Das Prinzip des Downsizings für Verbrennungsmotoren war mal ein angesagtes Mittel der Autohersteller, um den Spritverbrauch und CO₂-Ausstoß ihrer Produkte zu minimieren. Doch das ist inzwischen mehr oder weniger überholt; in Zeiten möglichst modular aufgebauter Motorenfamilien geht es eher um den richtigen als einen möglichst kleinen Hubraum. Turboaufladung ist dagegen weiterhin "state of the art". Verbrennungsmotoren, die nicht per Turbo unter Druck gesetzt werden, sind zur Randerscheinung mutiert.
2,4 PS aus 32 Kubikzentimetern
Ein Motorenhersteller, der das Thema Downsizing weiterhin auf die Spitze treibt, ist Enjomor. Die Chinesen haben einen wassergekühlten Reihenvierzylinder-Benziner mit der Bezeichnung GS-L4 mit nur 32 Kubikzentimetern Hubraum im Angebot. Das 19,4 Zentimeter lange, 14 Zentimeter breite und 17 Zentimeter hohe sowie drei Kilogramm schwere Triebwerk entwickelt 1,8 kW respektive 2,4 PS.
Aber es ist natürlich nicht für richtige Fahrzeuge vorgesehen. Es handelt sich lediglich um ein miniaturisiertes und maßstabsgetreues Modell eines Viertakters mit doppelter obenliegender Nockenwelle, das jedoch voll funktionstüchtig ist. Damit lässt sich die Funktionsweise dieser Motorbauart wunderbar nachvollziehen, weshalb es das perfekte Anschauungs- und Bastelobjekt für (angehende) Ingenieure, Mechaniker etc. oder einfach für Technik-Enthusiasten ist.
Doch der Motor allein ist trotz seines enormen Drehvermögens von kolportierten 12.000/min. nicht das Highlight in dieser Geschichte. Es ist das Turbo-Kit, das eigens für den Enjomor GS-L4 aufgelegt wurde und sich über einschlägige Online-Shops besorgen lässt. Das Kit enthält nicht nur den eigentlichen Lader, sondern zudem alles, was dazugehört: einen Luftfilter sowie ein Ladeluft- und Auspuffrohr, damit die Abgase, die ihn antreiben, auch entweichen können. YouTuber JohnnyQ90 hat sich beides besorgt, in einem kürzlich veröffentlichten Video (über diesem Absatz) zusammengebaut und nach der Fütterung mit Sprit und Öl tatsächlich zum Laufen gebracht.
Kommt wirklich Extra-Power?
Allerdings ist fraglich, ob der aus 3D-gedrucktem Edelstahl und Aluminium gefertigte Turbolader überhaupt etwas Extra-Power liefert. Er sitzt nicht an der perfekten Position, weshalb das Ladeluftrohr etwas arg gekrümmt verläuft. Auch die Ölversorgung ist nicht optimal platziert und der Luftfilter ist eher ein sehr restriktiver Luftmengenbegrenzer. Zudem erscheinen die Messtoleranzen nicht sonderlich präzise, was angesichts des kleinen Maßstabs aber auch kein Wunder ist. Falls der Turbo überhaupt irgendeine Art von Ladedruck erzeugt, dürfte ein relevanter Teil durch Ritzen und Verbindungen entweichen.
Aber als das Konstrukt mal läuft, macht es akustisch durchaus Alarm – obwohl ein Turbopfeifen mangels Wastegate fehlt. Und der Enjomor-Turbovierzylinder erzeugt gut sichtbare Abgase. Wer Wert darauf legt, dass er tatsächlich als Antriebsquelle eines Fahrzeugs dient, wird sicher ein passendes Gefährt für den aufgeladenen GS-L4 finden. Ein Kettcar vielleicht oder ein Bollerwagen; es ist schließlich bald Vatertag. Der Spaß könnte den Preis wert sein, denn der Motor ist per Online-Shop für 999 Dollar (aktuell umgerechnet etwa 880 Euro) und das Turbo-Kit für 229 Dollar (202 Euro) erhältlich.