Dyschromatopsie ist der medizinische Fachbegriff für Menschen, die mit einer Farbfehlsichtigkeit zu kämpfen haben. Im Falle dieses sehr speziellen 911 Turbo S könnte das allerdings ein entscheidender Vorteil sein. Denn "normalsichtige" Menschen lässt ein Blick auf und vor allem in dieses Auto mit ernsthaften Augenschmerzen zurück.

Eigentlich waren ja vor allem die 1970er bis 1980er Jahre für ziemlich bizarre Formen und Farben im Automobilbau bekannt, doch in diesem Fall hat der Kandidat eine jüngere Historie. Im Jahr 1997 kam der 911 Turbo S in Zuffenhausen zur Welt, der nun im amerikanischen DuPont Registry nach einem neuen Liebhaber sucht. Es handelt sich hier um die letzte luftgekühlte Baureihe, den 993 in der Topvariante mit dem leistungsgesteigerten Biturbo-Motor. In Deutschland mit 430 PS angegeben, leistet das US-Exemplar laut dortiger Homologation 424 hp.
Nur wenige 100 Turbo S wurden gebaut
Ganze 342 Exemplare des bärigen Turbo S, serienmäßig mit Allradantrieb ausgerüstet, wurden insgesamt gebaut. Gut erkennbar sind die Turbo-Varianten des 993er an ihrem gewaltigen Heckflügel, unter dem die beiden Ladeluftkühler nach Frischluft gieren. 290 km/h Maximaltempo und 4,5 Sekunden auf Tempo 100 standen im Datenblatt, damit ließe sich auch 23 Jahre später noch ein deutliches Wort mitreden im Reigen der wirklich schnellen Autos.
Wer nun Anfang 1997 größeren Spaß hatte, der Besteller oder die Porsche-Mitarbeiter, die diesen Turbo S akribisch zusammenbauten, wird sich nicht mehr klären lassen. Jedenfalls war die extravagante Farbgebung eine ganz normale Werks-Komposition und nicht etwa eine Spezialanfertigung für einen exzentrischen Sonderling: "Wimbledon Green Metallic" und "Nephrite Green Special Leather" lautete die prosaische Prospektbeschreibung der kreischfarbenen Realität – alles so schön grün hier. Auf die Idee, diese beiden Grüntöne zu verheiraten, kam indes offenbar nur der Käufer dieses Porsche, denn laut Verkaufsanzeige ist die schrille Kombination seinerzeit nur bei diesem einen Auto gewagt worden. Ein bisschen möchte man auch 23 Jahre danach dafür dankbar sein, dass nicht mehrere 993er dieses Schicksal teilten.
Keine 1.000 Kilometer gelaufen
Was diesen 911 Turbo S neben der Farbgebung aber wirklich besonders macht, ist sein Tachostand. 532 Meilen, umgerechnet 865 Kilometer Wegstrecke stehen auf der Uhr, das macht in den vergangenen 23 Jahren rund drei Kilometer im Monat – die hätte man den Turbo-Frosch auch problemlos schieben können. Selbst die werkseitigen Kunststoffschützer auf der (selbstredend quietschgrünen) Auslegeware sind noch vorhanden, nach Benutzungsspuren im Innenraum sucht man vergeblich.

Ob es daran liegt, dass der Besteller bei der Auslieferung selbst von seiner Farbwahl schockiert war und den 430-PS-Berserker in einer dunklen Ecke endlagerte oder ob das Auto bereits damals einfach als Spekulationsobjekt angeschafft wurde, verrät der Verkaufstext nicht. Mehr gebracht als auf einem Sparkonto hat das Investment auf jeden Fall, 430 Prozent Wertsteigerung stehen zu Buche: 156.487 US-Dollar standen auf der Auslieferungs-Rechnung, inklusive der 2.600 Dollar "Gas Guzzler" Strafsteuer für verbrauchsintensive Autos. Wer einen der letzten luftgekühlten 911er in der Frohsinn-durch-Leistung-Variante besitzen möchte und nervenstark genug für die Farbenpracht ist, wird beim DuPont Registry für 795.000 US-Dollar fündig.