Geheimtipp gebrauchter Jaguar F-Type

Keine Lust auf die neuen Jaguar?
Fünf Gründe für einen gebrauchten F-Type

Angesichts des Rebrandings der Marke Jaguar und der Vorstellung des GT Concept, mag sich der ein oder andere nach traditionelleren Modellen aus Castle Bromwich sehnen. Hier sind fünf Gründe, warum der F-Type gerade ein kluger Kauf ist.

1. Der nüchterne Grund

Über Geschmack lässt sich trefflich streiten. Fakt ist jedoch, dass fast immer, wenn sich ein Autohersteller designmäßig neu erfindet, die Vorstellungen vieler Traditionalisten auf der Strecke bleiben. Die beginnen spätestens dann, die guten alten Zeiten zu loben. Die sind für den F-Type seit diesem Jahr vorbei – und zwar schlicht, weil Jaguar die Produktion aller Modelle im August 2024 vorerst für ein ganzes Jahr eingestellt hat. Und wo das Angebot plötzlich eingeschränkt ist, könnte die Nachfrage recht schnell überwiegen.

Jaguar F-Type, Exterieur
Rossen Gargolov

Natürlich wird der F-Type dadurch nicht von heute auf morgen zum Sammlerstück, dessen Preise plötzlich hochschnellen, doch ist es durchaus denkbar, dass der meist relativ starke Wertverlust gebrauchter Jaguare auf lange Sicht einen Dämpfer erfährt.

2. Der finanzielle Grund

Das Ganze aus Punkt 1 wird sich auf ganz unterschiedlichen Preisniveaus abspielen. Denn das Delta zwischen den günstigsten Gebrauchtpreisen und den zuhauf angebotenen Neuwagen ist hier so groß, wie fast nirgends sonst. Betrachtet man die direkten Konkurrenzprodukte, wird der F-Type in vielen Fällen zum Schnäppchen. Als gerade erst eingestellter Neuwagen mit Listenpreisen ab 72.100 Euro für einen Vierzylinder und ab 105.500 Euro für einen V8, muss sich die Modellpalette des F-Type in Preis und Leistung mit Porsche 718 und 911 messen. Dagegen halbieren die Gebrauchtexemplare des Jaguar mühelos das Preisniveau entsprechender Stuttgarter. Im Klartext bedeutet das, dass die günstigsten F-Types in gepflegtem Zustand bei rund 30.000 Euro beginnen – freilich mit einigen Kilometern auf dem Zähler. Wer rund 45.000 Euro anlegt, bekommt bereits den hochemotionalen Sechszylinder-Kompressor mit niedriger Laufleistung. Kaum teurer finden sich die betörenden V8-Versionen, die wir hier besonders empfehlen wollen.

3. Der emotionale Grund

Warum interessiert man sich überhaupt für den Kauf eines Sportwagens? Das mag zwar jeder etwas anders sehen, doch dürfte die größte Schnittmenge an Antworten darin bestehen, dass man etwas fahren möchte, was sich besonders anfühlt. Leistungsstark, ergreifend, und auch mit einer Form, die ordentlich was hermacht. All das trifft der F-Type auf den Punkt. Mit seiner sehr tiefen, aber ergonomisch astreinen Sitzposition, der langen Haube, der ergreifenden Klangkulisse und dem größtenteils sehr nobel gemachten Interieur macht er aus jeder Fahrt etwas Besonderes. Seine lange Bauzeit von 2013 bis 2024 erlaubt eine große Vielfalt an unterschiedlich bepreisten Exemplaren, und die Motorenauswahl aus Vier-, Sechs- und Achtzylindern stellt sicher, dass der Wunschantrieb an Bord ist. Ähnlich groß ist die Vielfalt im Klang: vom völlig zügellosen Auspuffgeschrei der frühen Modelle zum recht abturnenden Synthetik-Gesummsel der Vierzylinder mit Otto-Partikelfilter und künstlicher Soundeinspielung im Innenraum.

