Dass komplette Autosammlungen verkauft werden, kommt gar nicht selten vor – besonders im hochpreisigen Bereich. Ebenfalls nicht ungewöhnlich ist es, wenn die Fahrzeuge samt und sonders aus erster Hand stammen und regelmäßig zum Service in der Fachwerkstatt antraten, obwohl sie kaum gefahren wurden. Schon seltener passiert es, dass die Autos dieser Sammlung nicht einzeln in neue Besitzerhände gegeben werden sollen, sondern nur im Paket veräußert werden. Und dass der passende Lkw samt Autotransporter-Auflieger direkt mitverkauft wird, dürfte sogar ziemlich einzigartig sein.
Jetzt versucht RM Sotheby's sein Glück
Genau ein solches Angebot macht RM Sotheby's im April. Dann organisiert das Auktionshaus eine "sealed auction", also eine verdeckte Auktion, in deren Rahmen das Porsche-Sixpack samt Transporter versteigert werden soll. Dabei werden die Autos ohne Mindestpreis versteigert. Folgerichtig nennt RM Sotheby's im Vorfeld keinen Schätzpreis für die nun als "The Delivery Mileage Porsche Collection" bekannte Sammlung von sechs Porsche, die dem Namen nach über eine Kilometerleistung wie bei der Auslieferung verfügen.
Einigen Beobachtern wird das Angebot bekannt vorkommen. Und tatsächlich: Vor ziemlich genau einem Jahr wurde die Firma RPM Technik damit betraut, die sechs Porsche inklusive Lastwagen zu veräußern. Damals trug die Sammlung noch den nicht gerade gendergerechten Titel "Toys for Boys Collection". "Dies ist wahrscheinlich der einzigartigste Verkauf, mit dem wir je beauftragt wurden", hieß es damals auf der Website des in Long Marston in der britischen Grafschaft Warwickshire ansässigen Unternehmens. Und das ist immerhin auf Instandhaltung, Restauration, Tuning und Verkauf der Sportwagen aus Stuttgart-Zuffenhausen spezialisiert.
Allerdings mussten die Briten auf Nachfrage zugeben, dass es ihnen seinerzeit nicht gelungen war, einen neuen Besitzer für das in München gelagerte Porsche-Sextett zu finden. Also versucht nun RM Sotheby's sein Glück. Auf Nachfrage weist ein Sprecher des Auktionshauses ebenfalls darauf hin, dass sich fast die komplette Sammlung noch im Erstbesitz befindet.
Bei den auf Wunsch eines österreichischen Auftraggebers feilgebotenen Sportwagen handelt es sich ausnahmslos um Saugmotor-Elfer der Generation 991 – und eine MAN-Zugmaschine samt Trailer. Das sind die Fahrzeuge im Einzelnen:
2016er Porsche 911 R
Das älteste Auto der Sammlung ist das einzige, das sich nicht mehr im Erstbesitz befindet. Es zeigt exemplarisch, worum es hier geht: Standard-Elfer spielen keine Rolle; das jeweilige Modell muss schon etwas Besonderes auszeichnen. Das ist beim 911 R definitiv gegeben. Er kommt ganz dezent im unverspoilerten 911-Kleid daher, trägt aber den von 3,8 auf vier Liter Hubraum vergrößerten sowie von 475 auf 500 PS Leistung erstarkten Boxer des GT3 RS im Heck und kombiniert diesen mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe. Walter Röhrl höchstpersönlich soll sich für die Auflage des 911 R starkgemacht haben, die dann von Porsche auf 991 Exemplare limitiert wurde. Der Vertreter dieser Sammlung trägt eine weiße Lackierung mit roten Längsstreifen.
2018er Porsche 991.2 GT3 Touring
Nur Kennern fällt auf, dass es sich bei diesem schwarzen 911 ebenfalls um ein GT3-Exemplar und um den legitimen 911-R-Nachfolger handelt. "Performance dezent verpackt" lautete damals die passende Überschrift über der begleitenden Pressemitteilung. Das passt, denn feste Spoiler sucht man am Touring vergeblich und auch das zentrale Doppelendrohr schaut recht verschämt aus der Heckschürze. Der inzwischen im regulären GT3 500 PS leistende Vierliter-Sechszylinder-Boxer des Touring liefert zudem maximal 460 Newtonmeter und schiebt ihn auf eine Höchstgeschwindigkeit von 316 km/h. Optimale Gangwechsel mit dem obligatorischen manuellen Sechsgang-Getriebe vorausgesetzt, sprintet er in 3,9 Sekunden von Null auf Hundert. Für eine optimierte Fahrdynamik sorgen Schmiedefelgen mit Zentralverschluss und haftstarker Bereifung ebenso wie die serienmäßige Hinterachslenkung.
