CATL bringt Wechsel-Akkus für alle Hersteller

CATL-Tochter tauscht Batterien unterwegs
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Batterie-Gigant bringt Wechsel-Akkus für alle

Akku-Wechsel-Station CAES /CATL © CAES 15 Bilder

Der chinesische Batterie-Gigant hat herstellerneutrale modulare Akkus zum Mieten, unterwegs Tauschen sowie die Wechselstationen dazu vorgestellt. Interessant ist die Begründung.

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Das neue System erinnert an die Wechsel-Akkus des chinesischen Fahrzeugherstellers Nio, der seine so genannten Swap-Stations sogar in Europa ausrollen will. Anders als beim System des Autobauers sollen die Wechselstationen von CATL alle Fahrzeugmodelle verschiedener OEMs bedienen können. Das CATL-Akku-Wechselsystem hat die Tochtergesellschaft CAES (Contemporary Amperex Energy Service Technology) mit dem Namen EVOGO entwickelt und am 18. Januar 2022 vorgestellt.

So stellt CATL seine Wechselakkus vor 10:59 Min.

Es umfasst spezielle kombinierbare Modulbatterien mit je ca. 200 Kilometer Reichweite, entsprechende Batteriewechsel-Stationen und eine App für Kunden, die ihre Akkus nicht kaufen, sondern mieten und teilen. Die Batterieblöcke sollen mit möglichst vielen Modellen kompatibel sein, sich in verschiedener Zahl je nach Reichweitenbedarf kombinieren sowie an Schnellladestationen oder zu Hause laden lassen. Die Mietkosten richten sich nach der Kapazität bzw. der Anzahl der verwendeten Module, die sich kurzfristig variieren lassen können soll. Ihren neuen Dienst wollen die Chinesen zunächst in zehn Städten im Reich der Mitte ausrollen.

© Nio
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Einheitsbatterie-Module

Ihre Batteriemodulblöcke nennen die Entwickler Choco-SEB (Swapping Electric Block), weil sie wie Schokolade-Tafeln aussehen. Das bezieht sich ausdrücklich auf die Einfachheit. Laut CATL trägt er außen außer den Hochspannungs-Plus- und -Minus-Anschlüssen keine Teile. Das Batteriemanagement-System soll sich drahtlos ansteuern lassen.

© CAES

Die Modul-Batterie-Blöcke sind besonders einfach aufgebaut.

Die Art Einheitsbatterien will CATL massenhaft produzieren. Dank ihres einfachen Aufbaus sind die Choco-SEBs laut CAES mit 80 Prozent der auf dem Weltmarkt erhältlichen Fahrzeugmodelle kompatibel, die auf einer Elektroauto-Architektur aufbauen – sowie allen, die in den nächsten drei Jahren weltweit auf den Markt kommen werden. Nachdem CATL keine eigenen Fahrzeugmodelle anbietet, aber Akkus an zahlreiche Hersteller wie etwa Mercedes und BMW liefert, können damit anders als bei Nio eigentlich nur wirklich Autos aller Hersteller gemeint sein – sofern sie die Teilnahme an EVOGO unterstützen. Das erste Modell, das die Stationen nutzen soll, ist der Bestune NAT, den VW-Join-Venture-Partner FAW in China anbietet.

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1, 2, oder 3 – mehr Module, mehr Reichweite

Wer Batterien bei CAES mietet, kann einen, zwei oder drei Blöcke nehmen, um flexibel Reichweite ins Auto zu packen. Die Choco-SEBs sind laut CAES nach der CTP-Technologie (Cell to Pack) konstruiert, sprich sie bestehen nicht aus zu Modulen zusammengefassten Einzelzellen, sondern direkt aus größeren Zellen. Das soll eine gravimetrische Energiedichte von mehr als 160 Wh/kg und eine volumetrische von 325 Wh/L ermöglichen; ein einzelner Block soll so für eine Reichweite von etwa 200 Kilometern gut sein. Drei der Blöcke ergäben somit eine Maximal-Reichweite von etwa 600 Kilometern.

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Deshalb hat CAES bzw. CATL modulare Batterien entwickelt, deren Form an Schokoladentafeln erinnert. Jeder soll etwa 200 km Reichweite bieten.