Jaguar F-Type R75 Coupé, Cockpit
Hans-Dieter Seufert

Unterwegs begeistert der F-Type mit einer blitzsauberen Fahrabstimmung. Die exakte, recht fein ansprechende Lenkung funktioniert besser als in modernen BMW-Sportmodellen, und das Fahrwerk liefert eine straffe Abstimmung, die mit einem enormen querdynamischen Gripniveau einhergeht. Ob die Motorkraft für Haftungsabrisse am Heck sorgen darf oder nicht, geschieht ganz nach Käufergeschmack, da Allradversionen in vielen Fällen optional sind.

4. Der technische Grund

Neben allen Vorzügen, die der F-Type als Sportwagen bietet, darf gern auch lobend genannt werden, dass er relativ unproblematisch funktioniert. Die Motoren (speziell die Vier- und Sechszylinder) sind ausgereift und auch der Rest erweist sich als durchaus haltbar. Die einzigen wiederkehrenden Alterswehwehchen beschränken sich auf Softlackprobleme überall im Cockpit der Vorfacelift-Modelle und gelegentlich spinnende Keyless-Funktionen.

Wer sich also für den Kauf interessiert, der sollte sich zunächst Gedanken über die adäquate Motorisierung machen. Der P300-Vierzylinder (früher 30t genannt) funktioniert im Prinzip bestens und hat ausreichend Druck. Er nervt jedoch mit seinem sehr zugeschürten und künstlich wirkendem Klang und einem doch verhältnismäßig hohem Verbrauch, der im eigentlichen Vernunftmodell im Alltagsbetrieb doch etwas kleiner sein könnte als 9 bis 10 Liter auf 100 km. Wie wir bereits gelernt haben, sind die Preisunterschiede zu den stets kompressorgeladenen Sechszylindern (AJ126) nicht allzu groß. Die wiederum gefallen durch fantastischen Klang und ihr hohes Leistungsniveau. Im Detail gelten sie als minimal empfindlicher als die konstruktiv eng verwandten Achtzylinder des Typs AJ133. Beide Motoren nutzen äußerlich denselben Block. Die Fläche, die beim V8 durch die vordersten Zylinder belegt wird, ist im V6 mehr oder weniger leer gelassen. So verpöhnt manch einer den V6 als allzu simple Konstruktion. Der einzig echte Nachteil besteht darin, dass er fast kein Gewicht einspart und den sehr engen Motorraum genauso füllt wie der V8.

Jaguar F-Type 3.0 V6 Coupé, Motor
Hans-Dieter Seufert

So gilt die abschließende Empfehlung getreu dem Motto "wenn schon, denn schon" dem V8. Und hier darf es dann am liebsten die 495-PS-Version mit Hinterradantrieb sein. Gerade angesichts des enormen Leistungspotenzials dieses Motors wirkt die 450-PS-Version im Vergleich ein wenig zugeschnürt. Die drei verschiedenen Motortypen lassen sich übrigens am einfachsten am Endrohr erkennen. Ein mittiges Trapez kennzeichnet den Vierzylinder, zwei mittige Rundrohre den V6, und vier außen liegende Endrohre die Achtzylinder.

5. Der neue Grund

Klar, zweitürige Sportwagen altern in aller Regel viel langsamer als mehr oder weniger modische Allerweltsautos. Und so dürfte mancher staunen, dass der F-Type bereits seit über elf Jahren auf dem Markt ist. Zudem verbringen sportliche Roadster und Coupés viel häufiger ein gehätscheltes Garagen-Dasein, als dass sie in alltäglicher Nutzung aufgebraucht werden. Kurzum: Der F-Type wird mit hoher Wahrscheinlichkeit noch über viele Jahre begehrenswert bleiben. Die Neuerscheinung des Jaguar GT Concept und die darauffolgenden EV-Luxusautos haben andere Verkaufsziele im Blick, und dürften so schnell kaum einen F-Type von seinem Garagenplatz verdrängen. So wird der F-Type zu einem "letzten seiner Art". Und genau das war in der Autowelt schon immer ein Garant für große Beliebtheit. Denken Sie mal an die eingestellten Dodge-Hellcat-Modelle, an den BMW M2 mit Handschaltung oder den Ferrari 812 mit Saugmotor.