Vollgas, Drosselklappen auf. Gemisch flutet die Brennräume. Die Carbon-Airbox schickt eine Salve Ansauggeräusch in die Ohrmuscheln. Das Kleinhirn richtet alle Arm- und Nackenhärchen auf. Aus den vier Endrohren ertönt ein blechernes Scheppern. Die Nadel des Drehzahlmessers schwingt von der 3.500er- zur 5.000er-Marke. Der Sound dreht ins Jubeln ab, und der Reihensechser drückt. Natürlich bleibt der Fuß auf dem Gas, das Brüllen von vorn und Schreien von hinten wird stärker. Bei 8.200 Rotationen, kurz vor dem Begrenzer, heulen die Trompeten am Anschlag. Ein Zug am rechten Schaltpaddel: Durchs Auto geht ein kurzer Ruck, auf dem Display wechselt die Ganganzeige von 2 auf 3 – und das Spektakel fängt von vorn an.
Was hier los ist? Großes Kino. Wir sind auf Testfahrt mit einem M3 Coupé SMG der Baureihe E46. Dahinter im Rückspiegel ein M5 E60. Die Stimmung in beiden Cockpits ist freudig gespannt, es dominiert die sprichwörtliche Freude am Fahren. Auch im M5 herrscht akustischer Ausnahmezustand. Der V10 tönt ähnlich herzerweichend. Aber ganz anders. Doch dazu später mehr.

21 respektive 16 Jahre ist es her, dass die Power-Versionen von E46 und E60/61 den Markt durcheinanderwirbelten. Und 15 oder elf Jahre sind verstrichen, seit das jeweils letzte Modell von den Bändern lief. Für viele Fans sind genau diese M3 und M5 die letzten echten M-BMW. Beim E46 deswegen, weil mit ihm (und dem Z4 M) die Ära des frei saugenden Reihensechszylinders endete. Nicht wenige fremdelten mit dem V8 des Nachfolgers E90/92/93. Und der 5er wurde wegen seines herrlich verrückten V10-Motors zur Ikone. Weil er ein Solitär war, bei dem auch immer ein wenig Formel-1-Wahnsinn mitschwingt. Gerne erinnern wir uns an die V10-Ära und die kreischenden Williams-BMW Anfang der 2000er-Jahre. Wie gerne wünschten wir uns diese Zeiten zurück – nicht nur echte Bimmer-Fans, also BMW-Anhänger.
Henrik Sittko und Oliver Harsch sehen das genauso. Die beiden BMW-Liebhaber kennen sich schon lange, und in ihren Garagen und Hallen parken einige sportliche Bajuwaren. Ob M3 E30, 318iS, der selige 2002 und auch ein M 635 CSI – hier wimmelt es nur so vor sportlichen Bajuwaren. Nicht zu vergessen die zwei Driftautos (E30 und E21), mit denen Oli Harsch seine Freizeit verbringt.
O-Ton Henrik: "2016 habe ich meinen M3 E36 verkauft und mir den E46 für 14.500 Euro geholt. Das SMG war frisch überholt, die Ventildeckeldichtung erneuert. Als Erstes habe ich die hässlichen Oxigin-20-Zöller verkauft." Nach und nach bekam sein 2001er-Auto den CSL-Style verpasst. Frontschürze und Heckdeckel im CSL-Look, originale CSL-Räder, CSL-Scheiben mit BMW Performance-Sätteln und ein KW-Clubsport-Fahrwerk erzeugen Wirkung. "Nicht zu vergessen ein Nachbau der CSL-Carbon-Airbox mit dem kompletten Software-Paket. 360 PS auf dem Prüfstand, und alles eingetragen", so der Besitzer stolz. Auch die Pleuellagerschalen und die Ölpumpe hat der 42-Jährige selbst erneuert.
E46 mit Traummaßen

