Um junge Leute für Technik zu begeistern, hat Horst Schultz Exponate zur Geschichte der Mobilität zusammengetragen. Nebenbei ist so die größte NSU-Sammlung entstanden.
Mit der Hand kurz an der Kurbel gedreht, und schon bewegen sich die Zahnräder. Wie das im Auto aussieht, zeigen Schaubilder über dem gläsernen Kasten, in dem die Kraftübertragung erklärt wird.
Das NSU-Museum soll junge Leute für den Ingenieursberuf begeistern
"Wir haben die Science Arena so aufgebaut, dass man Technik über verschiedene Wege verstehen kann", sagt Horst Schultz, Besitzer des Museums Autovision in Altlußheim (www.museum-autovision.de). Während er von Exponat zu Exponat geht, schüttelt er mechanische Zusammenhänge und physikalische Prinzipien von Wankelmotor bis Brennstoffzelle locker aus dem Ärmel. Man merkt sofort: Schultz ist ein im positiven Sinne Besessener. Und das nicht erst im Alter. Bereits mit 17 Jahren hat er parallel zum Abitur eine Lehre zum Elektromechaniker absolviert. Danach besuchte Schultz die Ingenieursschule in Offenburg, gründete früh sein eigenes Unternehmen.
Heute, mit 62, treibt ihn die Karriere nicht mehr um. Heute will er andere, vor allem junge Menschen für das begeistern, was ihn so in den Bann zieht. "Es ist schade, dass zu wenige sich für den Ingenieursberuf interessieren. Das will ich versuchen zu ändern." Und warum gerade Automobiltechnik? Schon in den Studienjahren schraubt Schultz an einem NSU Prinz 2E, mit dem er in den Jahren 1968 bis 1970 an Bergrennen teilnimmt. So kommt es nicht von ungefähr, dass er sich die Marke NSU aussucht, um die Entwicklung der Mobilität abzubilden. Zweiter Grund: Als einer der wenigen Hersteller auf der Welt hat NSU vom Fahrrad bis zum Auto alles produziert. So hat er über die Jahre die weltgrößte Sammlung der Marke zusammengetragen.
Weltrekordfahrt in den 50ern auf einem NSU-Motorrad
Alles beginnt mit den ersten Fahrrädern, wie dem Hochrad aus dem Jahr 1870, das nahezu im Originalzustand zu sehen ist. Schon der Anblick genügt, um nachvollziehen zu können, warum bereits wenige Jahre und etliche schwere Stürze später niedrigere Fahrräder mit Kettenübersetzung entwickelt wurden.
Der nächste Schritt sind motorbetriebene Zweiräder - zunächst ohne Vergaser und Zündkerze. Doch auch bei diesen Modellen sind Sicherheit und Zuverlässigkeit nicht gerade top. NSU entwickelt 1900 ein Motorrad mit Vergaser, das sicherer und zuverlässiger war. Optisch kommt es wie das alte schwarze Herrenrad von Opa mit einem grün lackierten kleinen Tank unter der Mittelstange daher. Der Motor kauert zwischen Pedalerie und Vorderrad. Im Laufe der Jahre folgen zahlreiche Innovationen wie etwa der Viertakter. Die Entwicklung gipfelt in den Weltrekordfahrten der fünfziger Jahre, wo Wilhelm Herz und Gustav Adolf Baum mit NSU-Zweitaktmotoren und strömungsoptimierten Rennmotorrädern auf über 300 km/h beschleunigten.
Die wie eine Mischung aus Ufo und Renn-Bob aussehenden Gefährte stehen im Untergeschoss, wo Schultz die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg dokumentiert hat. Da finden sich auch die ersten Mopeds wie die NSU Quickly, mit denen in den fünfziger Jahren die deutsche Massenmobilität begann. "Wir haben eine der ersten 100 Quickly", sagt Schultz, "die erkennt man daran, dass der Auspuff noch links montiert ist." Da die Mopeds nach dem Gebrauch meist in den Keller getragen wurden und die Menschen überwiegend Rechtshänder sind, erwies sich ein heißes Auspuffrohr links am Rahmen als unpraktisch.
Sonderausstellung zum NSU-Wankel-Motor
Highlight der Sammlung sind aber die Nachkriegsautos von NSU. Wie zum Beispiel der Prinz 4L, den er einer Ordensschwester abkaufte, oder der Wankel Spider, mit dem NSU bei US-Autohändlern ins Geschäft kommen wollte. So gibt es zu fast jedem Modell eine Anekdote. Und da Schultz keiner ist, der sich auf seinen Lorbeeren ausruht, kamen zuletzt Exponate zu Zukunftstechnologien wie Brennstoffzelle oder Hybrid dazu. Dem Thema Wankel-Motor ist eine Dauer-Sonderausstellung gewidmet, und nebenbei baut Schultz ein NSU Dreirad auf, mit dem er an der traditionsreichen Oldtimer-Fahrt London–Brighton teilnehmen will. Für die Zukunft scheint eines sicher: Dieses Museum lebt.
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