- Schnelles Aufheizen für bessere Effizienz
- Einsatzgebiete und Produktionszeitraum
- Schwachstellen: Steuerkette und Schlepphebel
- Die Ursache: Ölverdünnung durch Dieselkraftstoff
- Empfohlene Öl-Spezifikation zur Problemvermeidung
- Effizienzsteigerung und Haltbarkeit
- OM656: Ähnliche Probleme beim Sechszylinder?
- Problemmotor, oder nicht?
Der Mercedes-Benz Dieselmotor OM654 (OM steht traditionell für "Oelmotor") ist ein moderner hocheffizienter Vierzylinder-Dieselmotor mit einem Hubraum von 1.597 bis 1.950 cm³. Je nach Fahrzeugmodell und Leistungsstufe variiert die Leistung zwischen 110 kW (150 PS) und 180 kW (245 PS). Der Motor wurde sowohl in quer- als auch längseingebauten Varianten konzipiert und kommt in Fahrzeugen mit Front-, Heck- und Allradantrieb zum Einsatz.
Schnelles Aufheizen für bessere Effizienz
Charakteristisch ist die komplett motornah verbaute Abgasreinigungstechnik, bei der Rußpartikelfilter und SCR-Kat unmittelbar an der Abgasseite des Motors angebracht sind. Diese Bauweise sorgt für besonders schnelles Aufheizen, damit möglichst früh bestmögliche Emissionswerte erzielt werden können. Ebenfalls der besseren Effizienz geschuldet ist die Beschichtung der Zylinderlaufbahnen mit der von Mercedes selbst getauften Nanoslide-Technik. Hierbei wird eine spezielle Eisenlegierung über ein hochfeines Spritzverfahren aufgetragen, bei dem das Beschichtungsmaterial in Form von Drahtspitzen geschmolzen und verspritzt wird. Mercedes gibt eine um 20 Prozent verringerte Reibung an.
Die einfach ausgeführte Steuerkette des OM654 befindet sich getriebeseitig, was eine kompakte Bauweise ermöglicht, aber im Falle eines Wechsels aufwendigere Reparaturen erfordert. Zumindest ist im Schadenfall, wie schon beim Vorgänger ein Aus- und Einfädeln der Kette ohne Ausbau und Trennung des Getriebes möglich. Der OM654 löste den OM651 ab, einen weitverbreiteten und bewährten Dieselmotor, der jedoch in frühen Baujahren Probleme mit Injektoren und der ebenfalls hintenliegenden Steuerkette aufwies.
Einsatzgebiete und Produktionszeitraum
Der OM654 wurde erstmals im Frühjahr 2016 in der E-Klasse E 220 d (W213) eingeführt. Seitdem ist er als Längsmotor in verschiedenen Modellen von Mercedes-Benz verbaut, darunter die C-Klasse (ab W205 Facelift), GLC (ab X253 Facelift), E-Klasse, GLE sowie Transporter wie der Vito und Sprinter . Auch in Kompaktmodellen A- und B-Klasse , sowie GLA , CLA und GLB kommt eine quer eingebaute Version zum Einsatz. Ziel des Motors war eine deutliche Effizienzsteigerung gegenüber dem Vorgänger, was durch eine Kombination aus reduziertem Gewicht, reibungsoptimierten Komponenten und einer verbesserten Abgasnachbehandlung erreicht wurde. Der OM 654 DE 16 ist eine seltener verwendete Variante des OM654 mit reduziertem Hubraum von 1,6 Litern, die für bestimmte Märkte und Modelle als Basismotor konzipiert wurde, um zum Teil den von Renault stammenden OM622 abzulösen. Technisch basiert der DE 16 weitgehend auf dem regulären OM654, weist jedoch eine angepasste Leistungs- und Drehmomentcharakteristik auf. Zudem verzichtete man auf die beiden seitlich angebrachten Ausgleichswellen, die ansonsten für mehr Laufruhe sorgen.

