Michael Dick im Interview: "In der Q-Familie ist noch Potenzial"

Michael Dick im Interview
"In der Audi Q-Familie ist noch Potenzial"

Wo sehen Sie bei Audi noch Vorsprung durch Technik?

Dick: Unser Vorsprung manifestiert sich in etlichen Punkten. Nehmen wir doch einfach mal das Thema Leichtbau. Unsere Autos zeichnen sich immer wieder dadurch aus, dass sie leichter sind als die der Konkurrenz. Wir sind seit langem der einzige Hersteller, der die Aluminiumtechnologie in der Großserie anbietet – und zwar in den unterschiedlichsten Formen: Alu-Mischbauweise beim TT und beim neuen A6, Audi-Space-Frame in Vollalu-Bauweise bei A8 und R8. Und: Wir haben sehr viel Erfahrung mit Karbon – bei R8, RS3, bei unserer Tochtermarke Lamborghini und im Rennsport. Mit diesem Know-how werden wir auch den neuen A2 in intelligenter Mischbauweise leichter hinbekommen als ein vergleichbares Modell mit Monocoque-Struktur.

Wird der neue A2 also leichter sein als ein i3 von BMW?

Dick: Ja, er wird leichter werden. Unser neues Modell orientiert sich stark an der Studie aus Frankfurt, wird nicht mehr ganz so hoch wie der Vorgänger, da-für breiter und emotionaler. Wir werden das Auto auf reinen E- oder Plug-in-Hybrid-Antrieb auslegen.

Der BMW i3 soll um 40 000 Euro kosten. Können Sie das mit dem A2 unterbieten?

Dick: Ich bin überzeugt davon, dass wir den A2 günstiger anbieten können und dabei unseren Qualitätsanspruch nicht vernachlässigen.

Leichtbau, Connectivity und E-Tron – sind das Ihre Schwerpunktthemen?

Dick: Ja. E-Tron beschreibt unsere Elektrifizierungsstrategie, die wir Stück für Stück ausbauen. Als E-Tron bezeichnen wir alles, was an der Steckdose aufgeladen werden kann. Zurzeit läuft ein viel versprechender Flottenversuch mit dem A1 E-Tron in München. Ende nächsten Jahres kommt der R8 E-Tron in Kleinserie, 2013 startet der A3 als Plug-in-Hybrid. 2015 wird es diesen Antrieb auch für den Q7 und den A4 geben. Und mit dem A6 und dem A8 stellen wir in Kürze dem Q5 zwei weitere Full-Hybride zur Seite. So ein breites Angebot hat keiner unserer Wettbewerber.

Spielt der Wankelmotor als Range Extender bei Ihren Überlegungen noch eine Rolle?

Dick: Er spielt in unseren Überlegungen eine Rolle, weil die Erfahrungen mit unserer Versuchsflotte sehr positiv sind. Wir entwickeln den Wankelmotor zur Serienreife und gehen in der nächsten Bauphase von 15 auf 25 kW Leistung. Gleichzeitig bauen wir den Flottenversuch aus. Neben den Praxis-Erfahrungen sammeln wir hier übrigens wichtige Erkenntnisse über die Erwartungen der Kunden, wenn sie vom konventionellen auf ein E-Auto umsteigen.

Was passiert in Zukunft auf dem Gebiet der Connectivität?

Dick: Im Technologiefeld Audi connect arbeiten wir an ganz neuen Infotainment-Anwendungen, am ultraschnellen Internet im Auto und an der Vision vom unfallvermeidenden Auto. Es wird in Zukunft Assistenzsysteme geben, die man sich heute kaum vorstellen kann – wie das pilotierte Fahren. Ähnlich wie der Autopilot im Flugzeug wollen wir den Fahrer in weniger angenehmen Fahrsituationen, etwa beim Stop-and-go, besser unterstützen. Dabei kann der Assistent bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit selbsttätig lenken. Oder der Parkassistent: Er ist in Kürze soweit, dass er das Auto auch eigenständig in die Garage fahren kann, ohne dass der Fahrer noch selbst drin sitzen muss.

Sie planen bis 2018 eine enorme Volumensteigerung. Mit welchen Modellen wollen Sie das konkret erreichen?

