Autos von Ferrari sind für viele Menschen Sehnsuchtsobjekte. Erst recht die Topmodelle vom Schlage eines F40, LaFerrari oder des neuen F80. Nur können sich die allerwenigsten Leute tatsächlich ein Exemplar leisten. Da sollte man meinen, dass jene Menschen, die über die nötigen finanziellen Mittel für einen Maranello-Sportwagen verfügen und beim Kauf tatsächlich zum Zuge kommen, vor Freude ganz hibbelig werden. So hibbelig, dass sie direkt nach der Zusage ein hübsches Plätzchen in der heimischen Garage freiräumen oder im Geiste bereits die erste Ausfahrt planen, selbst wenn das Lieferdatum noch weit in der Zukunft liegt.
Nehmen wir den nagelneuen F80. Wer hier den Zuschlag erhält, ist eine oder einer von insgesamt nur 799 Glücklichen und erwirbt eine Sportwagen-Schönheit, die nicht nur grenzenloses Fahrvergnügen, sondern trotz des Listenpreises von 3,6 Millionen Euro auch eine enorme Wertsteigerung garantiert. Doch nicht bei all diesen Zeitgenossen scheint der eingangs beschriebene Effekt eingesetzt zu haben. Im Gegenteil: Einer von ihnen versucht, sein noch nicht einmal gebautes Exemplar bereits wieder zu verkaufen. Und das ganz profan auf der Gebrauchtwagen-Plattform Mobile.de, auf der ebenso vierrädrige Baustellen ohne gültigen TÜV für niedrige dreistellige Beträge angeboten werden. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Was ist da nur los?
"Wenn der Preis stimmt..."
Als Anbieter nennt Mobile.de eine Firma namens KB-Lease Invest GmbH. Die sitzt im Münchner Nobelvorort Grünwald und kümmert sich darum, das Geld ihrer Kunden möglichst gewinnbringend anzulegen. Einer der Geschäftsbereiche des Finanz- und Leasing-Unternehmens ist seit rund 25 Jahren der Handel mit Luxussportwagen. KB-Lease Invest hat den annoncierten F80 allerdings nicht selbst von Ferrari gekauft. "Wir bieten das Auto im Kundenauftrag an", sagt Thomas Stadtmüller, der Geschäftsführer, auf Nachfrage. "Unser Kunde gibt das Auto gerne ab, wenn der Preis stimmt."
Und der ist heftig: 5,9 Millionen Euro verlangt KB-Lease Invest für das bei Mobile.de feilgebotene Exemplar mit "Lieferdatum 2025". Macht einen Preisaufschlag von 2,3 Millionen Euro beziehungsweise fast 64 Prozent. Da drängt sich bei den Beobachtern der Eindruck auf: Hier will jemand das schnelle Geld machen – und ein limitierter Ferrari scheint ihm passend für dieses Vorhaben zu sein. Dieses Gefühl könnte auch den Hersteller beschlichen haben, der sich allerdings nur sehr allgemein dazu äußert. "Seitens Ferrari können wir die Authentizität dieser Anzeige nicht beurteilen", heißt es auf Nachfrage. Es liege nicht im Interesse von Ferrari, etwaige Spekulationsgeschäfte zu kommentieren.
Es droht die schwarze Liste
Bekanntlich bedient sich der norditalienische Autobauer einiger Instrumente, damit die eigenen Spezialmodelle nicht von vornherein als lukrative Wertanlage, sondern begehrenswerte Autos gekauft werden. Zentral dabei: Eine schwarze Liste, die vom Hersteller allerdings noch nie offiziell bestätigt wurde. Dass sie tatsächlich existiert, gilt jedoch als offenes Geheimnis. Selbst hochgradig prominente Ferrari-Kundinnen und -Kunden sollen darauf stehen. Sänger Justin Bieber etwa, der einmal seinen Sportwagen nach eigenem Geschmack und nicht nach jenem von Ferrari modifiziert hatte. Oder der Ex-Boxer Floyd Mayweather, der mehrere Exemplare schneller weiterverkauft haben soll, als dies der Hersteller sich erwünscht hätte. Auch Reality-TV-Queen Kim Kardashian, Rapper Tyga und Schauspieler Nicolas Cage sollen auf der schwarzen Liste stehen.
Die "Vergehen", nach denen Kundinnen und Kunden auf Ferraris schwarzer Liste landen, decken ein breites Spektrum ab. Das können aus Sicht des Herstellers fragwürdige Tuning-Maßnahmen sein. Oder Aktionen, bei denen die Autos als Werbefläche genutzt werden, wie Medienberichten zufolge Modedesigner Philipp Plein oder der kanadische DJ und Musikproduzent Deadmau5 erfahren mussten. "Die schwarzen Listen gibt es, und sie werden meines Wissens nach auch unter den Herstellern geteilt", bestätigt Stadtmüller. Wer beispielsweise bei Ferrari auf der Liste stehe, habe es auch schwerer, einen bestimmten Lamborghini zu bekommen – und umgekehrt.
Die schwarze Liste "ist ihm egal"
Ein klassischer Grund für die Aufnahme ist jedoch ein vorzeitiger, mit Ferrari nicht abgesprochener Wiederverkauf. An diesem Punkt kommen Firmen wie die KB-Lease Invest GmbH ins Spiel. "Die Eigentümer können solche Autos nicht selbst inserieren", erklärt Stadtmüller. "Wer das eigene Auto vorzeitig zum Wiederverkauf anbietet, fliegt sofort auf." Dennoch droht seinem Kunden dieses Schicksal weiterhin. Nämlich dann, wenn Ferrari herausbekommt, welcher der 799 F80-Kunden hinter der Mobile.de-Anzeige steckt. Doch "ob er auf der schwarzen Liste landet, ist ihm egal", antwortet Stadtmüller lapidar auf die entsprechende Frage.
Fürchtet er nicht, dass KB-Lease Invest fortan ebenfalls von Ferrari ignoriert wird? "Wir als Unternehmen stehen sowieso drauf, und zwar bei allen Herstellern." Eine deutlich größere langfristige Wertsteigerung als die angepeilten 64 Prozent sieht er beim 1.200 PS starken Hybrid-Hypercar übrigens nicht. "Die war beim LaFerrari oder zuletzt beim SP3 größer." Das liege einerseits an der Form des Autos, aber auch an dessen V6-Motor, dem es an Akzeptanz mangele. Nicht nur er dürfte demnach gespannt sein, ob seinem Kunden irgendwann jemand ein Angebot unterbreitet, das er nicht ablehnen kann.