Rundgang Essen Motor Show 2013: Die Monster-Party

Rundgang Essen Motor Show 2013
Die Monster AG

Es ist die alte Geschichte von dem halb leeren oder dem halb vollen Glas. Es stimmt schon, die Organisatoren der Essen Motor Show müssen sich zunehmend auf Sonderschauen verlegen, um das Dutzend Hallen an der Gruga vollzubekommen. Doch damit ist es der Messe durchaus gelungen, aus der Not eine Tugend zu machen.

Muss ja keiner wissen, das da nur 163 PS drin sind

Was in der großen Halle drei an Herstellern fehlt, hat man durch großflächige Präsentationen von Design-Studien aufgefüllt sowie eine Sonderschau zur Geschichte der DTM. Mag sein, dass der Giugiaro Parcours schon in Genf und Frankfurt stand, aber eben noch nicht in Essen. Immerhin hat der italienische Designer dieser scharfen Fusion von Supersportwagen und SUV noch eine Roadster-Version nachgeliefert.

Ein echter Hingucker ist auch der futuristische Flèche Rouge von Franco Sbarro. Es muss ja niemand wissen, dass unter der Karbonhaube des Mittelmotorgeschosses nur ein kleiner Citroën-Vierzylinder mit 163 PS kauert. Die junge Dina ist hübsch und blond und zum ersten Mal auf der Motorshow, und bei ihr kommt die große Vielfalt der Exponate bestens an: "Mir gefällt es super. Es gibt so vieles zu sehen, und überall passiert was."

Essen Motor Show 2013 schwelgt in DTM-Vergangenheit

Am anderen Ende der Halle können die Rennfans angesichts von Volvo 240 Turbo, BMW M3 oder Audi V8 in seligen DTM-Zeitaltern schwelgen, sogar der erste von Zakspeed gebaute Prototyp des späteren ITC-Champions Opel Calibra in blanker Kohlefaser ist ausgestellt. Natürlich dürfen auch einige der aktuellen DTM-Renner nicht fehlen, darunter der gelbgrüne Audi von Mike Rockenfeller. Der Meister steht nicht nur als Pappkamerad auf der Messe, sondern ist auch leibhaftig anzutreffen, ebenso wie der deutsche Rallye-Rekordmeister Matthias Kahle am Skoda-Stand.
 
Skoda und Opel sind die einzigen Hersteller mit einem größeren Messeauftritt, dabei haben sie gar nicht viel zu präsentieren. Skoda zeigt den Rallye-EM-Sieger Fabia S2000 und jenen rotgrauen Rapid, der schon am Wörthersee zu begutachten war. Opel hat die IAA-Studie Monza Concept dabei und den Adam als Rallyeauto und den Serien-Adam mit Rallyestreifen. Ein noch größerer Hingucker ist allerdings die gelbschwarze Version mit einer Liebeserklärung an Borussia Dortmund.

BMW? Wo ist BMW?

Die Bayern dagegen kamen nicht. BMW feierte im Vorjahr noch die ein oder andere Premiere mit M-Modellen, in die Bresche sprang Mercedes, die mit A-Klasse und CLA ihre Breitensportrenner präsentieren. Ford ließ sich mit großem Stand wie im Vorjahr von Großhändler Reintges vertreten, und selbiger verkauft auch Kia, und so können die Messe-Besucher mit koreanischem Zündschlüssel nach Spezialteilen fahnden.
 
Ansonsten ist vieles wie gewohnt. In den Zubehör-Hallen acht und neun herrscht die Ruhe vor dem Sturm. Es wird noch aufgebaut, bevor die Heerschaaren am ersten Publikumstag die Stände auf der Jagd nach Rücklichtern und Endschalldämpfern stürmen. Richtig Lärm wird dagegen schon in Halle sieben gemacht, wo sich die Driftkünstler im Parallel-Slide um den Rundkurs scheuchen. Erstmals gibt es in Halle zwölf auch Drifter mit Fernsteuerung im Maßstab 1:5.

Wolf macht, wozu Ford zu feige war

Was die Tuning-Front betrifft, hat wie immer Brabus in Halle zehn die größte Wagenburg aufgebaut. Die Bottroper präsentieren nicht nur das Riesenviech Brabus 700 mit Sechsradantrieb und 700 PS geparkt, sondern auch ganz neu  den 850er, ein Kombi auf Basis des AMG E63T mit Sechsliter-V8 Biturbo und 850 PS. Aber es geht auch in kleinerem Maßstab vorwärts. Wolf-Tuning hat das getan, wozu Ford zu feige war: einen Allradantrieb in den Focus RS zu bauen. Der sollte schließlich an den Rallye-Focus WRC angelehnt sein, musste aber immer mit Frontantrieb auskommen. Die Wolf-Techniker bedienten sich beim Anstriebsstrang durchaus aus dem Ford-Regal. Viele Komponenten stammen vom Kompakt-SUV Kuga. Der Motor erreicht mit größerem Lader ein Drehmonent von 627 Newtonmetern, das ist schon in etwa die Liga echter Rallye-Geräte. Die Leistung liegt mit 505 PS sogar deutlich höher, weil die Wettbewerbsautos anders als der Wolf im Ford-Pelz mit Luftmassenbegrenzer antreten müssen.

Twizy Vmax90 ist nicht mehr nur Opfer

Kleine Brötchen backt man bei Elia. Der Renault-Tuner macht schon seit einem Jahr gute Geschäfte mit einem Seitenscheiben-System für den ansonsten offenen Renault Twizy. Dem Elektroeinbaum mit Notsitz hinten haben die Franken nun einen enthemmten Antrieb verpasst. Der Twizy Vmax90 fährt mit 90 km/h zehn Stundenkilometer schneller als sein Serien-Bruder, damit das Elektro-Gefährt auf Schnellstraßen großer Städte nicht mehr ein reines Opfer ist.

Das Drehmoment steigt auf Wunsch von 57 auf 70 Newtonmeter. Das Ganze lässt sich mit drei paar Gaspedaltritten vor dem Start aktivieren und mit vieren wieder in den Normalmodus schalten. Die Reichweite soll nur um sechs oder sieben Kilometer sinken. Erhältlich ist die umprogrammierte Elektronik für schlanke 500 Euro. Auf Wunsch gibt es aber auch 196 Millimeter dicke Backen auf 16-statt 13-Zoll-Felgen und dazu passende Kotflügel.
 
Es soll also keiner sagen, die Tuning-Branche wäre nicht mehr kreativ. Eindeutige Trends sind in diesem Jahr zumindest bei den Autos nicht zu erkennen, Uniformität herrscht wenn überhaupt eher bei humanem Tuning. 2013 ist die natürliche Oberweite bei den Messegirls definitiv out. Der Trend geht zu Körbchengröße D und größer. Ob es nur der Selbstdarstellung oder dem Wettbewerbsvorteil im Darsteller-Geschäft gilt, oder ob hinter den Lockangeboten tiefere Absichten stecken, kann nicht bewiesen werden, aber eingefleischte Verschwörungstheoretiker sind sich sicher, dass es kein Zufall ist, dass die erste Messe an der Gruga 2014 die Hochzeitsmesse ist.