Dick: Zunächst einmal müssen wir die Segmente, die wir heute schon besetzen, optimal ausnutzen. Wir werden das A1-Segment weiter ausbauen. Da sind wir nun mit Zwei- und demnächst mit dem Viertürer unterwegs, künftig werden es sicher ein bis zwei Varianten mehr sein. Auch in der Q-Familie gibt es neben Q7, Q5 und dem neuen Q3 noch Potenzial für weitere Modelle.

Wird es einen A9 als Coupé auf A8-Basis geben?

Dick: Ein A9 würde sich als sehr sportliche Variante sicher deutlich von einem A8 unterscheiden.

Welche Chance hat die Studie Urban Concept, die Sie auf der IAA gezeigt haben?

Dick: Es gab viele positive Stimmen zum Urban Concept. Besonders jungen Leuten hat das Modell gefallen. Wir prüfen gerade den Rahmen für eine Kleinserie. Zunächst einmal gehen wir von einer 100er-Auflage aus, verteilt auf drei Metropolen, kombiniert mit einem neuen Mobilitätskonzept. Dank einer cleveren Packagestruktur könnten wir das Fahrzeug mit zwei unterschiedlichen Reichweiten anbieten, was den Preis senkt.

Reichen solche E-Modelle, um künftige CO2-Anforderungen mit der Flotte zu erfüllen? Und können Sie da überhaupt noch auf S-Modelle setzen?

Dick: Wir werden die Flottenziele der Zukunft erreichen, auch mit S- und RS-Modellen im Programm. Um die Verbrauchswerte zu senken, ohne den Fahrspaß zu beschneiden, haben wir für die Modelle S6, S7 und S8 einen neuen V8 mit Zylinderabschaltung entwickelt. Er leistet mehr als der Vorgänger, verbraucht aber knapp ein Viertel weniger. Und unser neuer 1,8-Liter-Vierzylinder kommt mit einem ausgeklügelten Thermomanagement, das allein schon zehn Gramm CO2 pro Kilometer einspart. Es wird weitere Schritte geben, um variable Hubräume und Verdichtungen zu ermöglichen. Dazu kommt unser Engagement für alternative Kraftstoffe: Wir werden den neuen A3 und den nächsten A4 auch als CNG-Variante anbieten. Bislang war dazu im Premium-Segment wenig Nachfrage, aber wir machen das Thema mit unserer e-gas-Technologie sexy. Weil wir das e-gas, das chemisch mit Erdgas identisch ist und im Erdgasnetz verteilt werden kann, klimafreundlich erzeugen, können diese Modelle auch lange Strecken komplett CO2-neutral fahren.

Der neue V6-Diesel ist ja bärenstark. Braucht man da überhaupt noch einen V8?

Dick: Auf der einen Seite ist Downsizing nach wie vor ein wichtiger Ansatz. Auf der anderen gibt es im Premium-Segment Kunden, die solche emotionalen Motoren haben wollen. Deshalb halten wir am V8 als Benziner und Diesel fest.

Wird es einen Vierzylinder auch für ein Oberklassemodell wie den A8 geben?

Dick: Den wird es in Kürze als Full-Hybrid mit Vierzylinder-Benziner geben. Die Kundenrelevanz eines Vierzylinder-Diesels im A8 prüfen wir gerade.

Werden Sie auch neue Fabriken brauchen?

Dick: Wir werden in den nächsten Jahren große Zuwächse in China und den USA haben. Speziell für Nordamerika denken wir über eine eigene Produktion nach.

Spielt Mexiko bei diesen Überlegungen eine Rolle?

Dick: Das ist eine der Standortvarianten, die wir derzeit untersuchen.

Es gibt bei Audi die große Tradition des Rallye-Sports. Ist das überhaupt kein Thema mehr in Ihrem Haus?

Dick: Das Thema ist für uns abgeschlossen – und zwar sehr erfolgreich. Wir haben uns der DTM und dem 24-Stunden-Rennen in Le Mans verschrieben. Obwohl wir dort schon zahlreiche Siege eingefahren haben und 2011 sowohl die DTM als auch Le Mans gewonnen haben, bieten beide Klassiker immer wieder neue Anreize. Außerdem sehen wir den Kundensport als sinnvolles Betätigungsfeld.