Frank Weber, der seit Juli 2020 das Entwicklungsressort von BMW als Vorstand führt, äußerte sich im einen Gespräch mit t3n.de Mitte September 2021: "Es führt kein Weg mehr am Elektroauto vorbei!" Für größere Fahrzeuge sieht der Entwicklungschef zwar einen Wasserstoffantrieb vor. Aber "für die Masse wird Wasserstoff keine Lösung sein", erklärt Weber. Mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge seien nur ein Nischenmarkt.
Infrastruktur spricht mancherorts für Wasserstoff
Im großen Interview mit auto motor und sport im November 2020 sagte Weber noch: In bestimmten Marktsegmenten und Regionen sei "Wasserstoff sehr sinnvoll. Zum Beispiel in unseren oberen Segmenten wie dem X5. Mein Lieblingsbeispiel ist Japan: Dort hat die Politik früh auf Wasserstoff gesetzt, übrigens wie Korea. Es gibt bereits eine gute Tankinfrastruktur. Und die Voraussetzungen in den Metropolen sind anders als bei uns. Denken Sie an die engen Häuserschluchten in Tokio oder Seoul: Hier kann eine für Wasserstoff umgebaute Tankstelle hunderte Fahrzeuge versorgen. Dasselbe ausschließlich mit E-Ladeinfrastruktur zu erreichen, wäre deutlich aufwändiger. Zumal ein Großteil der Stromversorgung durch oberirdische Leitungen läuft."
Entsprechend bringen die Münchner 2022 den BMW i Hydrogen Next, einen X5 mit Brennstoffzellenantrieb. Dazu heißt es seitens BMW: "Wir decken mit unserem Wasserstoff-Kompetenzteam die gesamte Fahrzeugentwicklung ab. Das Brennstoffzellen- und Antriebssystem haben wir eigens entwickelt (Luftansaugung, -filter, Kompressor, Wasserstoffeinspritzung, Rezyklierung von nicht verbrauchtem Wasserstoff, bis hin zur Abluft.) Hinzu kommen die Software, die Betriebsstrategie und natürlich das Tanksystem mit den Tankbehältern, den zugehörigen Ventilen, dem Sicherheitskonzept, Abschalteinrichtungen usw. Die Brennstoffzellen, die wir von Toyota erhalten, fügen wir in unserer hauseigenen Fertigung zu einem sogenannten Brennstoffzellen-Stack zusammen". Man arbeite "mit voller Ernsthaftigkeit und der notwendigen Mannstärke an dem Thema". Der Wasserstoff-X5 kommt allerdings nur in einer Kleinserie für Demonstrations- und Erprobungszwecke auf die Straßen und befinde sich aktuell noch in seinem Serienentwicklungsprozess. Externen Experten zufolge umfasst das Wasserstoff-Entwicklungsteam entsprechend aber nur eine niedrige zweistellige Personenzahl.
Batterieelektrischer Antrieb kommt, Verbrenner geht nicht sofort
Der Hauptfokus liege bei BMW auf der Entwicklung von batteriegetriebenen Autos, so Weber zu t3n, denn die Tage des Verbrennungsmotors seien langfristig auch wegen externer Vorgaben gezählt. Schon auf der Jahrespressekonferenz hatte der BMW-Entwicklungschef angekündigt: "Wir werden bereits 2023 in rund 90 Prozent unserer heutigen Marktsegmente jeweils mindestens ein vollelektrisches Modell auf der Straße haben!".Anders als Audi und Daimler will Weber aber kein Enddatum für den Verbrenner angeben. Denn der Umstieg vom Verbrenner zum Stromer erfolge nicht über Nacht, sondern gehe mit einem strukturellen Wandel einher. Ohne den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur könnten E-Autos sich nicht durchsetzen, ist sich der Entwicklungschef, der einst für den ersten Chevrolet Volt bzw. Opel Ampera zuständig war, sicher. "In Deutschland haben wir unterirdische Leitungen und ein sehr stabiles Stromnetz – aber selbst hier wird uns der Ausbau Jahrzehnte beschäftigen", so Weber zuletzt im Interview.
Entsprechend ist die Nachfolge-Architektur der so genannten Cluster Architecture II (CLAR) für Modelle vom 2er bis zum 7er auch so gedacht, dass sie zwar den Fokus stark auf den Elektroantrieb legt, aber auch mit Verbrennern umgehen kann. Selbst Wasserstoffantrieb wollen die Münchner weiterhin vorsehen. Die neue Architektur für ab 2025 (Neue Klasse) soll dann offenbar anders als jetzt für die gesamte Modellpalette als Unterbau dienen, um entsprechend größere Skaleneffekte erzielen zu können. Bislang verwendet BMW im wesentlichen zwei Architekturen: Die UKL für Front- und Allradantrieb (Mini, 1er, 2er Vans) sowie CLAR (2er Coupé bis X7) und die reine E-Plattform des iX.
Allerdings glaubt Weber fest daran, dass selbst Verbrenner-Fans gerne auf den E-Antrieb umsteigen werden – sie müssten sich nur einmal ans Steuer eines Stromers setzen. Das Fahrgefühl werde sie umstimmen.