- Reichweiten-Killer Luftwiderstand
- Wenig Verlust bei BMWs großer SUV
- Beim Stufenheck-Polestar ist der Fluss gestört
- Mercedes-Diesel-Kombi wie Stufenheck-E-Auto
- Wie viel hilft langsamer Fahren?
- ams-Eco-Runde vs. WLTP
Elektroautos sind Verbrennern in einigen Kriterien überlegen – aber bei der Reichweite liegen sie noch immer deutlich zurück. Nur wenige E-Modelle schaffen im Alltag mehr als 400 Kilometer am Stück, bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit sind es noch weniger. Vor der Urlaubsfahrt drängen sich drei Fragen auf: Wie weit komme ich mit einer Batterieladung? Wie viel Reichweite verliere ich, wenn ich eine Dachbox und einen Fahrradträger montiere? Und wie steigen dadurch meine Stromkosten?
Reichweiten-Killer Luftwiderstand
In diesem Test spielt die Aerodynamik die Hauptrolle, denn sie bildet ja schon ab Landstraßentempo den größten Fahrwiderstand, und sie wächst im Quadrat zur Geschwindigkeit. Deshalb haben wir zwei Dauertestautos ausgewählt, die sich zwar beim E-Antrieb – mit je zwei Motoren – ähneln, aber ganz unterschiedliche Karosserien haben.
Der BMW iX xDrive 50, 385 kW stark, ist ein großer SUV. Er stemmt dem Fahrtwind die Stirnfläche einer Schrankwand entgegen (2,82 m²), hat aber einen niedrigen Luftwiderstandsbeiwert (cw) von 0,25. Beim Polestar 2 mit seinen 350 kW handelt es sich um eine schlanke Mittelklasse-Limousine mit fließendem Heck; ihr cw-Wert liegt mit 0,28 jedoch recht hoch. Um den Vergleich abzurunden, fährt ein Verbrenner mit, der ein drittes Konzept vertritt – der Mercedes C 220 d T-Modell ist ein Kombi mit cw 0,27. Dass er in der Leistung mit 145 Diesel-kW (197 PS) weit zurückbleibt, ist hier Nebensache.
Wir spulen unsere Messungen im Prüfzentrum von Bosch ab, das zwischen Heilbronn und Würzburg liegt. Es integriert ein drei Kilometer langes Oval mit überhöhten Kurven, auf dem wir ruhig und konstant fahren – mit 80, 100 und 130 km/h, jeweils über acht Runden. Die drei Autos absolvieren dieses Programm viermal: beim ersten Mal ohne Anbauten, dann mit der (leeren) Dachbox, beim dritten Mal mit dem Fahrradträger samt zwei Mountainbikes und schließlich mit Box und Träger. Für die Auswertung ziehen wir vor allem die Werte bei 130 km/h heran, weil sie am nächsten am realen Fahrbetrieb auf Reisen liegen.
Wenig Verlust bei BMWs großer SUV

Der BMW iX liefert die erste Überraschung, weil er für seine Größe recht moderat mit dem Strom umgeht. Ohne Anbauten verbraucht er bei 130 km/h 27,4 kWh pro 100 km, sein Jumbo-Akku mit 105 kWh Netto-Kapazität erlaubt so 383 km. Die Stromkosten auf 100 km betragen 15,07 Euro; wir haben 55 Cent für die Kilowattstunde angesetzt, als Mix aus Haushalts- und Schnellladestrom. Durch die Montage des Heckträgers ändert sich nicht viel: Die Fahrräder verschwinden förmlich hinter dem wuchtigen Hinterteil, der Mehrverbrauch beschränkt sich auf 14 Prozent. Die Dachbox führt zu 16 Prozent Aufschlag, und auch mit Dach- sowie Heckträger in Kombination bleibt der Zuschlag mit 28 Prozent noch überschaubar. Hier sinkt die Reichweite auf genau 300 km, und der Strom für 100 Kilometer kostet dann 19,25 Euro.

