BMW streicht klassisch angetriebene Modelle zugunsten von mehr E-Autos

Mehr Elektroautos von BMW
50 Prozent weniger Verbrenner-Modelle

BMW war mit dem Serienstart des i3 schon im Jahr 2013 eigentlich Pionier bei den Elektroautos. Problem: Vor allem die Karbonstruktur der Karosse war viel zu teuer und total unflexibel. Darum ließen sich auf i3-Basis keine anderen Modelle kostendeckend entwickeln. Als Baukasten oder Plattform war die Konstruktion eine teure Sackgasse.

Kein Elektrobaukasten

Eine reine E-Auto-Plattform für mehrere Baureihen gibt es auch künftig nicht bei BMW. Die zweite Generation ihrer E-Autos haben die Bayern nach den Erfahrungen mit der proprietären i3-Technik genau andersrum geplant: Sie haben sie viel Aufwand getrieben, alle ihre Baureihen so anzupassen, dass sie sowohl klassische Verbrenner, Hybrid- aber auch Elektroantriebe aufnehmen können. Damit will BMW einen bedarfsorientierten Antriebsmix anbieten und mit Plug-in-Hybriden die Zeit überbrücken, bis E-Antriebe für die überwiegende Zahl der Kunden auf der ganzen Welt Sinn machen.

Geld für die Entwicklung der E-Antrieb kommt aus dem Programm Performance > NEXT, das bis Ende 2022 insgesamt mehr als zwölf Milliarden Euro sparen soll. Den Entwicklungsprozess für neue Fahrzeugmodelle will BMW um bis zu ein Drittel verkürzen. Aber auch an der Modellpalette wollen die Münchner sparen. Seitens des Unternehmens hieß es dazu: "Auf der Produktseite werden im Übergang zu den weiterentwickelten intelligenten Fahrzeugarchitekturen ab 2021 bis zu 50 Prozent der klassischen Antriebsvarianten entfallen – zugunsten von zusätzlichen elektrifizierten Antrieben. Dort werden die Ergebnisse vor allem in den Jahren nach 2022 voll zur Wirkung kommen".

Fünf E-Auto-Modelle bis Ende 2021

Denn Ende 2021 will BMW fünf vollelektrische Serienfahrzeuge anbieten: Neben dem BMW i3, dessen Absatz angesichts der wachsenden Nachfrage nach E-Autos jetzt das sechste Jahr in Folge wuchs, startete Ende 2019 in Oxford die Produktion des vollelektrischen MINI Cooper SE. Dieses Jahr folgt im chinesischen Werk Shenyang der Produktionsanlauf des iX3 und 2021 folgen i4 sowie der SUV iNEXT (siehe Bildergalerie). Von dem sagt BMWi-Chef Dr. Stefan Irlinger: "Das Fahrzeugkonzept des iNext ist ein sehr weiter Sprung". Es gebe "dasselbe Fahrzeug so nicht noch mal". Trotzdem sei auch der iNext "keine Architektur", oder eben nicht das erste Auto auf Basis eines neuen Baukastens. Vielmehr ist er so ausgelegt, "dass alle Baukästen, die wir auch in den großen Architekturen verwenden werden, im iNext den Ersteinsatz kriegen". Und er ist ein reines Elektroauto, eine Verbrennerversion wird es nicht geben. Das kling dann doch ein wenig wie der Anfang eines skalierbaren E-Auto-Baukastens, der noch nicht so heißen darf.

BMW iX3 Concept
BMW Group

13 E-Auto-Modelle bis 2023, keine 3- und 12-Zylinder mehr

2023 will BMW 25 elektrifizierte Modelle auf der Straße haben, davon sollen mindestens 13 vollelektrische Autos sein. Bis 2021 rechnet BMW mit einer Verdoppelung des Absatzes zumindest der elektrifizierten (nicht der rein elektrischen) Fahrzeuge gegenüber 2019, bis 2025 gehen die Münchner dann von einer steilen Wachstumskurve aus: Jahr für Jahr soll der Absatz der elektrifizierten Fahrzeuge durchschnittlich um mehr als 30 Prozent steigen.

Kein Wunder also, dass die Bayern die Angebotsvielfalt bei den konventionell angetriebenen Modellen eindampft. Schon Ende 2020 entfällt beispielsweise der starke Quad-Turbo-Diesel: Der Reihensechszylinder kam 2016. Seine nicht weniger als vier Abgasturbolader machten ihn einzigartig. Als 50d (Motortyp: B57D30S0) machte er Karriere in den Baureihen 7er, 5er, X5, X6 und X7. 400 PS sowie 760 Nm sorgten für satten Schub in allen Lebenslagen. Kernelement des Motors war eine neu konzipierte permanente zweistufige Aufladung, bestehend aus zwei Niederdruck- und zwei Hochdruck-Abgasturboladern. Einstellige Prozentzahlen der aufwendigen Konstruktion am Modellmix machen die Anpassung an neue Abgasanforderungen unrentabel, das Geld verwendet der Autobauer lieber zur Entwicklung des E-Antriebs. Passend dazu wurde bei BMW mit Frank Weber gerade ein Mann zum Entwicklungsvorstand ernannt, der einst für die Entwicklung des ersten Opel Ampera bzw. Chevrolet Volt verantwortlich zeichnete.

6-Zylinder-PHEV könnte V8 ersetzen

Zwar erklärte der scheidende Entwicklungschef Klaus Fröhlich bereits im Januar 2020 in einem Interview mit der Automotive News Europe, dass BMW in den kommenden Jahrzehnten am Verbrennungsmotor festhalten wird. Vier- und Sechszylinder-Diesel seien sicher noch 20 Jahre verfügbar, während man Benzinmotoren noch mindestens 30 Jahre anbieten werde. Doch für bestimmte Aggregate sah selbst Fröhlich keine Zukunft mehr: So scheinen sich die 1,5-Liter-Dreizylinder-Diesel nicht mehr zu lohnen. Am anderen Ende der Skala ist auch das Ende des 6,6-Liter-Biturbo-V12 aus dem mindestens 174.500 Euro teuren M760Li xDrive absehbar. Laut Fröhlich baut BMW von dem Riesen-Benziner nur "ein paar tausend Einheiten im Jahr". Für solche Stückzahlen lohnen sich "mehrere tausend Euro zusätzlicher Kosten" für Updates bei der Abgasnachbereitung nicht. Den Nachfolger des 7er (2022) wird es wohl entsprechend nicht mehr mit V12 geben.

BMW M 760LI
BMW

Laut Fröhlich könnte es selbst für den 4,4-Liter-Biturbo-V8 eng werden. Als Ersatz stünde ein Sechszylinder-Plugin-Hybrid, der laut Fröhlich genug Power bietet: 600 PS und "genügend Drehmoment, um viele Getriebe zu zerstören". Das Drehmoment dürfte größtenteils vom E-Antrieb des Hybriden kommen. Ohne Verbrenner bräuchte es gar kein Getriebe mit mehreren Stufen mehr. Schon wieder Geld gespart.