Das hatten wir uns anders vorgestellt. Wer sich um fünf aus dem Bett schält, und um halb sechs ohne Frühstück durch die noch fast menschenleere Metropole Barcelona Richtung Wasser fährt, der erwartet auch eine Belohnung. An 270 Tagen im Jahr scheint an der Küste Kataloniens die Sonne, aber nicht heute. Die kleinen Lichtpunkte der Flugzeuge vom Flughafen El Prat verschwinden wie von Zauberhand vom Himmel, wenn die startenden Maschinen in die tief hängende Wolkendecke aufsteigen. Immerhin, für ein paar Minuten erscheint am Horizont ein rötlicher Schimmer, und ein Fächer aus Sonnenstrahlen frisst sich weit entfernt durch den Dunst. Das muss für heute reichen, sagt das Mittelmeer, und für den einzigen Farbtupfer am Kai der Zementfabrik von Garraf sorgt jetzt das Orange des Bentley Bentayga .
Steil sinkt das Land an diesem Teil der Costa Daurada, der spanischen Goldküste ins Meer, an den Hängen wandern Ketten von roten Lichtpunkten Richtung Norden. Kolonnen von Pendlern fahren in die Provinzhauptstadt. Katalonien steht früh auf und ist stolz darauf.
Küstengebirge und Biskaya schützen Weinberge
Das Küstengebirge ist nicht allzu hoch, aber immerhin hoch genug, um die Wolken auf dem Wasser zu halten. Der Bentley erklimmt die Hochtäler des Parreng westlich von Barcelona. Hier halten die Berge im Osten die salzige Luft des Meeres fern, die Südausläufer der Pyrenäen im Westen wehren die Regenwolken der Biskaya ab. Auf rund 200 Metern entsteht so ein Klima, das optimal für den Weinanbau ist, und so erstrecken sich jenseits der Muntanyes d’Ordal auf sanften Hügeln die Reben bis zum Horizont. Im Weingut Vilarnau sagt man uns, dass 80 Prozent der Menschen in dieser Region vom Keltern bis zur Flaschenproduktion direkt oder indirekt vom Anbau von Cava leben, der spanischen Variante des Champagner.
Die Gegend ist nicht nur für Freunde der Flaschengärung ein lohnendes Ausflugsziel. In den Dörfern finden sich viele Landgasthöfe mit ausgezeichneter Küche, und am Horizont leuchten die dramatischen Zacken der rund 1200 Meter hohen Sandsteinkette Montserrat, von dem das weiße Kloster Santa Maria de Montserrat Dutzende Kilometer weit leuchtet. Die Mittagssonne taucht die Berge in knalliges Orange, aber als wir in einem gemütlichen Seitental bei Manresa die Ziegenkäserei Artelac verlassen, ist die Sonne schon ein ganzes Stück gesunken.
Lieber durch die Pyrenäen als 600 Kilometer Autobahn

Von nussigem Iberico-Schinken über grüne Oliven, ein paar gute Flaschen Cava und ebenso fünf Jahre gereiftem Käse haben wir alles dabei, um mit einem Picknick den Sonnenuntergang auf der anderen Seite Spaniens zu genießen. Auf dem kürzesten Weg lässt sich die Strecke über die Autobahn via Sarragossa an einem guten halben Tag erledigen, aber wer will schon 600 Kilometer auf der Autobahn abreißen, wenn nördlich davon eines der schönsten Gebirge Europas aufragt.
Die Pyrenäen trennen seit dem Tertiär vor 50 Millionen Jahren die iberische Halbinsel vom Rest Europas, eine Wand aus Kalkstein und Granit, die bis zu 3400 Metern hoch aus dem Boden ragt. Die meisten wichtigen Verkehrswege verlaufen wie unsere Route eher im weniger schroffen Osten der rund 400 Kilometer langen Kette. Wir sind spät dran auf der Autopista de Montserrat nach Norden, es sind noch ein paar hundert Kilometer bis zum gebuchten Hotel auf der Nordseite im französischen Tarbes.
Immer der Garonne, dann der Gironde nach
Kurz vor der Grenze zum Zwergstaat Andorra biegt die Route nach Westen ab. Die gut ausgebauten und flüssigen Landstraßen N260 und C13 erklimmt der Bentayga schon im Dunkeln. Es gibt kaum Verkehr, und die Fahrt auf der kurvenreichen Piste ist die reine Freude. Durch einen finsteren Tunnel fräst sich die Straße über die Grenze nach Frankreich. Die Piste ist ein bisschen welliger und schmaler und arbeitet sich hinunter ins Tal der Garonne. Der Fluss, der das alte Aquitanien von der Gascogne trennt, und uns die Richtung vorgibt. Sie schlängelt sich nach Westen und mündet nach 600 Kilometern in die Gironde und dann am Atlantik in den Golf von Biskaya.
Unsere Route ist rund 900 Kilometer lang und führt auf der zweiten Etappe nahezu ausschließlich über Landstraßen. Schon früh verlassen wir Tarbes, lassen den legendären Wallfahrtsort Lourdes links liegen und arbeiten uns nach Westen. In Pau hat man uns eine gute Boulangerie empfohlen, und was wären Käse und Schinken ohne ein gutes Brot?
Rolandslied und Jakobsweg
Pau ist berühmt für seinen Boulevard des Pyrénées, am Südrand der hochgelegenen Innenstadt, der einen grandiosen Blick auf den Hauptkamm des Gebirges bietet. Unter Autofreunden legendär ist Pau aber für seine Rennstrecke, die mitten durch die Stadt verläuft. Wenn Nelson Piquet Recht hat, dass Formel 1 in Monaco wie Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer ist, dann ist Pau wie Fliegen in der Abstellkammer.