Wechsel-Stationen für alle Fabrikate

Die CAES-Batteriewechsel-Station und die Akkus sind laut CAES für Kleinstwagen bis Transporter geeignet und können die Modelle verschiedener Hersteller erkennen, die die Verwendung der Choco-SEBs unterstützen. Auf einer Grundfläche, die der von drei Parkplätzen entspricht, soll eine EVOGO-Batteriewechselstation bis zu 48 Choco-SEBs unterbringen und den Austausch eines Batterieblocks binnen einer Minute erledigen können. Außerdem kümmern sie sich um das Wohlbefinden der gelagerten Akkus. Spezielle Ausführungen der Wechselstationen sollen für unterschiedliche klimatische Bedingungen ausgelegt sein.

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Die Wechselstationen sind kompakt; unterschiedliche Versionen sollen mit verschiedenen Wettersituationen klar kommen.

Die Verbindung zwischen Kunden, Fahrzeugen, Stationen und Akkus soll eine spezielle App herstellen, die Reservierung, Buchung und Bezahlung der Batteriemiete abwickelt.

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Wozu Wechsel-Akkus und -stationen?

CATL gibt zu, dass die Akkutechnik in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat und Kunden mit großem Reichweiten-Bedarf – oder mit großer Reichweiten-Angst – inzwischen ein ausreichendes Angebot an E-Autos finden. Dabei laufen aus Sicht der Chinesen aber sowohl die Kosten als auch der Rohstoffverbrauch und damit die Nachhaltigkeit aus dem Ruder. Was miteinander zusammenhängt: Die jahrelang sinkenden Kosten pro kWh Batteriekapazität gehören nach Einschätzung von CATL der Vergangenheit an, weil die Rohstoffpreise getrieben vom rasant wachsenden Bedarf steigen – dementsprechend würden auch Akkus in Zukunft wieder teurer werden, prognostiziert Chen Weifeng, Geschäftsführer von CAES. Dafür entwickelt CATL allerdings auch Natrium-Batterien, die kaum teure Rohstoffe brauchen und entsprechend billiger werden dürften.

© CATL
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Aktuell treffen die Kosten aber die Kunden, die dazu neigten, sich Fahrzeuge mit großen Reichweiten bzw. Akku-Kapazitäten zu kaufen, von der sie im Alltag in der Regel aber nur 10 bis 20 Prozent nutzen würden – unnötige Ausgaben. Mit EVOGO könnten die Kunden bedarfsgerecht Reichweite mieten; dafür trennt das CAES die Batterie vom Auto, macht sie zum Sharing-Produkt und kümmert sich ihre Erhaltung; um die Alterung des Akkus muss sich der Kunde auch nicht mehr sorgen.

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Die Gründung von CAES helfe CATL, den Batterielebenszyklus mit seiner ganzen -Wertschöpfungskette zum geschlossenen Kreislauf von der Entwicklung, Herstellung, Nutzung bis zum Recycling zu machen. Das soll dem Fahrerlebnis von E-Auto-Kunden die Reichweitenangst nehmen und Ressourcen effizient nutzen. Bleibt angesichts von Wechselstationen mit rund 50 Batteriemodulen nur die Frage, ob man in Summe mit weniger Akkus auskommt und wie viel Energie die Errichtung und der Betrieb der Stationen brauchen.

Fazit

Mit dem Ende der Batteriemiete bei Renaults Zoe hätten wohl die meisten gedacht, speziell in Europa würde der Akku als wichtigster und integraler Bestandteil des E-Autos künftig vor allem mitgekauft. Mit CATL setzt nun bereits das zweite chinesische Unternehmen auf ein Mietmodell – um die Akkus unterwegs tauschen zu können, ggf. gegen mehr Reichweite. Anders als Nio will die CATL-Tochter CAES ihre Wechsel-Akkus aber für alle Hersteller anbieten. Verlockend für diejenigen, die ihre Batterien als Plug-and-Play-Lösung auf dem Weltmarkt kaufen müssen.

Für Hersteller, die ambitioniert eigene Batterien entwickeln und Produktionsstätten im Sinn haben, könnte diese Lösung aber nicht nur bedeuten, dass sie alle Batteriesorgen los sind, sondern auch den größten Teil ihres Geschäfts.

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