aufgesetzt worden. Inzwischen ist eine ganze Reihe von Tesla-Fahrern mit der Beta-Version der neuen Software unterwegs. Bislang allerdings nicht in Europa. Stück für Stück, so Elon Musk, soll die FSD-Version dann global ausgerollt werden. Können dann alle Teslas autonom fahren? Sicher nicht. Vorher müssen die Funktionen in der Praxis erprobt und wenn nötig verbessert werden. Erst im Anschluss könnten die gesammelten Daten den entsprechenden Aufsichtsbehörden zur Zulassung vorgelegt werden. Den amerikanischen Zulassungsbehörden, versteht sich.

(Noch nicht) autonom unter der Erde
Warum Musk dennoch sein Versprechen einhalten könnte, noch 2021 eine Flotte vollautonomer Teslas auf der Straße zu haben? Weil man Straßen eben nicht nur oberirdisch bauen kann. Die Tunnel, die Elon Musk mit seiner "The Boring Company" durch den Untergrund treibt, sehen nicht nur beeindruckend aus, sie sind nämlich ebenfalls Teil seines Autonomie-Versprechens. Vorteil: Kein Gegenverkehr, keine Ampeln und Verkehrsschilder, die schlecht erkennbar sind, keine Wettereinflüsse. Der erste kommerzielle Tunnel in Las Vegas, "Vegas Loop" genannt, ist gebohrt und wurde im April 2021 offiziell eingeweiht. Allerdings ohne die Versprechen einzulösen, mit denen Musk bislang für sein Tunnel-Projekt getrommelt hatte.
Statt wie versprochen mit 240 km/h durch die beiden jeweils 2,7 Kilometer langen Tunnel zu zischen, surren die Tesla-Modelle bislang mit maximal 65 Sachen durch den Untergrund. Offiziell, weil die Entfernung zwischen den drei Station zu gering für die Höchstgeschwindigkeit sei. Tatsächlich spielen wohl aber auch Sicherheitsaspekte eine Rolle. Bislang fahren die Untergrund-Taxis nämlich nicht autonom, sondern werden von menschlichen Fahrern gesteuert. Und die haben in den kaum 3,7 Meter breiten Tunnel schon mit 65 km/h gut damit zu tun, nicht anzuecken.

Erster Härtetest im Juni 2021
4400 Personen pro Stunde soll der über 40 Millionen Dollar teure "Las Vegas Convention Center Loop" laut Ausschreibung befördern können. Mit dem aktuellen Setup (langsame Geschwindigkeit, menschliche Fahrer) ist dieses Ziel auf keinen Fall zu erreichen. Dennoch ist man bei der zuständigen Messe- und Verkehrsbehörde LVCVA (Las Vegas Convention and Visitors Authority) zuversichtlich, sich das Transportsystem der Zukunft in die Stadt geholt zu haben. Wobei LVCVA-Chef Steve Hill bei Eröffnung nicht unerwähnt ließ, dass erst das "erweiterte Tunnelsystem die Personenbeförderung revolutionieren" werde. Heißt: Auch bei der Messe-Gesellschaft selbst backt man inzwischen deutlich kleinere Tunnel-Brötchen. Ein erster Praxistest steht für den Juni 2021 an, dann soll der "Las Vegas Convention Center Loop" die Besucher der Baustoff-Messe "World of Concret" zwischen den vier Messehallen hin- und hertransportieren. Coronabedingt wird der Besucher-Ansturm allerdings relativ bescheiden ausfallen, die Tesla-Shuttles sollten also wahrscheinlich nicht an ihre Belastungsgrenzen stoßen.