Wir haben leider keine Zeit für eine Ehrenrunde auf dem Rennkurs, es geht zügig bergauf in den Süden auf den winzigen Sträßchen D301 und D428 bis auf 1300 Meter Höhe. Wenige Kilometer westlich verläuft der Col de Bentarde, wo einst der berühmte Ritter Roland in der Schlacht von Roncevalles beim Feldzug Karls des Großen gegen die Mauren in der Nachhut fiel und seit jenem schicksalshaften Jahr 788 nach Christus eifrig als Held besungen wurde.
Der Anfang des langen Pilgerweges nach Santiago
Die heutigen Helden sind die Pilger auf dem Jakobsweg, der hier oben nach Süden ins ehemalige Herzogtum Navarra verläuft. Die schmale, asphaltierte Piste mäandert durch eine leuchtend grüne, baumlose Landschaft. Die Gegend erinnert an Wales (nur sonniger) und Schottland (nur höher). Am späten Vormittag kommen uns nach und nach die ersten Wanderer entgegen, die sich vom mittelalterlichen Städchen Saint Pied de Port hier hochgearbeitet haben und wie wir die klare Herbstluft und den unverstellten Blick auf die nördlichen Berge und die Felder Frankreichs bieten.
Die Stadt des heiligen Johannes am Fuß des Passes bildete einst die Grenze von Frankreich nach Navarra, noch heute umzieht eine alte Festungsmauer die hübsche Altstadt, die allerdings in tiefem Mittagsschlaf liegt, als wir vor das alte Tor rollen, durch das Generationen von Jakobspilgern Richtung Santiago de Compostela aufgebrochen sind.
Aus dem aufmüpfigen Katalonien ins Land der ETA
Ein belegtes Baguette später schlängelt sich die Landstraße schnell wieder über die Grenze nach Spanien. Die kleine NA-2600 schraubt sich wieder hoch in die Berge Richtung Tolosa, berühmt für seine schwarzen Bohnen, seinen Chorwettbewerb und Spaniens Fußballerlegende Xabi Alonso, der hier geboren wurde.
Wir sind im Herzen des Baskenlandes oder besser gesagt, Euskadi, wie die Einheimischen sagen. Heute rumort es in Katalonien, wo am Tag unseres Aufbruchs nach Gewaltaktionen der spanischen Polizei zum Generalstreik aufgerufen wurde, früher brodelte es hier oben im Norden Spaniens, als die baskische Untergrundorganisation ETA regelmäßig Bombenattentate verübte. Wie Katalonien hat das Baskenland heute einen Status der Teilautonomie. Wehende Flaggenmeere finden sich in diesem entlegenen Winkel weniger bei Unabhängigkeitsdemonstrationen als bei der Tour de France, die jedes Jahr neben den Alpen auch durch die Pyrenäen führt und baskischen Kletterspezialisten die Chance bietet, sich in Szene zu setzen.
Wir haben für den Weg von Ozean zu Ozean zwei Reisetage angesetzt, noch besser wären drei gewesen, dann hätten wir beispielsweise auch Zeit gehabt, südlich von Tarbes den Col de Tourmalet zu erklimmen, mit 2115 Metern Höhe die höchste asphaltierte Passstraße der Pyrenäen und eine der Königsetappen der Tour de France.
So aber rollen wir nun am späten Nachmittag bergab Richtung Bilbaoo, mit 350.000 Einwohnern, die sechstgrößte Stadt Spaniens und die Hauptstadt des Baskenlandes und der Provinz Biskaya. Berühmt ist Bilbao heute wegen seines Fußballvereins Athletic, der nur Spieler aus baskischen Provinzen in seinen Reihen zulässt und vor allem wegen des Guggenheim-Museums, das wie eine Mischung aus stählerner Muschel und notgelandetem Raumschiff im Stadtzentrum thront und jedes Jahr eine Million Liebhaber zeitgenössischer Kunst besucht.
Sonnenuntergang an unaussprechlichen Orten
Wir aber lenken den Bentayga östlich an der Stadt vorbei und steuern Richtung Bakio an die schroffe Atlantikküste. Bei tief stehender Sonne rollt der Bentayga querfeldein auf die steile Klippe von Gibelorratzagako bei San Pelayo. Zu unseren Füßen rauschen die Wellen gegen den Strand von Bakio, vor dem Kühler sinkt die Sonne auf einen letzten Zipfel Europas, bevor sie sich im Meer schlafen legt. Die Eingeborenen warnten, dass über dem Golf von Biskaya eine Nebelwand aufzieht, die normalerweise zügig die ganze Bucht einnimmt, aber wir haben schon den Sonnenaufgang verpasst und empfänden es als himmelschreiende Ungerechtigkeit, nun auch um den Untergang betrogen zu werden.
Aber der Meeresgott ist uns gnädig. Der Nebel hält sich ehrfürchtig draußen auf dem Wasser fern. Und so leuchtet im Norden der steile Felsen von Gaztelugatxe im Abendrot. Ein schmaler Steindamm führt auf das steile Eiland, das eine Einsiedelei beherbergt.
Was wäre passender, als hier die Klappen des Picknick-Hamper zu öffnen, den Cava zu entkorken und anzustoßen auf den Sonnenuntergang an einem der spektakulärsten Drehorte von Game of Thrones? Der Schinken duftet, der Käse kitzelt auf dem Gaumen, der Cava sprudelt begeistert im Glas und nach zwei Tagen in Bewegung steht die Zeit für einen Moment still. Selbst der stetige Wind hält für eine Weile die Luft an. Was, wir haben zum Abendessen einen Tisch gegenüber dem Guggenheim-Museum reserviert? Warum eigentlich?
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Bentley.