Gemäß diverser Umfragen wäre der Deutsche am liebsten Italiener. Wenn nicht gerade Länderspiele gegeneinander ausgetragen werden, fühlt sich die teutonische Seele der italienischen am nächsten, zumindest wären wir gern so temperamentvoll, gut aussehend und lebensfroh. Und auf wen das nicht zutrifft, der isst zumindest gerne Nudeln.
Wie auch immer, wir schauen in Halle sechs nach dem Rechten, wo sich die Stiefelrepublik präsentiert. Und siehe da, wir sind enttäuscht. Raider heißt seit langem Twix und Chrysler immer noch Lancia, das nehmen wir zur Kenntnis, aber missbilligend. Beim Delta rümpfen wir die Nase, beim Thema sagen wir Thema verfehlt und ziehen eilig weiter. Alfa versucht weiter, den Lotus Elise als 4C zu verkaufen. Fiat hat den so niedlich runden Cinquecento nun in an allen möglichen Ecken aufgepumpt. Aber egal ob als 500L Living, 500L Trekking, es wird davon nicht besser. Maserati Ghibli, Ferrari 458 Speciale, alles schön aber ja nichts wirklich Neues. Ein Lichtblick gegenüber: Der Fiat Panda 4x4, eine wiederauferstandene Legende, gibt es in der Version Antartica mit lustigem Pinguin auf der Flanke.
Franzosen mit Hügel und Flankenschutz
Eine volle Breitseite gibt es aus Frankreich. Renault hat wie in Paris einen Messestand mit Feldherrenhügel errichtet, und wie einst die Garde um den korsischen Kaiser, sammeln sich um eine Van-Studie namens Initiale mit scheinbar schwebendem Gestühl gleich fünf weitere Konzept-Cars. Die sind zwar alle nicht nagelneu, aber dennoch sehenswert. Egal ob Twin-Run, eine Rennversion des künftigen Twingo mit mächtigen Zusatzlampen oder der Elektrosportwagen Dezir bishin zur Kangoo-Inkarnation Frendzy, alles gefällige Geräte und eine Machtdemonstration der Kreativität. Wie blank steht demgegenüber Peugeot mit einer recht konventionellen Hybrid-Kleinwagen-Studie. Aber immerhin gibt es dort mit dem neuen 308 ein echt habhaftes Auto, und in der R-Version gar ein sportliches, das allerdings ein bisschen prollig in Rot und Grau auf der Bühne steht. Rattenscharf ist nach wie vor die Supersportwagen-Studie Onyx, aber neu ist sie nicht. Da legt die kleine Schwester Citroën eine andere Gangart ein. Den Cactus ohne Seitenscheiben, aber mit aufblasbaren Luftpolstern als Flankenschutz muss man nicht mögen, aber er sieht witzig aus und soll sogar gebaut werden. Gleiches gilt für die echt schicke SUV-Studie Wild Rubis, bei der die Scheinwerfer in einem elektrischen Ballett einzeln herunterklappen und für witzige Lichtspiele sorgen.
Rot leuchtend prangt die neue Corvette auf dem Chevy-Stand und wirkt dabei irgendwie wie der neuer Ferrari, den Ferrari nicht hat. Im Heck steckt eine Batterie von vier rund verchromten Auspufftüten. Das macht Eindruck. Die Nobelfraktion von Cadillac glänzt mit einem muskulösen Coupé namens Elmiraj, was allerdings sehr arabisch klingt und die Frage aufwirft, ob das Auto bei der Rückreise in die Staaten an der Einwanderungsbehörde vorbeikommt. Das beste Muscle Car haben allerdings nicht die Amerikaner hingestellt, sondern die Schweden. Das Volvo Concept Coupé steht fett vor dem schlicht eleganten Holzbau und wirkt umso muskulöser, als oben im Schaufenster ein zierlicher Schneewittchensarg zum Größenvergleich einlädt.