So sieht er aus, der OM654. Die kompakte Optik täuscht nicht, denn der gesamte Motor nebst Schallkapselung und Abgasnachbehandlung steckt im hier gezeigten Paket. Das vereinfacht den Einbau in verschiedene Modelle.
Schwachstellen: Steuerkette und Schlepphebel
Einige Nutzer berichten von vorzeitigem Verschleiß der Rollenschlepphebel bei Laufleistungen zwischen 100.000 und 120.000 Kilometern. Schlepphebel sind dazu da, die Hübe der drehenden Nockenwellen an die vertikal beweglichen Ein- und Auslassventile (Ein- und Auslassseite verwenden identische Schlepphebel) zu übertragen und deren Spiel durch den auf der Gegenseite sitzenden Hydrostößel auszugleichen. Zur Verringerung der Reibung am Kontaktpunkt mit der Nockenwelle sind dort Rollen verbaut. Mercedes-Benz hat darauf reagiert und ab einer bestimmten Motornummer verstärkte Schlepphebel eingeführt. Konkret wurden am 10.07.2018 ab der Motornummer 80278367 modifizierte Schlepphebel mit neuer Teilenummer (A6540505701 statt A6540501100). Dennoch kann bei frühen Baujahren ein erhöhtes Problemrisiko bestehen. Werkstattberichten zufolge entwickeln die fehlerhaften Schlepphebel im Schadenfall eine derartige Hitze, sodass auf den ausgebauten Metallteilen blaue Anlaufspuren erkennbar werden.

Im Zylinderkopf drehen sich die beiden Nockenwellen. Im Querschnitt rechts sind die etwa waagerecht verbauten Schlepphebel zu erkennen, die die Drehbewegungen der Nocken auf die Ventile übertragen.
Die Steuerkette des OM654 befindet sich wie bereits erwähnt getriebeseitig, was Reparaturen komplizierter und teurer macht. Während es bisher kaum Berichte über gerissene Steuerketten gibt, sollte man auf ratternde Geräusche beim Start achten, die auf eine Längung hinweisen könnten. Auch um dies zu reparieren, müssen Motor und Getriebe jeweils demontiert werden. Zu Anfang gab es außerdem rund 5.000 Fahrzeuge, die aufgrund einer zu schwach dimensionierten Steuerkette zurückgerufen worden sind. Bei vermehrtem Anhängerbetrieb könne es zu übermäßigem Verschleiß kommen – für Mercedes seinerzeit keine starke Leistung und sicherlich ein Anlass für die erfolgten Nachbesserungen. Dabei wurde die Beschichtung der Steuerkette mit der Hartstoffschicht Tritan 15 geändert auf das noch standfestere Material Tritan 18.

Auf der Motorrückseite liegt die Steuerkette. Die Zeiten, in denen diese doppelt ausgeführt war, sind längst vorbei. Eine möglicherweise notwendige Reparatur ist deutlich aufwändiger, als an der Vorderseite.
Die Ursache: Ölverdünnung durch Dieselkraftstoff
Ein besonderes Problem vieler moderner Dieselmotoren mit Partikelfilter ist die Ölverdünnung. Diese tritt hauptsächlich durch die sogenannte Nacheinspritzung auf, die zur Regeneration des Dieselpartikelfilters dient. Dabei gelangt unverbrannter Kraftstoff ins Motoröl, wodurch dessen Viskosität sinkt. Dies kann insbesondere bei Fahrzeugen mit viel Stadtverkehr oder kurzen Fahrstrecken problematisch werden, da der Motor nicht ausreichend heiß wird, um den eingetragenen Dieselanteil wieder zu verdampfen.
Ganz besonders stark ist dieser Effekt, wenn die DPF-Regeneration vorzeitig abgebrochen wird. Andere Hersteller, vornehmlich im Nutzfahrzeugbereich ermöglichen den geregelten Abbruch, bzw. den gezielten Einsatz der Regeneration per Tastendruck, um Problemen vorzubeugen. Eine zu starke Verdünnung des Öls führt schnell zum Verlust der Schmierfähigkeit und somit zu erhöhtem Verschleiß oder gar Motorschäden.
Empfohlene Öl-Spezifikation zur Problemvermeidung
Um Problemen vorzubeugen, empfiehlt es sich, ein Motoröl mit der Freigabe MB 229.52 zu verwenden. Diese Spezifikation stellt höhere Anforderungen an die Oxidationsstabilität und Kraftstoffeinsparung und ist speziell für Dieselaggregate mit Partikelfilter wie den OM654 geeignet. Alternativ kann bei Fahrzeugen mit häufigen Kurzstrecken ein Öl mit einer höheren Viskositätsklasse, wie 5W-40 statt 0W-20, zur Reduktion der Verdünnungsproblematik beitragen.
Effizienzsteigerung und Haltbarkeit
Der OM654 wurde mit dem Ziel entwickelt, Effizienz und Emissionswerte zu optimieren. Dies wurde unter anderem durch einen geringen Innereibungswiderstand, eine Aluminium-Bauweise und ein hocheffizientes Thermomanagement erreicht. Diese Optimierungen führen jedoch dazu, dass der Motor empfindlicher auf falsches Öl, vernachlässigte Wartung oder ungünstige Betriebsbedingungen reagiert.
Ein kombiniertes Hoch- und Niederdrucksystem sorgt für die gekühlte Abgasrückführung, wobei der Kühler der Hochdruck-Abgasrückführung schaltbar ist. Die Kühlmitteltemperatur wird durch eine schaltbare Wasserpumpe sowie eine elektronische Pumpe im Niedertemperaturkreislauf mit konventionellem Thermostat geregelt. Für die Ölversorgung kommt eine Flügelzellenpumpe mit Kennfeldregelung zum Einsatz, die den Ölfluss bedarfsgerecht anpasst.

