Laut Statistik unternehmen die Menschen in Europa durchschnittlich drei Fahrten pro Tag und legen dabei 30 bis 40 Kilometer zurück. Der deutsche Durchschnittspendler fährt auf dem Weg zur Arbeit im Schnitt rund 17 Kilometer. Wichtiger noch: 80 Prozent der Menschen in Deutschland fahren täglich nicht mehr als 39 Kilometer pro Tag mit dem Auto.
Für die meisten Fahrten ist die Reichweiten-Diskussion bei E-Autos also völlig überflüssig: Es gibt kein Auto auf dem deutschen Markt, das das nicht schafft. Weil aber 75 Prozent der Haushalte mit einem Auto auskommen müssen, soll das eben alle Eventualitäten abdecken: den berühmten Besuch bei Tante Erna oder den Jahresurlaub an der Adria.
Wann taugen E-Autos zum Erstauto?
Das ist neben dem Thema Ladeinfrastruktur und den Kosten ein Grund, warum viele E-Autos bei der Kaufentscheidung von vornherein ausschließen. Nüchtern betrachtet ist das ja vielleicht gar nicht so schlimm. Denn im Hinblick auf CO2-Einssparung und Abgasvermeidung müssten wir ja gar nicht immer nur elektrisch fahren – es stirbt ja nicht jedes Mal ein Katzenbaby, wenn irgendwo ein Verbrennungsmotor angeworfen wird. Aber: Abgas und CO2 müssen reduziert und nicht sofort eliminiert werden. Da trifft es sich gut, dass die meisten Strecken kurz sind – ein Konzept das hilft, diese wenigen Kilometer elektrisch zurückzulegen, spart die meisten Verbrenner-Fahrten.
Die Autobauer scheinen das verstanden zu haben, und bieten vermehrt Plug-in-Hybride (PHEV) an. Das hilft ihnen natürlich auch beim Flottenverbrauch, Dienstwagenfahrern kommt ein PHEV bei der Steuer zugute – macht ja auch Sinn. Alles gut also? Theoretisch ja.
Ist der PHEV das richtige, aber falsch herum?

Allerdings fragt man sich, wie sinnvoll es ist, einen kompletten konventionellen Antriebstrang mit einem vergleichsweise kleinen E-Motor zu kombinieren, der dann die überwiegende Einsatzzeit alleine die Antriebsarbeit übernehmen muss und dabei auch noch den stärkeren Verbrenner sowie dessen Getriebe, Auspuff etc. mitschleppen muss. Hinzu kommt eine Batterie mit mindestens 20 kWh Kapazität, damit Reichweiten von 80 Kilometer nach WLTP möglich werden. Der Akku macht das Auto noch schwerer und teuer. So sagt BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich etwa: „Ein PHEV ist teurer als ein Fahrzeug mit normalem Verbrenner, aber billiger als ein Elektroauto (BEV)“. Letztlich zwinge die Gesetzgebung den Konzern dazu, auf Marge zu verzichten. Die Marge eines PHEVs liege in etwa zwischen der eines Fahrzeug mit reinem Verbrennungsantrieb und der eines BEVs. Der größte Kostenfaktor ist die Batterie. Als Preis hört man von Experten 100 bis 150 Euro pro kWh. Bei 20 kWh also zwischen 2000 und 3000 Euro.
Damit ist auch klar, dass große E-SUVs mit Akkus von 90 kWh und mehr noch teurer sind und warum Hersteller wie BMW aber auch Daimler vor allem auf PHEVs setzen – mit Batterien der beschriebenen Größe. Beim neuen BMW X5 xDrive45e mit 80 Kilometer-WLTP-Reichweite ist der Akku sogar 24,5 kWh groß. Zur Erinnerung: Als 2013 der ein elektrische i3 auf den Markt kam, war dessen Batterie 22,8 kWh groß – brutto. Nutzbar waren 18,8 kWh. Die Reichweite nach NEFZ betrug 190 Kilometer, in der Praxis waren es bestenfalls 160 Kilometer.
Den BMW i3 gab es auch als Hybrid