Sperrige Namen, sperrige Autos
An Größe mangelt es den Land Rovern nicht, aber die mächtigen Karossen von der Insel sind alle hinlänglich bekannt. Es gibt einige technische Neuigkeiten unter den Blechen, aber äußerlich ist die massivste Neuigkeit, dass auf Discovery und Defender jetzt wieder Discovery und Defender auf den Hauben steht anstatt Land Rover. Die schicke Defender-Studie von vor zwei Jahren hätten wir uns zur Not gern noch mal angeschaut. "Die wird weiterentwickelt", heißt es ominös. Die Frage nach neuen Konzept-Autos wird mit einem Querverweis abgebügelt: "Das haben wir denen von nebenan überlassen. Dort steht Jaguar mit einer leuchtend blauen SUV-Studie an der nur der Name sperrig ist: C-X17 klingt eher nach Plastiksprengstoff als nach Automobil.
Echte Sprengkraft entwickelt Aston Martin. Der CC100 feiert das hundertjährige Bestehen der Marke und soll an große sportliche Zeiten in den Fünfzigern und Sechzigern mit Legenden wie Stirling Moss erinnern. Der Renn-Roadster ohne Scheiben und Türen schützt seine Insassen nur mit ein paar elegant geschwungenen Bügeln. Innen beherrschen nüchternes Karbon und rotbraunes Leder das Cockpit. Besonders sexy: Mit Sattelgurten ums Getriebe befestigte Armstützen aus Leder und verchromte Kippschalter. Das Auto drehte bereits eine Demorunde bei den 24 Stunden am Nürburgring, soll aber leider nicht auf die Straße kommen.
Dunkelheit in China
Die aufstrebende Autonation Korea zeigt sich mit dem Hyundai i10. Bestimmt ein wichtiges Auto, aber irgendwie auch eine graue Maus. In Grau gewandet ist auch das Kompakt-SUV-Concept-Car Kia Niro. Kia hat mit dem Pro-Cee’d GT zuletzt wieder einmal ein gut aussehendes Teil abgeliefert. Der Niro dagegen wirkt wie eine Fusion aus dem ersten Ford Ka und einem Schützenpanzer.
Was geht ab im Land der aufgehenden Sonne? Mazda findet sich schon kreativ, weil man alle Autos in Weinrot-Metallic ausgestellt hat. Suzuki hätte den SX4 S-Cross mit seiner geschwollenen Schnauze lieber zu Hause gelassen, versöhnt aber mit einer ganz frischen SUV-Studie. Hondas Civic Kombi ist keine Schönheit aber mit seiner Keilschnauze eine markante Erscheinung, und bei Kombis war das vor der Lifestyle-Ära mal von Bedeutung: mit einem Riesenkofferaum. Der NSX ist natürlich toll aber nicht neu. Anders als bei Subaru, wo der Viziv Concept so überflüssig ist wie gegenüber der Infiniti Q30, aber dafür hat Subaru einen dunkelblauen Viertürer hingestellt, der als WRX-Concept an glorreiche Rallyezeiten erinnert und Lust auf die Zukunft macht. Da sieht Gigant Toyota mit seinem Yaris R ein bisschen mickrig aus. Aber selbst schuld, Wer den Kraftzwerg mit Video-Bildern von 650 PS starken Le-Mans-Prototypen anpreisen will, sorgt unfreiwillig für Komik.
Im oberen Stockwerk der Halle drei über dem VW-Konzern findet sich ein trauriges Kapitel aus dem Lande Nippon: Mitsubishi Deutschland hält in einem kleinen Eck mit drei Autos die Fahne mit den drei Rauten hoch, der Mutterkonzern will nur noch eine Messe pro Jahr ernsthaft bestücken und erweckt den Eindruck, dass man langsam die Lichter ausgehen lässt.
Verdunklung ist gegenüber bei den Chinesen angesagt. Zwar hat der Hersteller Changan ein größeres Areal okkupiert, nur ist absolut niemand da um zu erklären, wie der Geländewagen ZS so sehr vom Land Rover Evoque inspiriert wurde. Als ein Journalist versucht, in den Eado Hybrid einzusteigen, wird die Changan-Welt dann wenigstens ein bisschen lebendiger. Die Alarmanlage geht an und die Warnblinkanlage blinkt auf.