Die Steuerkette treibt auch die Kraftstoff-Hochdruckpumpe (links oben), sowie über eine separate Kette die Ölpumpe (unten) an.
Langzeittests und Erfahrungen aus dem Taxibereich zeigen, dass der OM654 eine Laufleistung von mehr als 350.000 Kilometern erreichen kann, wenn er regelmäßig mit hochwertigem Öl gewartet wird und lange Betriebsphasen auf Betriebstemperatur stattfinden. Fahrzeuge, die fast ausschließlich im Kurzstreckenbetrieb gefahren werden, können dagegen früher mit Problemen rechnen.

Die Grafik zeigt, wie die Abgasnachbehandlung als Teil der Auspuffanlage bislang weit unter das Fahrzeug ragt. Im OM654 ist alles aus thermischen Gründen motornah untergebracht.
OM656: Ähnliche Probleme beim Sechszylinder?
Der Sechszylinder-Dieselmotor OM656 teilt viele Konstruktionsmerkmale mit dem OM654, weil es sich im Prinzip einfach um ein modular verlängertes Triebwerk handelt. Auch hier gab es Berichte über frühzeitigen Verschleiß der Schlepphebel, wenn auch weniger ausgeprägt als beim Vierzylinder. Zudem sind die Problematiken der Ölverdünnung und der getriebeseitig verbauten Steuerkette ähnlich. Wer einen OM656 besitzt, sollte daher ebenfalls auf hochwertige Ölqualität und regelmäßige Wartung achten.

Im Bug dieses S 400d der Baureihe 223 sitzt der direkt verwandte OM656 mit sechs Zylindern und drei Litern Hubraum.
Problemmotor, oder nicht?
Schlussendlich bleibt die Frage, ob der OM654 gerade bei alteingesessenen Mercedesfahrern als Problemmotor gilt oder nicht. Wer an die einstige Unzerstörbarkeit von Dieselmotoren mit Stern gewöhnt ist, mag über die anfängliche Empfindlichkeit des Motors zaudern. Meist sind das jedoch genau die Fahrer, bei deren Nutzungsweise ohnehin kaum Probleme auftreten: auf langen und zügigen Autobahnreisen. So zeigen sich in der Praxis kaum Einbußen in der Zuverlässigkeit, sofern auf eine penible Wartung geachtet wird. Dies ist der hohen Effizienz des Motors geschuldet, die auch dazu dient, die aufwendige Abgasreinigung zu kompensieren, die ihrerseits einen wesentlichen Verbrauchsfaktor darstellt. Würde man den Motor heute mit einer Abgasnachbehandlung verbauen, wie sie noch vor 15 Jahren üblich war – nur rein theoretisch – wären spielend Verbräuche im Bereich von drei Litern auf 100 Kilometer möglich. Diese Ingenieursleistung sollte man sich also stets vor Augen führen.