Stirbt der Diesel in der Kompaktklasse endgültig?

Hybridantrieb auf dem Vormarsch
Stirbt der Diesel in der Kompaktklasse endgültig?

"Es besteht kein Anlass, zusätzlich einen Dieselmotor anzubieten." Das sagte Mercedes-Entwicklungschef Markus Schäfer am Rande der Enthüllung des neuen CLA (siehe Video und Fotoshow) über dessen Motorenangebot. Der beste Grund für den Selbstzünder-Verzicht seien die neuen 48-Volt-Mildhybrid-Antriebe mit 1,5-Liter-Turbobenziner, die dem Wirkungsgrad eines Selbstzünders sehr nahekommen sollen und "ein Leckerbissen" (O-Ton Schäfer) seien. Zudem will der Hersteller künftig verstärkt auf die Übersichtlichkeit im eigenen Portfolio achten. "Wir müssen das Angebot und die Komplexität beherrschen und deshalb immer schauen, wo wir das Angebot ausdünnen können", ergänzt Schäfer.

Geringer Dieselanteil beim alten CLA

Aus wirtschaftlicher Sicht erscheint die Entscheidung gegen den Dieselmotor beim neuen CLA nachvollziehbar. 2024 lag der Selbstzünder-Anteil bei dieser Baureihe bei lediglich 6,0 Prozent. Und das in Deutschland mit seinem im Vergleich noch recht starken, aber ebenfalls an Relevanz verlierenden Dieselmarkt. Zwar rückt der Mercedes CLA beim Modellwechsel vom C118 zum C174 mit einer Länge von 4,72 Meter durchaus in Mittelklasse-Gefilde vor, doch selbst hier verliert der Diesel zunehmend an Bedeutung (10,6 Prozent Anteil bei der C-Klasse 2024).

Somit wird die Zahl der Autohersteller, die noch Dieselmotoren in der Kompaktklasse anbieten, immer kleiner. Einer jener Konzerne, die selbst bei vergleichsweise kleinen Autos am Selbstzünder festhalten, ist Turbodiesel-Pionier Volkswagen. Golf, T-Roc und Tiguan sind jeweils noch mit Dieselantrieben zu bekommen – mit allen positiven Nebeneffekten, die diese Antriebsart in Sachen Kilometerfressen, Anhängerbetrieb und guten Fahrleistungen bei geringen Spritverbräuchen bietet.

VW hält am Diesel fest – vorerst

Dabei wird es vorerst bleiben. Obwohl VW neue Vollhybridantriebe beim neuen T-Roc, der in einigen Wochen vorgestellt wird, und sogar im aktuellen Golf (Generation 8.5) einführen wird, bleibt den Baureihen der Dieselmotor vorerst erhalten. Das bestätigte ein Sprecher auf Nachfrage. Allerdings hänge eine langfristige Perspektive in erster Linie von der Kundenakzeptanz ab. Tatsächlich ist der Dieselanteil bei VW-Modellen wie dem Golf (19,2 Prozent im Jahr 2024), Passat (18,2 Prozent) und Tiguan (21,2 Prozent) noch erstaunlich groß. Anders als beim T-Roc übrigens (4,4 Prozent).

Während VW zumindest suggeriert, dass die Kundschaft per Kaufentscheidung die Zukunft des Diesels sichern könne, haben einige Konkurrenten diese Entscheidung bereits nach eigenem Ermessen getroffen – und sich mehrheitlich gegen den Diesel entschieden. Die in diesem Jahr hierzulande bisher absatzstärksten Nicht-VW-Konzernvertreter der klassischen Kompaktklasse, der Dacia Sandero und Opel Astra, verzichten auf Dieselmotoren in ihrem Antriebsportfolio. Beim Ford Focus ist noch genau eine Dieselvariante übrig geblieben (1,5 l Ecoblue mit 115 PS). Beim BMW 1er sind es immerhin noch zwei Varianten, deren Motoren mit Diesel verköstigt werden wollen. Aber das Leistungsspektrum von 150 bis 163 PS war auch schon mal deutlich größer.

Gründe für den Dieselschwund

Dass speziell die Kompaktklasse unter einem nachhaltigen Dieselschwund zu leiden hat, kommt nicht von ungefähr. Mit Golf, Astra und Co. werden eher selten schwere Pferde- und Wohnanhänger gezogen; hier spielen meist größere Kombi- und SUV-Modelle das bärige Drehmoment ihrer Turbodiesel-Aggregate aus. Der klassische Vertreterkombi mit hoher fünf- bis niedriger sechsstelliger Kilometerleistung im Jahr gehört eher der (Oberen) Mittelklasse an. Und er besitzt immer öfter einen (Plug-in-)Hybridantrieb – auch, weil dieser Steuervorteile bietet.

Kompaktwagen sind dagegen eher Auch-mal-aber-nicht-nur-Langstreckenautos, die eher in die Innenstadt als auf die Autobahn ausgeführt werden. Und im City-Dschungel kann ein Hybridantrieb eher seine Stärken ausspielen als auf Fernstraßen. Und nicht zu vergessen: Der nachhaltige Imageschaden, den der Selbstzünder durch den Dieselskandal erlitten hat. Dessen Aufdeckung ist nun zwar fast zehn Jahre her, aber das Bild der angeblichen Diesel-Dreckschleuder dürfte sich seither in vielen Köpfen nachhaltig festgesetzt haben.

Was ist in der nächsten Motorengeneration

Spannend wird es bei den letzten Modellen, die noch die Dieselfahne hochhalten, spätestens dann, wenn die aktuelle Motorengeneration abgelöst werden muss. Der Selbstzünder sieht sich als fast rein auf Europa beschränktes Phänomen immer strengeren Emissionsvorschriften seitens der EU konfrontiert. Eine weitere Triebwerksgeneration mit aufwendiger Entwicklung zur Einhaltung der Regeln zu ertüchtigen, könnte sich angesichts der beschriebenen sinkenden Relevanz wirtschaftlich irgendwann nicht mehr lohnen. Eine Hybridisierung bestehender Benzinerantriebe scheint mittel- und langfristig die vielversprechendere Lösung zu sein. Viele Hersteller haben diesen Weg bereits eingeschlagen. Bei VW dürfte es irgendwann ebenfalls so weit sein.