Bis auf die auffällige Beklebung und ein paar Zusatzdisplays im Cockpit sieht er aus wie jeder seiner millionenfach produzierten Brüder. Auch beim Beschleunigen ist nichts Ungewöhnliches festzustellen: Beim Tritt aufs Pedal legt der e-Golf gewohnt wuchtig los und surrt leichtfüßig durchs Drehzahlband. 120 km/h sind auf der Teststrecke schnell erreicht.
Doch jetzt die erste Überraschung: Statt maximal 290 Nm wie in der Serienversion liegen im Versuchsträger höchstens 145 Nm an – die Entwickler begrenzten das Drehmoment zu Demonstrationszwecken auf die Hälfte des Ausgangswertes.

Stets im optimalen Bereich
Dass sich der e-Golf so gar nicht nach halber Kraft anfühlt, liegt am stufenlosen Automatikgetriebe, das von den Bosch-Entwicklern an den E-Motor geflanscht wurde. Durch die variable Anpassung der Übersetzung kann der E-Motor immer im optimalen Drehzahlbereich gehalten werden.
Normalerweise haben Elektroautos ein festes Einstufen-Getriebe, da der E-Motor vom Start weg seine volle Kraft abgibt und sehr hoch drehen kann. Bei höherer Geschwindigkeit lässt das Drehmoment jedoch nach, weshalb viele Stromer auf der Autobahn nicht mehr ganz so vehement loslegen wie aus dem Stand.

Und genau hier kommt das CVT-Getriebe (Continuously Variable Transmission) ins Spiel, indem es die E-Maschine stets im idealen Drehzahlbereich hält. Einige hochpreisige E-Autos wie der Porsche Taycan nutzen genau aus diesem Grund ein Zweigang-Getriebe – die stufenlose Anpassung wäre quasi die Steigerung.
Nach den Berechnungen von Bosch lässt sich so der Durchzug von 80 auf 120 km/h um 13 Prozent verbessern, von 100 auf 150 km/h gar um 20 Prozent. Alternativ kann ein Hersteller jedoch auch kleinere, leichtere und günstigere Komponenten verbauen, ohne schlechtere Fahrleistungen in Kauf nehmen zu müssen. Selbst Batteriegröße spart das CVT, da es den Verbrauch reduziert. Im typischen Fahrzyklus WLTP, der für Verbrauchsfahrten herangezogen wird, lassen sich vier Prozent Energie einsparen. In anderen Zyklen, wenn schneller gefahren wird als im gemächlichen WLTP, sollen gar bis zu zehn Prozent Ersparnis drin sein.

Darüber hinaus erweitert die stufenlose Automatik den Einsatzbereich eines E-Autos: Oft müssen die Entwickler bei der Festlegung der Übersetzung einen Kompromiss aus Höchstgeschwindigkeit und Steigfähigkeit finden. Soll der Wagen auch am Berg oder mit Anhänger kräftig losspurten, darf er nicht zu lang übersetzt werden. Das CVT mit seiner angepassten Übersetzungsspreizung von 3,5 lässt auch hier viel mehr Freiheiten und erleichtert die Entwicklung.
Der Prototyp ist groß und schwer
Beim Getriebe im Vorführ-Golf handelt es sich noch um ein angepasstes Exemplar, das ursprünglich für einen Mitsubishi mit Benzinmotor entwickelt wurde und samt Adaption auf den e-Golf 100 Kilo auf die Waage bringt. Dass es zudem noch recht ausladend baut, spielt im e-Golf keine große Rolle, da dieser durch seine Verbrenner-Basis ohnehin viel Platz unter der Motorhaube hat. Das Serien-Exem- plar soll jedoch nur noch 20 Extra-Kilo auf die Waage bringen und so kompakt ausfallen, dass es auch in die engen Maschinenräume von Elektroautos passt.