Wer morgens über die Kneipen- und Restaurantmeilen großer Städte flaniert, kennt das Bild von Tanklastwagen, die am Straßenrand oder auf Fußwegen stehen. Ein Schlauch verschwindet in einer Öffnung auf dem Bürgersteig. Hier wird das Speisefett, das bei der Zubereitung von Pommes Frites und anderen Speisen verwendet wird, abgepumpt, um es zu entsorgen.
Ein Teil davon fließt seit Januar 2018 auch durch den Schlauch einer Tankstelle auf dem Werksgelände von VW in Wolfsburg. Zu Testzwecken hat man dort Dieselfahrzeuge mit "R33 Blue Diesel" genanntem Sprit betankt. 26 Prozent des Dieselkraftstoffs besteht aus biologischen Rest- und Abfallstoffen, darunter das oben erwähnte Speiseöl. Hinzu kommt der Biostoff-Anteil von sieben Prozent, wie ihn auch herkömmlicher Diesel aufweist. Die restlichen 67 Prozent stammen aus fossilen Quellen. Mit R33 Blue Diesel lassen sich laut VW die CO₂-Emissionen in der Gesamtbetrachtung ("well to wheel", von der Quelle bis zum Rad) um mindestens 20 Prozent senken.
Motoren nicht umgerüstet
VW hat firmeneigene Fahrzeuge mit dem speziellen Sprit betankt, um dessen Auswirkungen auf die Technik zu untersuchen. Fehler an den Bauteilen der Motoren traten nicht auf, obwohl diese nicht für den Einsatz mit dem speziellen Diesel umgerüstet wurden. Die Entwicklung des R33 Blue Diesel hat der Autohersteller gemeinsam mit der Hochschule Coburg und weiteren Partnern durchgeführt. Lieferant des Kraftstoffs war Shell in Zusammenarbeit mit dem Biosprit-Hersteller Tecosol und dem finnischen Mineralölunternehmen Neste.
An den Werkstankstellen von VW am Hauptsitz in Wolfsburg war der Dieselkraftstoff mit höherem Bio-Anteil danach dauerhaft verfügbar. Doch auch bei Großkunden hat man ihn eingeführt. Seit Sommer 2018 gibt es den Sprit beispielsweise auch für Firmenwagen beim Zulieferer Bosch.
Audi ebenfalls mit R33 Blue Gasoline
Bei Konzerntochter Audi ist R33 Blue Diesel seit März 2021 an den Werkstankstellen in Ingolstadt und Neckarsulm verfügbar. Nun gibt es dort auch ein Pendant für Benziner: Statt E10 lässt sich dort inzwischen R33 Blue Gasoline tanken. Der Sprit setzt sich hier wie folgt zusammen: Zehn Prozent sind sauerstoffhaltige Kraftstoffkomponenten, zum Beispiel Ethanol. Hinzu kommen 23 Prozent Bio-Naphtha; dieses wird aus Reststoffen – etwa Tallöl – gewonnen, das als Nebenprodukt bei der Herstellung von Zellstoff anfällt. Auch hier kommen die übrigen 67 Prozent aus fossilen Quellen.
Laut Audi entspricht R33 Blue Gasoline der gültigen Norm für Ottokraftstoffe (DIN EN 228). Es ist somit für alle Fahrzeuge geeignet, die für den Betrieb mit Super-95-E10-Benzin freigegeben sind. Spezielle Additive sollen sich verschleißmindernd und damit positiv auf die Lebensdauer der Motoren auswirken. Audi setzt R33 Blue Diesel und Gasoline übrigens nicht nur bei seiner Geschäftswagenflotte ein. Der Hersteller liefert auch immer mehr mit den Biokraftstoffen betankte Neuwagen an seine Kundinnen und Kunden aus.