Auf der IAA im September will VW das erste Elektroauto für die Masse vorstellen: den kompakten ID.3. Der soll schon nächstes Jahr 100.000 Käufer finden – dank eines neuen Modularbaukastens zum Preis eines vergleichbaren Golf Diesel, also für etwa 28.000 Euro. Der Konzern will das Elektroauto damit demokratisieren und bis 2030 rund 22 Millionen Stromer absetzen. Das klingt, als gäbe es den Wechsel beim mehr als 130 Jahre alten Antriebskonzept zum Nulltarif.
Dabei sagte VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch noch im Januar ausgerechnet über günstige Einstiegsmodelle: „Das heutige Preisniveau ist nicht zu halten, wenn diese Autos mit Elektromotoren ausgestattet werden.“ Menschen mit niedrigem Einkommen dürften sich nach seiner Einschätzung künftig vor die Frage gestellt sehen, ob sie sich ein Auto überhaupt noch leisten können.
Kleinwagen ab 20.000 Euro?
Natürlich meinte der VW-Aufseher erst mal Neuwagen, und da wiederum vor allem kleine Modelle wie den VW Polo, die auch zum Erstwagen taugen und für unter 15.000 Euro zu haben sind. Ein vergleichbares Elektroauto hingegen sei für unter 20.000 Euro nicht zu machen. Der eigentliche Grund für die Verteuerung von Einstiegsautos seien jedoch nicht der E-Antrieb und die teuren Batterien, sondern die CO₂-Grenzen der EU, so Pötsch.
Ein Blick in die Datenblätter der Hersteller zeigt schon jetzt: Autos der Vier-Meter-Klasse, die maximal 95 Gramm CO₂ pro Kilometer (EU-Limit für 2021) ausstoßen, kosten aktuell mindestens 17.000 Euro. Solche, die das Limit für 2025 (80 g/km) unterbieten, gibt es erst ab der Kompaktklasse und jenseits von 25.000 Euro.
Kostenbewusste Autofahrer wissen, dass der Neupreis alleine letztlich wenig über die anfallenden Gesamtkosten sagt. Zwei besonders wichtige Faktoren dafür sind die Chancen beim Wiederverkauf und der dabei zu erzielende Erlös. Inzwischen scheint er bei E-Autos davon zu profitieren, dass die Batterien haltbarer sind, als man dachte.
Damit reduziert sich das Kostenrisiko bei E-Autos auf lange Sicht drastisch, denn bei Wartungs- sowie Reparaturkosten sind Elektroautos ohnehin günstiger: weniger Bremsenverschleiß, kein Auspuff, 90-mal weniger bewegliche Teile, die kaputtgehen können. Die Folge: Der Marktbeobachter Schwacke hat jüngst den Tesla Model S zum wertstabilsten Oberklassemodell erklärt – vor dem bisherigen Spitzenreiter Porsche Panamera.
Das Problem: Bei der Wertstabilität geht es um den relativen Restwert ausgehend vom Neupreis. Ist dieser hoch, schlägt auch ein prozentual niedriger Wertverlust mit absolut hohen Beträgen in der Gesamtrechnung durch. Je kleiner das Modell, desto höher ist der Preisunterschied: Der Renault Zoe mit Kaufbatterie kostet nahezu doppelt so viel wie der Clio (siehe Tabelle).
Obwohl der Akku bei der Herstellung das teuerste Bauteil ist, prognostizieren die meisten Experten hier eher sinkende Preise – die Rohstoffe sind entgegen anderslautenden Unkenrufen grundsätzlich ausreichend vorhanden. Die vermutlich sprunghaft steigende Nachfrage könnte allenfalls vorübergehend für eine Verknappung und Preisanstiege sorgen.
Was macht der Spritpreis?
Bei den Betriebskosten schlägt ohnehin die Stunde des E-Autos, obwohl nicht mal mehr das Tesla Model 3 an den herstellereigenen Säulen umsonst lädt und die zuletzt gestiegenen Strompreise (jetzt rund 30 Cent pro kWh) die Ersparnis gegenüber dem Verbrenner in Grenzen halten (siehe Tabelle). Bei stromfressenden SUV wie dem Audi E-Tron schmilzt der Vorteil gar auf 1,64 Euro pro 100 Kilometer zusammen. Erschwerend kommt hinzu, dass an Ladesäulen unterwegs noch weit höhere Preise fällig werden, sodass die Stromkosten auf Langstrecken die Spritkosten übersteigen können. Das dürfte sich allerdings schon in naher Zukunft wieder zugunsten des E-Autos ändern: Das Angebot an Ladesäulen wächst, genau wie die private Stromerzeugung, zudem ist nur schwer vorstellbar, dass CO₂-Emissionen weiterhin so wenig sanktioniert werden. Sprich: Der Sprit wird teurer werden. Auch hier macht also nicht die E-Mobilität das Autofahren insgesamt teuer, sondern die CO₂-Problematik.
E-Kleinwagen zu teuer
Speziell bei Kleinwagen lässt sich der absolut höhere Kaufpreis bzw. Wertverlust derzeit mit den prozentual erheblich günstigeren Betriebskosten nicht reinholen, wenn die Jahresfahrleistungen segmentspezifisch niedrig bleiben. Der Renault Zoe etwa fährt erst bei 30.000 Kilometern pro Jahr ähnlich günstig wie der Renault Clio (siehe Tabelle) – angesichts der Reichweite des E-Kleinwagens utopisch.
Das ist misslich, weil das E-Auto gerade in der Stadt die meisten Pluspunkte gegenüber dem Verbrenner sammelt: Die Effizienzvorteile sind höher, wenn die Standzeiten länger sind, die Batterien müssen nicht so groß und schwer sein, wenn die Fahrstrecken kürzer sind. Beim größeren Hyundai Kona kommt das E-Auto sogar günstiger als der Diesel. In der Mittelklasse kostet das spurtstarke Model 3 von Tesla deutlich weniger als der BMW 440i, während der Audi e-tron etwas teurer unterwegs ist als sein Diesel-Pendant Q7.