Dafür gab es den i3 optional mit einem 25 kW starken Range Extender; der Zweizylinder mit 647 Kubikzentimeter tut in ähnlicher Form auch in BMWs Rollern Dienst (C 650 GT) und leistet im E-Auto 38 PS. Ist er an, arbeitet der i3 wie ein serieller Hybrid: Der Benziner erzeugt mittels eines Generators Strom, lädt so die Batterie, die wiederum den E-Motor versorgt. Klingt umständlich und wirkt unter Gewichtsgesichtspunkten wenig sinnig: Der E-Motor wiegt 50 Kilogramm, die Batterie 260 kg, während das Mehrgewicht für den Range Extender mit 120 Kilogramm angegeben wird. Fairerweise muss man sagen, dass der Benziner den Ladezustand der Batterie nur hält, wenn die Geschwindigkeit unter etwa 115 km/h bleibt – klar, bei einer Leistung von 38 PS.
Aber unter Effizienz-Gesichtspunkten ist der serielle Hybrid besser als sein Ruf. Bei 120 bis 150 Kilometer zusätzlicher Reichweite mit dem nur 9 Liter großen Tank ergibt sich ein Verbrauch von 6 bis 8 Liter pro 100 Kilometer. Damit ist der Verbrenner außerdem der gewichtsgünstigere Reichweitenspender: Bei ihm kosten 100 Kilometer etwa 80 Kilogramm Gewicht, die Batterie von 2013 wog pro 100 Kilometer Reichweite 160 Kilogramm.
Lieber mehr E-Auto oder mehr Verbrenner?

Nun mögen die Batterien im Jahre 2019 mehr Energie pro Kilogramm haben, aber ob doppelt so viel ist zu bezweifeln. Warum also die Plug-in-Hybrid-Idee nicht wieder auf den Kopf stellen und einem E-Auto mit vergleichsweise kleiner Batterie einen Verbrennungsmotor als Range-Extender spendieren, um die Reichweitenangst zu vertreiben? Solche Autos würden die meiste Zeit elektrisch fahren (siehe oben) und das mit dem dafür gedachten Antriebstrang mit hoher Rekuperationsleistung – ein Feature, das für einen Großteil der Effizienz von E-Autos verantwortlich ist.
Die PHEVs mit elektrifiziertem Verbrenner-Antriebsstrang hingegen fahren idealerweise auch die meiste Zeit elektrisch (siehe oben), schleppen aber den größeren Teil ihres Antriebs im Stillstand mit, während die E-Maschine in der Regel kleiner ist als die von BEVs und somit weniger rekuperationsstark. Klar, der Weg zu Tante Erna fährt sich mit dem PHEV schöner als mit dem BEV plus Range-Extender. Aber Tante Erna bekommt offenbar nur von wenigen Menschen oft Besuch.
Warum der Range Extender ausstirbt

Der Range Extender im i3 fand vor allem der Kosten wegen wenig Freunde: Für den zusätzlichen Verbrenner an Bord verlangte BMW seinerzeit 5000 Euro. Das ließ ihn angesichts des Eindrucks einer rückwärtsgewandten Behelfslösung, das den schicken Karbonwagen auch noch 120 Kilogramm schwerer machte, unattraktiv erscheinen. Wozu also einen schweren Motor mitschleppen, aber nur neun Liter Treibstoff? Der kleine Tank war der Zulassung geschuldet: Mit mehr Sprit hätte der i3 nicht mehr als E-Auto gegolten.
Heute würde der Verbrenner zudem ein Abgasproblem bekommen: Euro 6d Temp zu erreichen bedeutete bei einem kleinen Motor verhältnismäßig viel Aufwand. Außerdem läuft ein Range Extender je nach Betriebsstrategie, die sich vor allem nach der Batterie richten muss, quasi ständig im Kaltlauf, also mit besonders schadstoffreicher Verbrennung und ein Betriebszustand, mit dem die Entwickler am meisten zu kämpfen haben. Und man stelle sich vor, wenn jemand vorrechnete, das E-Autos mit Range Extender unter Umständen schmutziger fahren würden als herkömmliche Verbrenner.