ZF Friedrichshafen: Sehenswerte Exponate aus dem ZF-Archiv

ZF Friedrichshafen
Sehenswerte Exponate aus dem ZF-Archiv

Einträchtig stehen sie nebeneinander in Regal 1B, die Gehäuse blassblau lackiert, die langen Schalthebel blank poliert. Ihre Namen sind K20 und K30, verrät ein Schild. Für den Laien sind es zwei von rund 750 verschiedenen Getrieben, die die Zahnradfabrik Friedrichshafen, heute ZF abgekürzt, in ihrer knapp 100-jährigen Geschichte produziert hat. Wie gesagt, für den Laien.

Die Welt der Zahnräder von ZF

Wer jedoch mit ZF -Archivarin Gisela Mattes durch die Reihen der in kaltes Neonlicht getauchten Lagerhalle am Graf-von-Soden-Platz schlendert, sieht die Welt der Zahnräder, die in Metallgehäusen stecken, mit anderen Augen. Das gilt auch für K20 und K30, bei denen es sich nicht um irgendwelche alten Getriebe, sondern um Meilensteine der ZF -Firmengeschichte handelt. Die so genannten Einheitsgetriebe retteten das Unternehmen in den dreißiger Jahren schließlich vor der Pleite. Der Automobilboom sorgte damals nämlich zwar für eine große Anzahl an neuen Fahrzeugen, die aber von zahlreichen Herstellern in kleinen Stückzahlen produziert wurden.

ZF baute Lkw-Getriebe mit 16 Gängen und hielt den Leopard-Panzer auf Trab

Für jedes Modell ein eigenes Getriebe bauen? Das lohnte sich nicht. ZF entwickelte deshalb ein Getriebe, das in verschiedenen Größen und für unterschiedliche Motorleistungen einsetzbar war vom Auto bis zum Lkw. Schubradtechnik, geringer Bauaufwand und viele Gleichteile machten K20 und K30 rentabel. Ein weiteres Highlight der Sammlung von ZF, die bislang noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist, parkt gleich neben K20 und K30 im Gang. Es steckt in einem MAN-Truck, Baujahr 1981. Die 361 PS des Sechszylinders verteilt nämlich ein so genanntes Ecosplit-Getriebe. Statt der früher üblichen sechs hat der Fahrer im MAN die Wahl zwischen 16 Gangstufen.

"Das brachte damals eine Spritersparnis von bis zu 15 Prozent", erläutert Matthias Lenz, Leiter der ZF -Konzernkommunikation. Allerdings mussten die Fahrer extra geschult werden, um sich zwischen den Schaltstufen nicht zu verheddern. Der Truck ist keineswegs das größte Exponat. Gleich am Eingang zeigt ein tarngrüner Leopard, wie groß Motor und Schaltbox sein können. Auch nicht kleiner als das Getriebe des Panzers ist die direkt daneben ausgestellte Schaltbox eines Zeppelins.

ZF baute ein eigenes Auto

Während die großen Zeiten der Luftschiffe vorbei sind, werden integrierte Allradgetriebe von ZF nach wie vor in Audi Quattro-Modellen eingebaut. Die Liaison der beiden Firmen startete 1988 mit dem Audi V8, von dem sich ZF ein weinrotes Exemplar von 1991 gesichert hat. "Die Zusammenarbeit mit Audi hat aber ältere Wurzeln", berichtet Lenz. "Schon die alten Horch fuhren mit ZF-Getriebe."

Und was ist das für ein kleiner Flitzer im nächsten Gang? Nur ein Mal in der Unternehmensgeschichte baute die Zahnradfabrik selbst ein Auto: den Champion. Die Marke wurde jedoch schon 1949 an den BMW-Ingenieur und Rennfahrer Hermann Holbein verkauft. Unter ZF-Regie entstanden lediglich fünf Exemplare des Zweisitzers mit dem 200 cm³ kleinen Einzylinder-Heckmotor, von denen heute keines mehr existiert. Im ZF-Archiv findet sich deshalb lediglich ein originalgetreuer Nachbau. Flitzer ist aber wohl nicht der passende Ausdruck, denn aus den 200 cm³ kommen nur sechs PS heraus.

Getriebe von ZF im Alfa Romeo Montreal

Doch ZF kann auch einen Achtzylinder sein Eigen nennen. 1967 fand im kanadischen Montreal die Weltausstellung statt. Zu diesem Anlass stellte Alfa Romeo zusammen mit dem Designer Bertone die Studie eines Luxus-Sportwagens vor, aus der das Serienmodell Montreal mit 200-PS-V8 entstand. ZF steuerte das Fünfgang-Vollsynchrongetriebe bei. Überhaupt sind die Friedrichshafener heutzutage vor allem für ihre hervorragenden Automatikgetriebe bekannt.

Einen seltenen Meilenstein dieser Geschichte konnte Kommunikationschef Lenz ebenfalls samt Karosserie für das Archiv sichern. Das BMW-Coupé mit den markanten Schlitzaugen wurde erstmals 1965 auf der IAA vorgestellt und bis 1970 beim Auftragsfertiger Karmann in Osnabrück gebaut. Es war wahlweise mit dem ersten ZF-Automatikgetriebe 3 HP 12 ausgestattet. Drei Gänge mussten dem Fahrer damals genügen. Heute sind es in der bis dato letzten Ausbaustufe deren acht zum Beispiel im aktuellen BMW 7er.

In der Sammlung von ZF fehlt noch ein Hubschrauber

Neben dem elfenbeinfarbenen 2000 C stehen weitere Fahrzeuge, die die Bandbreite der ZF-Palette sichtbar machen. Sie reicht vom Irus-Balkenmäher über den Porsche-Traktor bis zum Magirus-Feuerwehrauto. "Uns fehlt noch ein Hubschrauber, aber die sind nicht so leicht zu bekommen", erzählt Lenz. Archivarin Mattes kann aber das passende Getriebe in einem der endlosen Regale ausfindig machen. Außer Getrieben stellt ZF auch Lenksysteme, Achsen und vieles mehr her. Sie würden staunen, in welchen Fahrzeugen die alle zu finden sind. Vielleicht stehen sie irgendwann in einem eigenen Museum neben den blassblauen K20 und K30.

Die Geschichte von ZF

1915 wurde die Zahnradfabrik in Friedrichshafen von den Unternehmen Zeppelin und Max Maag (Schweiz) gegründet. 89,8 Prozent der ZF-Aktien entfielen 1950 auf die Zeppelin-Stiftung, die 1947 der Stadt Friedrichshafen übertragen wurde. Die Dividenden werden nach der Stiftungssatzung ausschließlich für mildtätige und gemeinnützige Zwecke verwendet. Der Anteil der Stiftung stieg bis 2003 auf 93,8 Prozent. Diese Gesellschafterstruktur sorgt für stabile Verhältnisse auch in schlechten Zeiten.

Nach dem Ende der Krise 2009 kehrt ZF in die Erfolgsspur zurück. Für das Gesamtjahr 2010 rechnet ZF mit einem Konzernumsatz von über zwölf Milliarden Euro.