Beim Stufenheck-Polestar ist der Fluss gestört

Für Überraschung Nummer zwei sorgt der Polestar mit seinem 78 kWh-Akku (netto), denn er verbraucht auf den 130-km/h-Runden unterm Strich mehr Strom als der große BMW-SUV. Nur unbeladen bleibt der Schwede mit 26,8 kWh pro 100 km unter dem iX. Seine Reichweite beträgt hier 291 km, die Stromkosten belaufen sich auf 14,74 Euro/100 km. Die Anbauten jedoch verschlechtern die Werte erheblich, weil sie den Fluss der Luft über das elegante Heck und ihren Abriss hinter ihm stark stören. Mit dem Heckträger steigt der Verbrauch um 29 Prozent, mit der Dachbox um 22 Prozent. Und beide zusammen verursachen einen Zuschlag von 43 Prozent, der die Reichweite auf 203 km zusammenschrumpfen lässt. Wer so von Stuttgart nach St. Peter-Ording fahren will, muss in der Praxis dreimal nachladen und bezahlt pro 100 km 21,12 Euro für den Strom.

Mercedes-Diesel-Kombi wie Stufenheck-E-Auto

Unsere Verbrenner-Alternative von Mercedes verhält sich ähnlich wie der Polestar, aber auf anderem Niveau. Ohne Anbauten genügen dem Kombi bei 130 km/h 5,3 Liter Diesel pro 100 km. Der 66-Liter-Tank erlaubt nicht weniger als 1.245 km Reichweite, die Spritkosten betragen gerade mal 8,59 Euro (Annahme: 1,62 Euro pro Liter Diesel). Die Fahrräder tragen dem Mercedes 36 Prozent Mehrverbrauch ein, die Dachbox bringt 28 Prozent, und beide Komponenten im Zusammenspiel verursachen 47 Prozent Zuschlag. Doch auch in diesem Worst-Case-Szenario bleiben die Reichweite von 846 km und die Diesel-Kosten von 12,64 Euro/100 km attraktiv.

Wie viel hilft langsamer Fahren?
Gerade bei den beiden Stromern legen unsere Testergebnisse nahe, den rechten Fuß etwas leichter zu machen, denn bei konstant 100 km/h sehen die Werte gleich viel besser aus. Der BMW iX zieht sich hier ohne Anbauten nur noch 19,7 kWh Energie/100 km, 28 Prozent weniger als bei 130 km/h. Der Polestar mit 19,3 kWh/100 km (ebenfalls minus 28 Prozent) und der Mercedes mit 4,2 Liter/100 km (minus 21 Prozent) verbessern sich in ähnlichem Maße. In Reichweite und Kosten umgerechnet, schneiden die drei Kandidaten bei 100 km/h ohne Anbauten wie folgt ab: iX mit 533 km und 10,84 Euro/100 km, Polestar mit 404 km und 10,62 Euro, C-Klasse mit souveränen 1.571 km und 6,80 Euro.
ams-Eco-Runde vs. WLTP
Um mögliche Missverständnisse zu vermeiden: Unsere Messungen aus Boxberg sind untereinander perfekt vergleichbar, nicht jedoch mit den üblichen Verbrauchs-Messdaten. Die ermitteln wir im öffentlichen Verkehr, unter anderem auf der ams-Eco-Runde. Sie ist eine 137 km langen Route aus Stadt-, Land- und Schnellstraßen, die zweimal direkt hintereinander absolviert wird – nicht sportlich, aber zügig und vorausschauend. Von Anfang 2022 bis Mitte Juni 2023 haben wir genau 365 Autos über diese Runde geschickt, Verbrenner wie E-Modelle. Das Interessante: Nur 102 von ihnen, darunter fast alle E-Autos, lagen im Verbrauch über den Werten, die im WLTP-Zyklus auf dem Prüfstand ermittelt wurden. Zehn Modelle kamen genau auf die WLTP-Angaben, und die restlichen 253 Autos unterboten sie.
Der Grund: Unsere Strecke beinhaltet immer wieder Abschnitte, auf denen die Autos rollen können. Bei Verbrennungsmotoren wird dann in bestimmten Drehzahlbereichen kein Kraftstoff eingespritzt. Viele Autos gewinnen über Mildhybridsysteme Energie zurück, oder sie segeln mit abgeschaltetem Antrieb. Leistungsstarke Verbrenner profitieren besonders von der vorausschauenden Fahrweise auf der Eco-Runde. Der Porsche Panamera GTS verbrauchte dort nur 8,8 Liter/100 km – 29,6 Prozent unter dem WLTP-Wert. Und der Cayenne Turbo GT unterbot den offiziellen Wert mit 10,0 Liter/100 km um 29,1 Prozent.