2018er Porsche 991.2 GT3 Clubsport
In die entgegengesetzte konzeptionelle Richtung marschiert der Porsche 991.2 GT3, wenn er mit dem Clubsport-Paket konfiguriert wurde. Hier sitzt ebenfalls der 500 PS starke Vierliter-Boxer im 911-Hinterteil, nur thront darüber ein mächtiger Spoiler. Um die zweite Silbe des Wortes "Clubsport" zu betonen, verfügt er im Innenraum unter anderem über einen Überrollkäfig und Renngurt auf der Fahrerseite. Mit entsprechenden Streifen und Akzentstickereien greift dieser Elfer innen die knallrote äußere Farbgebung auf.
2019er Porsche 991.2 GT3 RS mit Weissach-Paket
Noch einen Tick näher am Rennsport ist der ebenfalls angebotene Porsche 991.2 GT3 RS mit Weissach-Paket. Haube, Dach, Außenspiegelgehäuse und Heckflügel bestehen bei ihm aus Sichtcarbon und heben sich somit farblich von der ansonsten gelben Karosserie ab. Auch die Räder und einzelne Fahrwerkskomponenten bestehen aus leichteren Materialien, um die ungefederten Massen zu reduzieren. Ähnliches gilt im Interieur mit seinen Schalensitzen, Renngurten und dem Überrollkäfig. Schutzhüllen über dem Fahrersitz und dem Lenkrad deuten darauf hin, dass dieser extreme GT3 nie seiner eigentlichen Bestimmung zugeführt wurde. Als 991.2 GT3 RS verfügt er übrigens über die 525 PS und maximal 465 Newtonmeter starke Spezifikation des Vierliter-Saugers.
2018er Porsche 991.2 GT3 Cup
Womit wir bei den waschechten Rennwagen angekommen sind, von denen zwei Exemplare in der Sammlung enthalten sind. Der etwas zahmere ist ein 911 GT3 Cup, also der Markenpokal-Bolide auf Elfer-Basis. Er tritt mit etwas geringerer Leistung an als die Serienautos (485 PS aus vier Litern Hubraum), dafür muss der Motor weniger Masse bewegen: Rennfertig wiegt der 991 GT3 Cup nur 1,2 Tonnen. Auch bei ihm sieht alles unbenutzt aus: Der weißen Karosserie fehlen Kampfspuren und an den Fenstern kleben noch die Schutzfolien, sodass die 18-Zoll-Rennfelgen mit Zentralverschluss samt ihrer Michelin-Slickreifen nie einen Meter Rennstreckenasphalt berührt haben dürften.
2018 Porsche 991 GT3 R
Ein deutlich wilderes Sportgerät ist der ebenfalls 2018 gebaute 991 GT3 R. Damit traten die Porsche-Kundenteams seinerzeit in den internationalen GT3-Rennserien an. Hier leistet der Vierliter-Sechszylinder-Boxermotor mit Direkteinspritzung 500 PS und ist die Karosserie fast komplett aus Carbon gefertigt, was beim angebotenen Exemplar auf den ersten Blick zu sehen ist: Dieser GT3 R trägt keine Lackierung. Weitere Charakteristika sind die ausladenden Kotflügel, die zahlreichen Luftein- und -auslässe, die aerodynamischen Leitelemente inklusive XXL-Heckflügel und das "Double-Bubble-Dach". Gegenüber den Serienautos weist die Rennversion zudem einen verlängerten Radstand auf. Ziemlich rennig ist auch das Cockpit mit nur einem Sitz, komplett nach FIA-Vorgaben genormtem Überrollkäfig und keinerlei Komfortdetails.
MAN TGX 18.640 4×2 LLS Truck
Doch bei diesem Porsche-Sixpack allein bleibt es nicht. Wer das halbe Dutzend aus Schwaben haben möchte, muss den passenden Autotransporter mit dazu nehmen. So wünscht es sich der Verkäufer aus Österreich. Dieser besteht aus einer Zugmaschine des Typs MAN TGX 18.640 4×2 und einem Auflieger der italienischen Firma Rolfo S.p.A., der über ein besonderes Feature verfügt: Um die teils sehr tief liegenden Sport- und Rennwagen überhaupt aufnehmen zu können, kann er besonders nah an den Boden gebracht werden. Wird das Obergeschoss nicht benötigt, lässt es sich absenken, sodass es auf der unteren Ebene aufliegt.
Übrigens: Um ein Gespür für den Wert der Porsche-Sammlung samt Transporter zu bekommen, erinnern wir uns an den Verkaufsversuch vom letzten Jahr. Damals ging RPM Technik davon aus, eine Summe oberhalb der Zwei-Millionen-Pfund-Marke erlösen zu können. Macht umgerechnet aktuell knapp 2,4 Millionen Euro, wobei die landesspezifischen Steuern noch on top kommen.