Mittlerweile steht der Kilometerzähler bei 217.000. "Ich fahre halt gerne mit meinem M3", grinst der Eigner. Dass er ihn artgerecht bewegen kann, spürt man gleich. Hin und wieder besucht Henrik Slalomveranstaltungen. Das schult die Reflexe. Jetzt aber Platzwechsel, der M3-Besitzer übergibt Schlüssel, Lenkrad und Ledersitz. 1.570 Kilogramm, 4,49 Meter Länge, 1,78 Meter Breite und 1,37 Meter Höhe – diese Traummaße wirken auf jedem Kilometer. Ja, der E46 passt wie die Lieblingsjeans, und so fragt man sich, wieso alle neuen Autos schwerer und dicker werden müssen. In Gedanken mal kurz die Messwerte von damals durchgedacht: 4,8 Sekunden auf hundert und 1.17,6 Minuten auf dem Kleinen Kurs: Das waren schon richtig gute Zeiten, an denen sich die Konkurrenz vor 20 Jahren die Zähne ausbeißen musste.
Zurück ins Hier und Jetzt: Sport-Taste gedrückt, jetzt ist der große Schlund immer geöffnet und die Ohren lauschen dem rennmäßigen Ansaugschlürfen. Dazu die Schaltgeschwindigkeiten auf ultraschnell geflippert. So geht CSL-Feeling. Einlenken, top Lenkgefühl, zack aufs Gas. Rum ums Eck, die variable Differenzialsperre und die Michelin Pilot Super Sport kümmern sich um gute Traktion. Fix den nächsten Gang reingezimmert. Vollgas. So ein M3 E46 ist auch heute noch der perfekte Landstraßenheizer. Dass die Kunststoffteile auf schlechtem Belag immer wieder ins Zirpen geraten – geschenkt. Wir sitzen schließlich in einem 20 Jahre alten Youngtimer.

Jetzt aus Henriks Coupé aussteigen? Wer denkt denn so was? Okay, Oliver Harsch winkt mit dem M5-Schlüssel. Die silberblaue Power-Limo mit den 20-Zöllern sieht schon im Stand verdammt schnell aus. Neben den Motec-Rädern hat der 51-Jährige seinem V10-Boliden eine Supersprint-Abgasanlage und eine spezielle Ansaugbox gegönnt. "Zwei Jahre habe ich gesucht, bis der mir über den Weg gelaufen ist. Erste Hand M GmbH, danach kam ein Unternehmer, der alle Services bei BMW hat machen lassen", so der Inhaber einer Werkstatt mit Reifenhandel. 15.000 Euro hat Oli für den im Herbst 2006 zugelassenen Viertürer mit 198.000 Kilometern auf dem Tacho bezahlt. "In fünf Jahren habe ich nur 5.000 Kilometer abgespult." Kupplung, Zweimassenschwungrad und Pleuellagerschalen hat der BMW-Fan selbst getauscht. "Laut Diagnose-Software hat das Auto in 15 Jahren keinen einzigen Launch-Control-Start erlebt", grinst Oli. Ob wir denn dann gleich mal ... Okay, dünnes Eis. Verstanden.
Geile Drehfreude
Fünf Minuten später: Über die Powertaste ist der V10 von 400 auf 507 PS freigeschaltet. "Schon geil, wie der dreht, oder?", lacht Oli vom Beifahrersitz rüber, als die Nadel des Tourenzählers wieder einmal von 5, 6, 7 bis über die 8 rast. Wo er recht hat, hat er recht. Und vor allem wie der klingt! Nicht so blechern trompetend wie der M3-Motor, dafür vollmundiger. Der Klang erinnert ein wenig an die Schreihälse von Lamborghini und Audi, bleibt aber gesitteter. Wenngleich das satte Ansauggeräusch der Spezial-Airbox lange im Gedächtnis bleibt. Ständig ertappt man sich, unnötig rauf- und runterzuschalten, einfach wegen Sound und Drehfreude.
Bei der Landstraßentour fällt auf, wie handlich der M5 ist. Klar, an den M3 kommt er nicht ran, doch man spürt gleich, wieso der E60 damals die Konkurrenz im Griff hatte. An die 1.16,3 Minuten auf dem Kleinen Kurs kam weder Alpina noch AMG oder Audi ran. Auffällig ist der späte Druckpunkt an Olis Auto. "Ich müsste die Bremsen auswechseln, die Zimmermann-Anlage ist nicht optimal. Und die Dämpfer erneuern." Was nicht billig wird, denn der M5 hat adaptive Stoßdämpfer verbaut.
Obacht bei den Motoren

Und sonst so? Kenner wissen es längst: Die Knackpunkte der R6- und V10-Triebwerke heißen Pleuellager und Ölpumpe. Wann sie fällig sind, hängt auch vom Fahrstil ab. Kalt treten? Machen nur Sadisten. Beim Zehnzylinder können die Drosselklappen- und die Leerlaufsteller sowie die Vanos-Einheiten Kosten verursachen. Für qualitativ gute Arbeiten an den heißen M-Maschinen sind Raab in Windelsbach und Mork in Rockenhausen gute Adressen. "Und Scherer Motoren in Hüttlingen", wie Henrik ergänzt. Auch das SMG-Getriebe – sechs Gänge beim 3er , sieben beim 5er – kann Ärger machen. Unser Dauertest-M3 bekam auf Garantie eine neue Schaltbox samt Steuergerät spendiert. Über die 100.000-Kilometer-Distanz blieb er aber sonst unauffällig.
Genug der Theorie, jetzt geht’s ans Eingemachte. Kaufen? Ja! Und welchen? Na, beide!